Thema Effingers von Gabriele Tergit

Literaturhexle

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Im Kapitel vorher fand ich ja die Aussage schräg, dass Frauen keine Ahnung von Geschäften haben und das auch noch vor der Frau offen gesagt wird. :confused:
Vor dem Hintergrund der Zeit aber passend. Diese Kategorie Frauen WOLLTE mit Geschäften meist auch nichts zu tun haben.

Ich bin im Jahr 1907 angekommen und schreibe nachher etwas dazu. Es gibt große gesellschaftliche Strömungen, u.a. die Frauenbewegung. Allen schien das Mund halten nicht zu gefallen ;)
 
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Ja, ich vergesse auch immer wieder, dass die Frauen damals (vermeintlich) "einfacher" gestrickt waren als heutzutage. Oder anders ausgedrückt: sie wurden an der kurzen Leine gehalten und hatten keine Möglichkeit, sich zu entwickeln. Leider ist es heutzutage immer noch verbreitet - obwohl schon einiges besser ist.
 

Literaturhexle

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52. Kapitel: 1907
Das Geld strömte. Bankhaus und Fabrik geht es gut.
Während Annette und Karl in Saus und Braus Leben, kultiviert Paul (auch zum Leidwesen seiner Gattin) seine Sparsamkeit. Ich habe den Eindruck, er tut das auch und gerade, um sich von der verschwenderischen Verwandtschaft abzugrenzen. Sein Vorbild immer das Leben in Kragsheim, das besçhaulich ohne große Veränderungen dahinzutreiben scheint.

Diese Unterschiede bergen großen Sprengstoff: sobald die Zeiten schlechter werden, wird Paul sein Privatvermögen in die gemeinsame Firma stecken, um Schlimmeres zu verhindern. Sein Bruder Karl hat alles verlebt - hat also keine Rücklagen und wird die Firma mit seinen enormen Privatspesen eher ausbluten....

Es gefällt mir, wie die Autorin dieses Missverhältnis sachlich ohne Wertung darstellt. Man macht sich seine eigenen Gedanken dazu.

Doch die Zeiten werden auvh äußerlich unruhiger. Suffragetten tauchen auf, die mehr Selbstbestimmung fordern. Sowohl die Mayer-Tochter als auch Sofie und die barfüßige Tänzerin hegen Sympathien für das neue Denken.

Durch die russische Revolution drängen Flüchtlinge ins Land. Die Arbeiterbewegung macht sich die Ziele der Sozialisten zu eigen und kritisieren die Fabrikanten als Ausbeuter.

Theodor hat kein gutes Händchen mit Frauen: erst wollte er ein leichtlebiges Geschöpf heiraten, jetzt hat er sich an eine 18-jährige , aber strohdumme Schönheit gebunden .... - zum Lächeln bekommt man also auch etwas geboten.
 

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Ja, ich vergesse auch immer wieder, dass die Frauen damals (vermeintlich) "einfacher" gestrickt waren als heutzutage. Oder anders ausgedrückt: sie wurden an der kurzen Leine gehalten und hatten keine Möglichkeit, sich zu entwickeln. Leider ist es heutzutage immer noch verbreitet - obwohl schon einiges besser ist.
In Deutschland ist die Gleichberechtigung aber weitgehend angekommen. Wir haben Schulpflicht für alle, jede darf lernen, was sie möchte.
Die Gleichwertigkeit der Chancen ist generell schwer herzustellen, zu unterschiedlich sind die Elternhäuser... da sind wir beim Thema Bildungsgerechtigkeit, das betrifft aber alle Geschlechter.

Ich persönlich finde eher, dass von jungen Frauen zuviel verlangt wird: tolle Karriere, wenig Auszeit für Mutterschaft, liebevolle Mutter, attraktive Geliebte sollen sie sein, engagiert in Kiga und Schule etc.... Ganz schön viel!
Hoffentlich können die Frauen sich bei soviel gesellschaftlichem Erwartungsdruck wirklich noch FREI entscheiden.
 
