4. Leseabschnitt: Mitte (II.) (S. 199 bis Ende)

Circlestones Books Blog

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Dazu fällt mir der Vergleich "Des Kaisers neue Kleider" ein. Natürlich könnte man darüber diskutieren, ob Meyrink diesen eigenartigen Schreibauftrag überhaupt hätte annehmen dürfen, obwohl er das Geld tatsächlich dringend gebraucht hat, um seinen Lebensstandard seit dem Erfolg des Golem weiter aufrecht zu erhalten. Tatsache ist ja auch, dass Wichtl tatsächlich dann ein "Werk" über die Freimaurer in diesem Zusammenhang verfasst hat. Für mich ist es dem Autor sehr gut gelungen, seinen Roman zwischen Fakten und Fiktion einzuordnen, und dies mit einem großen Augenzwinkern und nie belehrend.
 

Querleserin

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Wadern
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Das Ende hinterlässt für mich trotz der Lösung auch einige Fragezeichen. Das mit den zwei Hähnen fand ich auch amüsant. Ist es jetzt so, dass Meyrink im unsichtbaren Roman davon schreibt, dass er diesen Auftrag bekommen hat und im Endeffekt diesen nicht erfüllt, da er den Freimaurern nicht die Schuld zuschiebt. Das, was man wegen des fehlenden Farbbandes nicht lesen kann (kann von Hahn es aufgrund der Abdrücke lesen?), sind die Kapitel aus der Er-und Ich-Perspektive, oder? Dieser Roman existiert jedoch nicht in der Realität - mangelndes Farbband, aber so hätte es sein können - fiktiv...
„Wie der Leser zum Komplizen des Autors wird“ (268), wir haben Poschenrieder geglaubt, dass sich das Geschehen so abgespielt hat, gerade weil die Recherchenotizen tatsächlich faktisch sind.

Dieser doch sehr komplizierte Aufbau hat mir das Lesen trotz der Botschaft verleidet, so dass ich das Ende quergelesen habe. Schade!
 

Literaturhexle

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Das Ende und insbesondere den in Gang gekommenen Schreibprozess fand ich wieder einigermaßen interessant, zumal der Autor ja tatsächlich der Zeit hinterher hinkte. Mit der Dolchstoßlegende - mit Flugblättern verbreitet - hatte man neue Kriegsschuldige gefunden. Die Dialoge hierzu hatten Esprit und Wortwitz, ein Metier, dass Poschenrieder wirklich sehr gut beherrscht.

Die beiden Hahns im Ministerium: auch das hat was. Dass es diesen Auftrag tatsächlich gegeben hat, mutet schon sehr seltsam an. Insofern hat mir der Aufbau des Romans mit den authentischen Recherchenotizen sehr gut gefallen. Dass sich der begonnene Roman in der Unkenntlichkeit verliert und unsichtbar wird - Ein Schelmenstück!

Später hat dann dieser Wichtl tatsächlich einen Roman über die freimaurerisch-jüdisch-zionistische Weltverschwörung geschrieben. Unglaublich!

Wer war schuld am Krieg? Alle, die es nicht verhindert haben. Klingt glaubhaft, aber wenig spektakulär. (S.265)
Zahlreiche Sätze habe ich mir markiert. Sie unterstreichen die Gewandtheit des Autors.

Dennoch kann ich die Längen im Mittelteil nicht so recht vergessen :confused:.
 
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ulrikerabe

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Das, was man wegen des fehlenden Farbbandes nicht lesen kann (kann von Hahn es aufgrund der Abdrücke lesen?), sind die Kapitel aus der Er-und Ich-Perspektive, oder? Dieser Roman existiert jedoch nicht in der Realität - mangelndes Farbband, aber so hätte es sein können - fiktiv...
„Wie der Leser zum Komplizen des Autors wird“ (268), wir haben Poschenrieder geglaubt, dass sich das Geschehen so abgespielt hat, gerade weil die Recherchenotizen tatsächlich faktisch sind.
vielleich kann Hahn gar nichts lesen udn tut nur so, weil er sich keine Blöße geben will? So eine Art des Kaisers neue Kleider....

