Rezension Rezension (4/5*) zu Schräge Vögel singen nicht von Lars Lenth.

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Buchinformationen und Rezensionen zu Schräge Vögel singen nicht von Lars Lenth
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Die etwas andere Art, sich eines Problems zu entledigen.

Mit „Schräge Vögel singen nicht“ legt Lars Lenth einen Roman vor, bei dem der Titel Programm ist, präsentiert er sich doch in vielerlei Hinsicht „schräg". Erschienen ist dieser 288-seitige Roman im September 2019 bei Limes. Laut Verlag handelt es sich hierbei um den zweiten Fall für den eher erfolglosen, nichtsdestotrotz sympathischen Rechtsreferendar Leo Vangen, in Norwegen jedoch erschien dieser vor dem schon im vorangegangenen Jahr in Deutschland herausgebrachten Roman „Der Lärm der Fische beim Fliegen“.
Leo Vangen lebt als langjähriger Rechtsreferendar, der es nicht schafft, seine Anwaltszulassung zu erlangen, ein ruhiges und halbwegs zufriedenes Leben im Haus seiner Eltern auf Bærum, der Insel der Schönen und Reichen vor Oslo. Als der seit Langem krankgeschriebene Markisenhändler Trond Bast beim Angeln jedoch statt eines Fisches ein Ohr am Haken hat, ist es mit der Beschaulichkeit vorbei. Später soll sich herausstellen, dass es sich bei dem Ohr um das Körperteil eines polnischen Bauarbeiters handelt. Gemeinsam mit seiner ehemaligen „Flamme“ Mariken macht Leo sich daran, dem Verbrechen auf die Spur zu kommen – und stößt dabei auf an Netz von Korruption, Geldgier und Brutalität.
Er ist hart umkämpft, der Grundstücks- und Immobilienmarkt vor den Toren von Norwegens Hauptstadt Oslo – das bekommen die Charaktere in diesem Roman zu spüren. Und es wird mit harten Bandagen gekämpft: Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Naturschutz – all dies spielt für die Spekulanten keine Rolle. Vor nichts schrecken sie zurück, wenn es darum geht, eigene Interessen durchzusetzen, seien es Fäkalien in Briefkästen, Entführung oder gar zerstückelte Leichen, die später als Vogelfutter dienen.
Dafür, dass dieses Schreckensszenario jedoch den Leserinnen und Lesern nicht allzu sehr an die Nieren geht, sorgt die Skurrilität der Charaktere. Alle in diesem Roman, mit Ausnahme von Mariken vielleicht, sind irgendwie kurios. Da ist zum einen Leo, der es trotz guter Voraussetzungen nicht schafft, etwas aus seinem Leben zu machen, und erst einen Mord braucht, um aus seiner Lethargie herauszukommen - dann aber zeigt er ungebremsten Einsatz und setzt sich, gleich einem Robin Hood, für die Rechte der zu kurz Gekommenen ein. In Rino und Nils begegnen uns zwei Möchtegern-Gangster, deren Einsatz stets in einem Desaster endet, bis - ja bis Nils wirklich Blut leckt. Am besten gefallen hat mir jedoch die Darstellung des Immobilienhais Terje Klavenes, den Lenth sehr pointiert als Neureichen par excellence charakterisiert, und der gegen Ende des Romans auch feststellt, dass das Töten „die effektivste Art und Weise, ein Problem zu lösen“ (S. 208), ist.
Neben den schon oben erwähnten Immobilienspekulationen und der Ausbeuterei sind – damit zusammenhängend – Natur- bzw. Umweltschutz sowie die westliche Arroganz gegenüber dem vermeintlich zurückgebliebenen Osteuropa Themen dieses Romans. Dass man aber trotz aller Widrigkeiten nicht die Hoffnung aufzugeben braucht, beweisen Leos uneigennütziger Einsatz sowie Rinos und Basts Entwicklung. Ebenfalls der lockere Erzählton Lenths sowie die teils sehr rasante Handlung tragen dazu bei, das ernste Grundthema und die Brutalität mit einem Augenzwinkern zu betrachten.
Ein wenig negativ aufgestoßen ist mir beim Lesen, dass Humor und „Geschlechtsteile“ für viele heutzutage zusammenzugehören scheinen. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Mir hat die Lektüre dieses Romans insgesamt viel Spaß bereitet, allerdings sollte man, wenn man zu diesem Buch greift, offen sein für schwarzen, derben Humor und nicht alles für bare Münze nehmen. Dann aber kann ich dieses Buch nur wärmstens empfehlen.


 
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