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dass die Frauen damals (vermeintlich) "einfacher" gestrickt waren als heutzutage.
Sie kannten auch nichts anderes. Außerdem war das Leben auch sehr bequem. Wenn man nichts anderes sieht, begeht man auch nichts.
Ausnahmen gab es natürlich immer!!! Diese Vorreiterinnen machten dann von sich reden :eek:.

In anderen Schichten mussten die Frauen sehr schwer arbeiten. Die haben gewiss auch keine Bücher oder Bildung vermisst, weil sie einfach zu müde dazu waren.
 
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Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: die Aktualität älterer Romane ist immer wieder verblüffend :confused:. An dem Problem, dass die Börsen mit Weizen oder Lebensmitteln handeln, hat sich auch wenig getan und hätte ich auch gar nicht so vermutet. Die Diskrepanz zwischen Arbeiterklasse und der höheren Schicht -okay, auch dass ist keine Erfindung des 20. Jahrhunderts.
Liebe @Wandablue : was sagst du bisher zu diesem Roman? Du liest ihn ja auch. :cool:
 

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Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: die Aktualität älterer Romane ist immer wieder verblüffend :confused:. An dem Problem, dass die Börsen mit Weizen oder Lebensmitteln handeln, hat sich auch wenig getan und hätte ich auch gar nicht so vermutet. Die Diskrepanz zwischen Arbeiterklasse und der höheren Schicht -okay, auch dass ist keine Erfindung des 20. Jahrhunderts.
Liebe @Wandablue : was sagst du bisher zu diesem Roman? Du liest ihn ja auch. :cool:
 

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Am Interessantesten sind die Gespräche über Politik. Wir befinden uns in der nachnapoleonischen Ära, die Restauration in Frankreich. Die Leute denken noch ein bisschen über die FRev nach, aber die Kapitalisten sind doch hauptsächlich erleichtert.

Dann die Kontroverse zwischen konservativer Grundeinstellung und Aufgeschlossenheit gegenüber dem Neuen - das ist auch interessant.

Als ich den Roman zum ersten Mal las, hat mich mehr die Familiengeschichte interessiert. Heute sind es die Hintergründe.
 

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Am Interessantesten sind die Gespräche über Politik. Wir befinden uns in der nachnapoleonischen Ära, die Restauration in Frankreich. Die Leute denken noch ein bisschen über die FRev nach, aber die Kapitalisten sind doch hauptsächlich erleichtert.

Dann die Kontroverse zwischen konservativer Grundeinstellung und Aufgeschlossenheit gegenüber dem Neuen - das ist auch interessant.

Als ich den Roman zum ersten Mal las, hat mich mehr die Familiengeschichte interessiert. Heute sind es die Hintergründe.
Oh, du machst also ein Reread? Wann hast du es denn das erste Mal gelesen?
 

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*lol* Vom Gepäckträger zum König - ich muss schon sagen: schöne Entwicklung, die ich durchgemacht habe muhahaha :D:D:D:D. (Am Anfang von Kapitel 23 werde ich namentlich erwähnt - musste echt lachen :D.)
Ansonsten: die Hauseinweihung, die Verlobung und der Aufenthalt in Kragsheim - köstlich. Bin jetzt auf S. 142 (Kapitel 24).
 
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Ach, das weiß ich nicht mehr, aber als Sophie auftauchte, wusste ich, ich kenne ihr Schicksal. Und woher hätte ich das wissen sollen, wenn ich das Buch nicht früher schon mal gelesen hätte. Ich war ein Kind des Bücherbusses;-). (Wie kann ich denn eure Beiträge liken?).
 
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Ach, das weiß ich nicht mehr, aber als Sophie auftauchte, wusste ich, ich kenne ihr Schicksal. Und woher hätte ich das wissen sollen, wenn ich das Buch nicht früher schon mal gelesen hätte. Ich war ein Kind des Bücherbusses;-). (Wie kann ich denn eure Beiträge liken?).
In dem du einfach den Daumen anklickst, der unter den Beiträgen angezeigt wird. Und du kannst auch direkt unter dem Zitat eines Beitrags schreiben (so wie ich es jetzt mache). Sonst steht unter dem Zitat gar nichts und du musst ´nen extra Beitrag machen.
 