Mit gefiel tatsächlich der Schluss besser als alles andere. Dass der Beginn des Romans, der wir vor uns haben, der Beginn des Romans ist der aber gar nicht geschrieben wurde. Und alles eigentlich ganz anders ist. Verwirrend ja, aber gleichzeitig ein gelungener Schachzug.
 

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Natürlich könnte man darüber diskutieren, ob Meyrink diesen eigenartigen Schreibauftrag überhaupt hätte annehmen dürfen, obwohl er das Geld tatsächlich dringend gebraucht hat, um seinen Lebensstandard seit dem Erfolg des Golem weiter aufrecht zu erhalten.

Annehmen durfte er ihn. Er hätte ihn nur fairerweise auch vernünftig ausführen sollen. Wobei ich alles in allem den Eindruck habe, dass das nie sein Ziel war.

Jetzt, im letzten Leseabschnitt, befinden wir uns mitten in der Novemberrevolution. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, durch die Straßen Münchens zu laufen. Der Krieg ist verloren, das Volk begehrt (nicht nur aus diesem Grund) auf.

Die Idee mit dem farblosen Farbband hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Meyrink schreibt Poschenrieders Roman. Und der Titel ergibt einen Sinn.

Wer war schuld am Krieg? Alle, die es nicht verhindert haben. Klingt glaubhaft, aber wenig spektakulär. (S.265)

Das hat mir auch sehr gut gefallen.

Insgesamt fand ich den Roman sehr gut. Die ganze Idee, das Buch im Buch, etwas über Meyrink zu erfahren und die Geschichte (also Historie) an sich. Zugegeben, es hat ein wenig gebraucht, bis ich den (wie viele meinen) etwas langatmigeren Mittelteil durchschaut habe, aber für mich ist dieses sehr stimmig, da dadurch der Nichtschreibprozess in die Länge gezogen wird.

Ich bin mit dem Buch sehr zufrieden, man muss halt beim Lesen nur bei der Stange bleiben.
 

kingofmusic

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So, pünktlich zum Beginn der Leserunden zu "Katzenauge" und "Oreo" habe ich diesen Roman beendet :).
Mir hat der Roman viel Freude bereitet - ich möchte ihn eigentlich gleich noch mal lesen, weil so viele schöne Formulierungen und Sätze enthalten sind, die ich mir leider nicht alle markieren konnte. Aber das muss jetzt warten :D.
Historische Fakten mit (witziger) Fiktion zu mischen - super Idee, Herr Poschenrieder. Hat funktioniert :D.
 

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Das Ende hinterlässt für mich trotz der Lösung auch einige Fragezeichen. Das mit den zwei Hähnen fand ich auch amüsant. Ist es jetzt so, dass Meyrink im unsichtbaren Roman davon schreibt, dass er diesen Auftrag bekommen hat und im Endeffekt diesen nicht erfüllt, da er den Freimaurern nicht die Schuld zuschiebt. Das, was man wegen des fehlenden Farbbandes nicht lesen kann (kann von Hahn es aufgrund der Abdrücke lesen?), sind die Kapitel aus der Er-und Ich-Perspektive, oder? Dieser Roman existiert jedoch nicht in der Realität - mangelndes Farbband, aber so hätte es sein können - fiktiv...
„Wie der Leser zum Komplizen des Autors wird“ (268), wir haben Poschenrieder geglaubt, dass sich das Geschehen so abgespielt hat, gerade weil die Recherchenotizen tatsächlich faktisch sind.

