Rezension Rezension (2/5*) zu Das Verschwinden der Stephanie Mailer: Roman von Joël Dicker.

Helmut Pöll

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Buchinformationen und Rezensionen zu Das Verschwinden der Stephanie Mailer von Joël Dicker
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Platt, mit Überlänge

Mit „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ und „Die Geschichte der Baltimores“ hat der Schweizer Schriftsteller Joel Dicker zwei fantastische Romane vorgelegt. Nun musste scheinbar schnell ein Nachfolgewerk her, und das ist eine ziemliche Enttäuschung.

Die Handlung geht so: in der Kleinstadt Orphea in der Nähe von New York ist vor knapp 20 Jahren ein schreckliches Verbrechen verübt worden. Der Bürgermeister, seine Frau und der kleine Sohn wurden ermordet. Eine unfreiwillige Zeugin des Verbrechens wurde das vierte Opfer. Das Ermittlerduo Jesse und Derek löst den Fall routiniert.

Die beiden Polizisten verkörpern das, was man gemeinhin als „All American Boys“ bezeichnet, rechtschaffene, ehrenhafte Männer ohne größere Makel, die sich unermüdlich für das Gute einsetzen. Im Film verkörpert Tom Cruise oft dieses Ideal. Es ermitteln also Tom Cruise und sein Zwillingsbruder. Das ist legitim, besonders prickelnd ist es nicht.

Aber den Untadeligen ist ein Fehler unterlaufen. Das behauptet jedenfalls die Journalistin Stephanie Mailer. Ein Unschuldiger soll damals verhaftet worden sein. Mailer hat gerade noch Zeit einem der Polizisten ihren Verdacht zu stecken, bevor sie verschwindet und das Buch seinen Namen hat. Klar, dass die beiden jetzt den Fall nochmal neu aufrollen.

Auf fast 700 Seiten begegnen wir unzähligen Personen, die teils völlig überzeichnet sind. Die Figur des Literaturkritikers Ostrowski etwa ist so klischeehaft und platt, dass sie fast ein Leseärgernis ist. Und natürlich gibt es auch Sexismus im Polizeipräsidium, was sonst, und eine Polizistin, die gemobbt wird und jetzt auf einsamer Wolf macht. Dazu kommen korrupte Politiker, verzogene Teenager aus gutem Hause, selbstverständlich mit Drogenproblemen und Freunden mit schlechtem Einfluss.

In Summe ist das alles sehr lau und vorhersehbar, zwar routiniert, aber irgendwie auch lustlos erzählt. Lesefreude sieht anders aus. Schade.


 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Es ermitteln also Tom Cruise und sein Zwillingsbruder. Das ist legitim, besonders prickelnd ist es nicht.
Wirklich eine erfrischende Rezension, Helmut! Ich bin ja leider zum selben Ergebnis gekommen. Für dich stimmt es mich noch trauriger: erstens ist deine Lesezeit knapp und zweitens WOLLTEST du den Roman mögen...
Zum Glück lag Fred Vargas wieder mehr auf deiner Linie!
 

Helmut Pöll

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Für dich stimmt es mich noch trauriger: erstens ist deine Lesezeit knapp und zweitens WOLLTEST du den Roman mögen...
Ich fand seine ersten beiden Bücher tatsächlich toll. Da geht man natürlich mit einer gewissen Erwartungshaltung an das nächste Buch. Sollte man vielleicht dioch nicht. Aber halb so wild, er wird wieder bessere schreiben. ;)