Thema Der Gesang der Flusskrebse (Delia Owens), ab 12.8.19

Renie

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Das sehe ich anders, er ist noch sehr jung und weiß noch nicht, in welche Richtung sich sein Leben entwickeln wird. Er glaubt, es gehe nur ohne Kay und er hat Angst davor, es ihr zu sagen. Gerade weil er so empathisch ist, fürchtet er sich davor, ihr die Wahrheit zu sagen und schwach zu werden. Also geht er dem Konflikt aus dem Weg. Er ist noch auf der Suche - das erscheint mit glaubwürdig.
Dem stimme ich zu. Alles andere wäre mir zu klischeehaft gewesen: der nette Tate, der ohne wenn und aber zu seiner Liebsten zurückkehrt.
So erhält Tate ein paar Ecken und Kanten, wird menschlicher. Das passt!
 
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Kapitel 17 bis 24
Chase wird zu Kyas Objekt der Begierde. Sie bewundert ihn zunächst von weitem, fast wie einen "ihrer" Vögel.
Im Gegenzug entdeckt Chase, dass Kya noch in seiner Sammlung fehlt. Das Fremdartige an ihr reizt ihn. Er versucht es bei ihr auf die übliche Tour (Picknick am einsamen Strand). Da sie keinerlei Erfahrung im menschlichen Balzverhalten hat, steigt sie auf die Masche ein. Ihre Einsamkeit ist einfach zu groß.
Tate taucht ebenfalls auf, allerdings im Hintergrund. Scheinbar verlässt ihn der Mut, sich ihr zu nähern.
Mittlerweile erfahren wir, wie es ihm am College ergeht, welche Chancen sich ihm bieten. Das erklärt ein Stück weit, warum er Kya hat hängen lassen.

Kya scheint für Chase ein Abenteuer zu sein, das Ablenkung zu seinem Alltag bietet. Er genießt es, mit ihr in der Marsch und in ihrem Haus zu sein. Das bedeutet für ihn Freiheit. Sie eröffnet ihm Möglichkeiten, die so gar nichts mit seinem "echten" Leben zu tun haben. Er möchte jedoch keinerlei Überschneidungen der beiden Leben. So hält er Kya auf Abstand von seinem "echten" Leben, macht allerdings einige Versprechungen, um sie bei Laune zu halten.
Ich glaube nicht, dass sie ihn liebt. Er bewahrt sie nur vor der Einsamkeit. Sie scheint auch von einem anderen Leben zu träumen. Einem Familienleben? Möchte sie endlich das Leben führen, das ihr in der Kindheit vorenthalten wurde?
 

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Chase wird zu Kyas Objekt der Begierde. Sie bewundert ihn zunächst von weitem, fast wie einen "ihrer" Vögel.
Im Gegenzug entdeckt Chase, dass Kya noch in seiner Sammlung fehlt.
Eine schöne Zusammenfassung ;)
Zu Beginn will Chase nur der Erste sein, der sie erobert hat. Doch dann fasziniert sie ihn, da sie ganz anders ist als die anderen Mädchen.
Ich glaube nicht, dass sie ihn liebt. Er bewahrt sie nur vor der Einsamkeit. Sie scheint auch von einem anderen Leben zu träumen. Einem Familienleben? Möchte sie endlich das Leben führen, das ihr in der Kindheit vorenthalten wurde?
Das sehe ich auch so. Sie will die Einsamkeit, die von ihr Besitz ergriffen hat, betäuben. Ich glaube, sie spürt auch, dass Chase sie interessant findet, sie aber nicht auf die Art und Weise versteht, wie das Tate getan hat. Andererseits sehnt sie sich nach Normalität (?) Ein Familienleben in dem Sinne hat sie ja nie erlebt.
 
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Noch ein Nachtrag zu Kyas Gefühlen gegenüber Chase:
"Ihr Körper beobachtete Chase Andrews, nicht ihr Herz." (191)

Kapitel 25
Im Jahr 1969 stößt Chase Mutter Ed und Sam auf Kya, da sie zugibt, dass ihr Sohn etwas mit dem Marschmädchen zu tun hatte. Das fehlende Muschelhalsband, das Kya ihm auf dem Feuerturm (!) geschenkt hat, scheint ein Indiz zu sein, dass sie etwas mit seinem Tod zu tun haben könnte. Auch ein Krabbenfischer (Kapitel 28) will sie mit ihrem Boot vor dem Feuerturm gesehen haben.

Inzwischen hat sich im Jahr 1965 eine Art Beziehung zwischen Kya und Chase entwickelt. Interessanterweise gelingt es Kya sich selbst fortzubilden. Ihr Interesse für Biologie, für die Artenvielfalt im Marschland und ihre Beobachtungsgabe machen ihre Sammlung einzigartig - ein Aspekt, den Chase ebenfalls nicht wirklich versteht.
Auf eine Reise nach Ashville nimmt Chase Kya mit, und in einem billigen Motelzimmer gelingt es ihm (endlich) sie zu entjungfern. Ein Akt, auf den er wohl lange hingearbeitet hat, und der sie enttäuscht. Und doch weckt er in ihr der Wunsch zu ihm zu gehören, Teil seiner Welt zu werden - etwas, was Chase nicht will und so hält er sie hin. Währenddessen taucht Tate wieder auf und entschuldigt sich bei Kya für sein Verhalten. Er liebt sie immer noch und will mit ihr zusammen sein - doch Kya ist nicht bereit ihm zu verzeihen - ein Umstand, den man aufgrund ihrer Erfahrungen gut nachvollziehen kann, auch wenn man es ihr wünschen würde, sie könne verzeihen.
Er macht ihr den Vorschlag, ihre Sammlung als Buch herauszugeben.
Endlich zeigt sich Chase wahres Gesicht. Kya entdeckt zufällig seine Verlobungsanzeige mit Nieohneperlen - das stürzt sie erneut in eine Krise und sie beschließt, nur noch der Natur zu vertrauen:
"Die Natur schien der einzige Stein zu sein, der ihr nicht mitten im Fluss unter den Füßen wegglitt." (270)
 