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In einer kleinen Leserunde lesen wir den epochalen Roman "Effingers" von Gabriele Tergit, der 1951 erstmalig erschienen ist:

»Effingers« ist ein Familienroman - eine Chronik der Familie Effinger über vier Generationen hinweg. Außer dass sie Juden sind, unterscheidet sich ihr Schicksal in nichts von dem anderer gutsituierter gebildeter Bürger im Berlin der Jahrhundertwende. Alle fahren sie im sich immer wiederholenden Lebenskarussell, das sich durch Glück, Schmerz, Leichtsinn, Erfolg und Scheitern dreht. »Effingers« ist ein typisch deutsches Bürgerschicksal in Berlin, wie es das der »Buddenbrooks« in Lübeck war.
Als der Nationalsozialismus sich breitmacht, wird das deutsche Schicksal zu einem jüdischen. Wer wachsam ist, wandert aus. Die Geschichte der Familie Effinger beginnt mit einem Brief des 17-jährigen Lehrlings Paul Effinger, und sie endet mit einem Brief: dem Abschiedsbrief des nunmehr 80-Jährigen kurz vor seiner Deportation in die Vernichtungslager.
(Quelle: Amazon)

@kingofmusic @Literaturhexle

Weitere Mitleser willkommen!
 

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Ich musste Effingers abbrechen. Tut mir leid. Ich finde, es ist ein wirklich guter Roman, betrachtet man die Zeit, in der er verfasst wurde, doch Lese"pflichten" hindern mich an weiterer Lektüre - zumal ich ihn einstens schon einmal gelesen habe. Vllt ist er kein Blockbuster, aber schöne Charakterzeichnungen und das Einfangen des Zeitgeschehens, ein wenig so wie Hilary Mantel es macht, zeichnen das Buch aus. Ich würde ihm ohne weiteres im Bereich der Guten Unterhaltung wieder 5 Punkte geben.
 

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Ich habe diesen großartigen Roman auch abgeschlossen und gebe ihm 5 Sterne. Mich hat das Schicksal der Familie Effinger sehr berührt. Gleichzeitig wurden die historischen Ereignisse wieder aufgefrischt.

Sehr, sehr lesenswert! Eine kleine Rezension, die sicherlich nicht alle Aspekte dieses Romans beleuchtet, habe ich eingestellt:
https://whatchareadin.de/community/...s-roman-von-gabriele-tergit.19549/#post-68258
 
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S. 208 (30. Kapitel)
Hatte die Familie Effingers jetzt unverständlicherweise etwas ruhen lassen, damit ich den Seifenoperstoff hinter mich bringen kann :rolleyes::D. Ich tue mich nach wie vor etwas schwer damit, die Namen und Verbindungen untereinander in Einklang zu bringen. Auch wenn der Stammbaum hier sehr nützlich ist.
Weiterhin interessant finde ich den Aspekt der industriellen Revolution und das Voranschreiten der Technik (Gas vs. Elektrizität). Bei der Vorstellung, dass Elektrizität wie Milch in Flaschen geliefert wird, musste ich echt lachen - was für uns heute völlig selbstverständlich ist, das immer und (fast) überall Strom zur Verfügung steht, hat die Menschen damals erfinderisch werden lassen.
 
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Literaturhexle

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Meine Klebezettel zeigen mir, dass mich in dem Abschnitt besonders die Luxusdame Annette und das Schìcksal Sofiens beschäftigt haben. Da schreibt die Gute einen unbedachten Brief und gleich gilt ihr Leben als verpfuscht! Während sich die Herren lustig bei niederen Damen die Hörner anstoßen dürfen.

Des weiteren hat mich die Schilderung des jungen Kaisers veranlasst, mich noch einmal in die Geschichte des Dreikaiserjahres zurückzubegeben. Solche Incentives gibt es ja viele in dem Roman.