Dieser doch sehr komplizierte Aufbau hat mir das Lesen trotz der Botschaft verleidet, so dass ich das Ende quergelesen habe. Schade!
Bei mir stehen auch ein paar Fragezeichen...und mir ging es wie Dir. Das letzte Kapitel war mir etwas zu kompliziert und ich kam nicht mehr ganz mit. Zu viele Möglichkeiten, die ich gar nicht wirklich durchschaue.
Genial finde ich die Idee, dass der unsichtbare Roman zwar geschrieben wurde, aber unsichtbar wegen mangelndem Farbband ist - was auch den Schriftsteller im Schreiben nicht zweifelnd unterbrechen läßt. Mina ist witzig!
Ich bin echt ein wenig in Deutungsschwierigkeiten für dieses Ende. Allerdings hat sich Meyrink hervorragend und überraschend aus der Misere heraus gemogelt.
 

KrimiElse

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Dazu fällt mir der Vergleich "Des Kaisers neue Kleider" ein. Natürlich könnte man darüber diskutieren, ob Meyrink diesen eigenartigen Schreibauftrag überhaupt hätte annehmen dürfen, obwohl er das Geld tatsächlich dringend gebraucht hat, um seinen Lebensstandard seit dem Erfolg des Golem weiter aufrecht zu erhalten. Tatsache ist ja auch, dass Wichtl tatsächlich dann ein "Werk" über die Freimaurer in diesem Zusammenhang verfasst hat. Für mich ist es dem Autor sehr gut gelungen, seinen Roman zwischen Fakten und Fiktion einzuordnen, und dies mit einem großen Augenzwinkern und nie belehrend.
Da bin ich ganz bei dir, diese Mischung aus Fakten und Fiktion hat mir sehr gefallen, genau wie das Augenzwinkern statt der erhobene lehrerhafte Zeigefinger.
 

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Die beiden Hahns im Ministerium: auch das hat was. Dass es diesen Auftrag tatsächlich gegeben hat, mutet schon sehr seltsam an. Insofern hat mir der Aufbau des Romans mit den authentischen Recherchenotizen sehr gut gefallen. Dass sich der begonnene Roman in der Unkenntlichkeit verliert und unsichtbar wird - Ein Schelmenstück!
Eine wahrhaft grandiose Idee, und ich fand es wie du äußerst erstaunlich, dass es diesen Auftrag tatsächlich gab.
Die authentischen Recherchen mit den Notizen sind sehr gelungen.
Mich hat nur das Ende etwas gestört, allerdings kann es auch an meinem Erklärungsnotstand liegen. Oder es ist sogar so gewollt, dass man als Leser im Irrgarten Meyrinks bleibt, hinein gelockt mit viel Meisterschaft von Christoph Poachenrieder?
 

parden

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An des Kaisers neue Kleider musste ich auch denken. Das Spiel mit dem Schein... Die Idee des Vermischens historischer Fakten mit Fiktion finde ich auch gut, mir hat der Roman allerdings nicht sonderlich gefallen. Es gibt auch für mich am Ende verschiedene Deutungsmöglichkeiten, und so hat Meyrink alias Poschenrieder nicht nur das Auswärtige Amt vernatzt, sondern auch den Leser... Die Längen im Mittelteil tun ihr übriges, um mich hier achselzuckend zurückzulassen. Natürlich ist es freundlich gesagt erstaunlich, dass das Auswärtige Amt tatsächlich mit diesem Anliegen an den Schriftsteller Meyrink herangetreten ist, und ohne diesen Roman hätte ich davon wohl kaum etwas erfahren. Aber das Spiel mit der 'Wahrheit' wird doch so oder ähnlich bis heute betrieben - von allen Seiten. Jedenfalls hat Poschenrieder auf das Schelmenstück der Historie mit einem eigenen Schelmenstück geantwortet. Ob es gefällt, steht dann auf einem anderen Blatt. Ich gehöre leider nicht zu den Fans des Romans...
 
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Leseglück

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7. Juni 2017
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Insgesamt fand ich den Roman sehr gut. Die ganze Idee, das Buch im Buch, etwas über Meyrink zu erfahren und die Geschichte (also Historie) an sich.
Mir hat der Roman auch ganz gut gefallen. Der unsichtbare Roman, den wir ja eigentlich gelesen haben...zumindest den Anfang. Das Thema der Schuldfrage in ersten Weltkrieg, und besonders die Sprachkunst des Autors.
 
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