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Wie ich erfahren habe, hat @Renie ein technisches Problem, so dass wir unsere Leserunde nicht zeitnah weiterführen können.
Ich habe den Roman inzwischen zu Ende gelesen und bin begeistert. Der Prozess gegen Kya und damit die Zusammenführung beider Handlungsstränge empfand ich als unglaublich spannend. Lange habe ich geschwankt, ob sie den Mord begangen hat und mitgefiebert, ob sie verurteilt wird. Insgeheim wusste ich, dass sie Chase auf dem Gewissen hat und aus ihrer Perspektive kann ich es sogar verstehen, obwohl sie definitiv eine moralische Grenze überschritten hat.
Ihr Leben mit Tate ist hingegen ein Ausgleich dafür, welches Unrecht sie erfahren hat, die späte Erkenntnis, dass sie neben einer Mörderin auch eine Dichterin gewesen ist, hat mich allerdings überrascht.
Insgesamt ein Roman, der zu Herzen geht und einem die wunderbare Marschlandschaft nahe bringt. Auch meine 15-jährige Tochter, die normalerweise eher Fantasy liest, war begeistert.
 
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aus ihrer Perspektive kann ich es sogar verstehen, obwohl sie definitiv eine moralische Grenze überschritten hat.
Das bestimmt. Aber wo war die Moral bei Chase und den anderen Bewohnern? Sie wäre doch verurteilt worden, wenn man nur das kleinste Fitzelchen gefunden hätte.
Ich weiß, rechtstaatlich ist dieses Gedankengut nicht. Eher alttestamentarisch ;)
dass sie neben einer Mörderin auch eine Dichterin gewesen ist, hat mich allerdings überrascht.
Hier und da kratzte der Roman schon an der Kitschgrenze..... Aber auf angenehme Weise :rolleyes:
 
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Hurra, ich bin wieder mit der Welt verbunden. :D

Ich habe den Roman ebenfalls beendet. Insgesamt habe ich ihn gern gelesen, bin aber nicht ganz so begeistert wie Ihr.
Zunächst das Positive:
Der Prozess war für mich eine Überraschung. Ich hätte nicht gedacht, dass es so weit kommt. Ich bin eher davon ausgegangen, dass es vorher zur Aufklärung kommt, also ein anderer Mörder präsentiert wird.
Mit dem Ende des Prozesses hätte auch der Roman aufhören können. Stattdessen verwöhnt uns die Autorin mit dem weiteren Leben von Kya und Tate. Der Aspekt "Dichterin" und "Mörder von Chase" war natürlich eine zusätzliche Überraschung.
Und als kitschig habe ich den Aspekt "Dichterin" überhaupt nicht gefunden. Ich habe zwischendurch tatsächlich googlen wollen, ob es die Dichterin gegeben hat.
Unschlagbar war für mich auch die Beschreibung der Natur (ich wiederhole mich) und die damit verbundenen Stimmungen. Das habe ich als einzigartig empfunden, ob es nun an der besonderen Landschaft lag oder am Sprachstil der Autorin weiß ich noch nicht einmal.

Auch meine 15-jährige Tochter, die normalerweise eher Fantasy liest, war begeistert.
Das wundert mich ehrlich gesagt nicht. Der Roman geht als Jugendroman durch. Anfangs hat mich das nicht gestört, obwohl ich nicht darauf vorbereitet war. Doch mit Einsetzen der Pubertät von Kya und ihren Schwärmereien sowie dem Balzverhalten von Chase hat es mich ein bisschen genervt. Wahrscheinlich bin ich von meinem eigenen Pubertier geschädigt, dass ich empfindlich auf solche Szenarien reagiere. :confused:

Dann bin ich manchmal über Textstellen gestolpert, die ich merkwürdig fand.
"... und er beugte sich zu ihr und küsste sie, zuerst sanft und dann wie ein Mann." --> Ich weiß, was mit "wie ein Mann küssen" gemeint ist, finde diesen Ausdruck aber abgedroschen.
oder
"Chase nahm Kyas Hand, drückte den Zweifel aus ihren Fingern."
oder
"Warum sollten die Verletzten, die noch immer Blutenden, die Bürde des Verzeihens tragen?" --> Das ist ein bisschen dick aufgetragen.

Ich vermute, dass sich hier die Übersetzung ein wenig vergaloppiert hat. Das hoffe ich zumindest.

Letztendlich ist dies alles Jammern auf hohem Niveau, denn der Roman ist immer noch großes Erzählkino.