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Sö mit ö. Da denkt man, man hat im Lauf der Jahres-(Lese-)Zeit schon krasse Bücher gelesen und – bämm – kommt eine Wiederentdeckung aus den 1970er Jahren hervor und beschert einem mal gerade eben DAS mutigste und experimentellste Werk 2019.
Die Rede ist von „Oreo“, dem leider einzigen Roman der 1985 verstorbenen afroamerikanischen Schriftstellerin Fran Ross, der nun bei DTV erschienen ist.
In selbigem „münzt“ Fran Ross die Theseus-Sage in die Suche der Romanheldin Oreo nach ihrem Vater um. Wer (wie ich) nicht viel Ahnung von griechischer Mythologie hat, dem mag das bis zum „erhellenden“ Kapitel „Schlüssel für Schnellleser, Antikenferne etc.“ gar nicht mal so deutlich auffallen. Trotzdem ist es interessant, im Nachhinein die Parallelen zu entdecken und sich die entsprechenden Szenen aus dem Buch (wieder) ins Gedächtnis zu rufen.
Bis man als Leser*in nämlich zu besagtem Kapitel gekommen ist, hat man eine Odyssee der Sprache, des Witzes, aber auch der Fragezeichen hinter sich. Fran Ross schreibt nicht einfach so – nein: sie mischt die „normale“ Sprache mit jiddisch (ein Glossar findet sich im Anhang, was das Lesen etwas mühselig macht – aber man gewöhnt sich an alles *g*), fügt eigene Wortkreationen hinzu und würzt das Ganze mit viiiiiel Witz, (schwarzem) Humor, Sarkasmus – manches Mal möchte einem das Lachen am liebsten im Hals stecken bleiben, aber oft kann man gar nicht anders als über die absurd-komisch-überzeichneten, jedoch auch der Gesellschaft (nicht nur der damaligen, sondern auch der heutigen) den Spiegel vorhaltenden Episoden lauthals zu lachen oder zumindest zu grinsen. Hier zeigt sich (leider), dass die im Roman angesprochenen und kritisierten Themen wie Rassismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit usw. immer noch vorherrschen – erschreckend…
Dieser Roman lebt von seiner Andersartigkeit – als Leser*in sollte man sich kurzzeitig von seinen „gewohnten“ Lesegepflogenheiten verabschieden und eintauchen in die kuriose Welt von Oreo und ihrer Familie. Wer sich jedoch drauf einlässt und bis zum Schluss „durchhält“ (ja, Durchhaltevermögen ist durchaus gefragt, siehe vorheriger Abschnitt *g*) wird mit einem trotz aller Kuriosität zum Nachdenken anregenden Roman belohnt.
Ich verteile 5* und spreche eine absolute Leseempfehlung aus!
©kingofmusic