Rezension Rezension (4/5*) zu Ein treuer Freund: Roman von Jostein Gaarder.

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Buchinformationen und Rezensionen zu Ein treuer Freund: Roman von Jostein Gaarder
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Lesetipp UND Herausforderung

Zunächst einmal gleich auf den Punkt gebracht: Die Lektüre, in der es, ganz kurz gesagt, um den Umgang mit Einsamkeit geht, forderte mich emotional heraus.

Zunächst gelang es Jostein Gaarder in Windeseile, mich zu fesseln.
Unterhaltsam und dynamisch, zwischendurch mit tiefgründigen Gedanken versehen, die zum Innehalten und Nachdenken einluden, holte er mich mühelos und schnell ins Geschehen.

Dann kamen wiederholt Passagen, die den Lesefluss störten und in denen ich gelangweilt und sogar genervt war. Es begann mit seitenlangen Ausführungen und Klärungen über Verwandtschaftsverhältnisse und dann folgten immer wieder detaillierte Ausschweifungen und regelrechte Ergüsse über etymologische und religionsgeschichtliche Fragestellungen, sowie Ausflüge in die germanische Philologie.

Mit Fortschreiten des Romans, der zunehmend interessante und spannende Episoden bereithielt und in dem obige Passagen etwas seltener und kürzer wurden und mit zunehmendem Verständnis der Bedeutung dieser o. g. Stellen, die mich zuvor so abgehängt hatten, stellte sich dann schließlich wahre Begeisterung ein.

Und jetzt, am Ende der Lektüre muss ich sagen: „Ein treuer Freund“ ist ein wunderbarer und origineller Roman, sowohl was die Form als auch was den Inhalt anbelangt.

Der Autor beobachtet und beschreibt präzise und feinfühlig Landschaften, Geschehnisse, Situationen und psychodynamische Prozesse.
Es gibt regelrecht herzerwärmende, rührende und berührende Passagen. Jostein Gaarder lässt eine gefühlvolle und warme Atmosphäre entstehen und das, obwohl es um gewichtige Themen wie Einsamkeit und Tod geht.
Er erreicht den Leser emotional, obwohl er ihn nicht mit einem bedrückenden und melancholischen Ton konfrontiert.
Ich bin froh, dass ich am Anfang durchgehalten habe, weil mir sonst ein großes Lesevergnügen entgangen wäre.

Jetzt noch ein paar Worte zum Inhalt:
Jakop ist ein um die 60jähriger, in Norwegen lebender, inzwischen seit Jahren alleinstehender und etwas spezieller und schrulliger Gymnasiallehrer für Norwegisch und Religion. Schon seit seiner Kindheit ist er ein komischer Kauz und seltsamer Eigenbrötler, der nicht richtig dazugehört.
Er hat zwei besonders auffällige Eigenheiten:
Er besucht fremde Beerdigungen und unterhält sich regelmäßig mit seiner Handpuppe Pelle.
Im Mai 2013 sitzt Jakop in einem Hotelzimmer auf einer Ostseeinsel und beginnt, einen Brief an Agnes zu schreiben. Agnes, eine Psychotherapeutin, die er auf einer Beerdigung kennengelernt hat und gerne wiedersehen würde.
Er weiß noch nicht recht, wo und wie er beginnen soll, aber dann legt er los...

 
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Dann kamen wiederholt Passagen, die den Lesefluss störten und in denen ich gelangweilt und sogar genervt war.
Ich habe nur SofiesWelt vor Jahren (eher Jahrzehnten) begonnen. Mir waren die philosophischen Ausschweifungen einfach zu langweilig.... Sei dem mache ich einen Bogen um Gaarder.
Ob ich heute einen anderen Zugang dazu hätte?
Schön, dass du in deiner Rezi auf die Durststrecke hinweist. Manchmal wird man ja dafür belohnt :)
 

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Ich habe nur SofiesWelt vor Jahren (eher Jahrzehnten) begonnen. Mir waren die philosophischen Ausschweifungen einfach zu langweilig.... Sei dem mache ich einen Bogen um Gaarder.
Ob ich heute einen anderen Zugang dazu hätte?
Schön, dass du in deiner Rezi auf die Durststrecke hinweist. Manchmal wird man ja dafür belohnt :)
Durststrecke ist genau das richtige Wort dafür. Und ja, Du hast recht mit der Belohnung. Aber nach diesem Buch braucht man trotzdem erstmal etwas ohne Durststrecken
 
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