Rezension Rezension (5/5*) zu Miroloi: Roman von Karen Köhler.

G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Ein Blick auf das Leben in einer Diktatur und dies aus der Sicht

Ein Blick auf das Leben in einer Diktatur und dies aus der Sicht einer Ausgestoßenen


Dieses Buch wäre das zweite Buch von der diesjährigen Longlist des Deutschen Bücherpreises, welches ich gelesen habe und ich kann sagen, "Miroloi" lässt mich vollkommen begeistert zurück. Die Tiefe, die in dieser etwas simpel gestrickten Story zu finden ist, wäre atemberaubend zu nennen und das literarische und psychologische Können, das Karen Köhler hier erkennen lässt, ist gewaltig.


Warum bin ich so begeistert, wo es doch sooo viele negative Stimmen gibt. Weil mich die Geschichte unheimlich berührt und getroffen hat! Und das ist etwas wunderschönes, ein wundervolles Gefühl! Ja, ihr lieben Literaturkritiker, das sollte man nicht außer Acht lassen! Es gab ja schon bei "Stella" viel Geschrei. Unnötiges Geschrei! Und hier ist es dasselbe. Unnötiges Geschrei!


Die Erzählstimme, die Karen Köhler hier entstehen lässt, gehört einem jungen Mädchen, ein ausgegrenztes Mädchen. Ein Mädchen, welches kurz nach seiner Geburt in einem Karton ausgesetzt wurde, von dem örtlichen Priester, dem Betvater aufgezogen wird. Ein Mädchen, dass durch die Regeln in dieser Gesellschaft, durch ihr Ausgesetztsein, durch ihre fehlende Familie, keinen Namen erhält, also eigentlich nicht da ist. Ein Mädchen, welches wissbegierig ist, aber in einer Gesellschaft lebt, in der Frauen nicht lesen und schreiben dürfen. Ein Mädchen, welches Kraft hat und aus dieser Gesellschaft entfliehen möchte, aber daran gehindert und für ihren Fluchtversuch bestraft wird, ein Bein wird ihr zertrümmert, fortan kann sie nur noch humpeln. Ein Mädchen, dass kaum Bezugspersonen hat, nur der Betvater und eine ältere Frau kümmern sich um sie und geben ihr etwas Liebe. Eine alleinstehende und dadurch auch schutzlose Person wird schnell zur Zielscheibe. Und genau das ist das Mädchen, eine Zielscheibe. Durch dieses ganze Erleben ist das Mädchen beeinträchtigt und diese Beeinträchtigung lässt Karen Köhler in ihrer Sprache erklingen. das Mädchen ist die Erzählstimme in "Miroloi", sie erzählt von ihrer Welt, von ihrer Insel, von ihrer Umgebung, von ihrer Ausweglosigkeit, von ihrer Trauer, von ihrer Wut, von ihren Wünschen, von ihrem Leben, aber auch von Veränderungen. Und das geschieht in einer naiven, kindlichen, aber gleichzeitig auch tief poetischen Sprache, schlussendlich aber auch eine dem Entwicklungsstand des Mädchens perfekt angepassten Sprache. Und diese Sprache berührt tief. Auch wenn die Story nach und nach recht vorhersehbar daherkommt, hat mich das nicht gestört. weil dieses Mädchen und ihr Blick auf eine Diktatur, auf eine in sich geschlossene und auch aggressive Gesellschaft, eine durch Religion und Patriarchat geformte Gesellschaft viele Vergleiche in die heutige Zeit hochkommen lassen. Vergleiche, die weh tun und nachdenklich machen. Und das ist doch etwas was ein Buch tun sollte. berühren und zum Nachdenken anregen. Dies tut es!


Auch wenn einiges nicht vollkommen aufgeklärt wurde, empfand ich das als nicht weiter störend, eine Geschichte wurde erzählt, die Geschichte des Mädchens und dies ist der Hauptbestandteil des Buches. Alles andere beantwortet die eigene Fantasie.


Und, auch wenn von einigen die Meinung vertreten wird, dieses Buch ist in meinen Augen kein Jugendbuch!

 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
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Danke für deine überzeugte Rezension!
Ich habe das Buch als EBook - und werde jetzt zumindest mal über die Leseprobe hinaus reinlesen.

Der Stil gefällt mir. Abschrecken tut mich die Verwandtschaft zum Report der Magd .
Kannst du das entkräften?
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Danke für deine überzeugte Rezension!
Ich habe das Buch als EBook - und werde jetzt zumindest mal über die Leseprobe hinaus reinlesen.

Der Stil gefällt mir. Abschrecken tut mich die Verwandtschaft zum Report der Magd .
Kannst du das entkräften?
Nein, leider nicht. Auch mich hat dieses Buch an den Report der Magd erinnert.
Aber ich liebe der Report und kann dir sagen, an den Report reicht Miroloi nicht heran. :)