4. Leseabschnitt: S. 269 (Zweiter Teil) bis S. 365

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Eins muss man Dicker lassen, man liest weiter, weil dieses Rätsel so seltsam ist, es so viele Spuren und Spekulationen gibt, dass ich wissen will, wer denn diesen vierfachen Mord begangen hat.
Es wird auf der anderen Seite jedoch immer skurriler und auch leider gewinnen einige Figuren nicht an Profil.
Die Szene mit Harvey sind so unglaubwürdig, dass ich sie am liebsten überlesen möchte. Was hat Dicker geritten, eine solche Figur in einen "ernsthaften" (?) Krimi hineinzuschreiben?
Die Steven Bergdorf- Episode ist auch nicht glaubwürdiger. Er fährt nach Orphea, um Alicia umzubringen und verfällt ihr immer wieder. Dass sie ihn unter Druck setzt, ist hingegen realitätsnah, schließlich hält er sie aus...bleibt abzuwarten, wie er die leer geräumten Konten seiner Frau und bei der Review erklären will, denn das wird ihm irgendwann um die Ohren fliegen.
Ein weiterer Erzählstrang ist auch noch nicht mit der Haupthandlung verwoben - Jerry und Dakota, die anscheinend ebenfalls ein Geheimnis in der Vergangenheit verbirgt, dass sie sehr stark belastet. Es muss mit dem Mädchen Tara zusammenhängen, irgendetwas ist passiert, das ihre Seele nachhaltig beschädigt hat.
Trotzdem wirken die Dialoge zwischen Vater und Tochter hölzern, es wird immer gleich geschrieen und die Reaktion Cynthias, Vater und Tochter allein zurückzulassen, kann ich nicht nachvollziehen...
Insgesamt hoffe ich, dass der Fokus auf den folgenden Seiten sich dem eigentlichen Fall zuwenden wird und die Figuren an Profil gewinnen und ihr stereotypes Verhalten durchbrechen.
Eine interessante Frage wird sein, wie Charlotte Brown in den Fall verwoben ist und warum Ostrowski ein Foto der toten Joggerin - Meghan Padalin - in seinem Hotelzimmer stehen hat.
 

Mamskit

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6. November 2016
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Eins muss man Dicker lassen, man liest weiter, weil dieses Rätsel so seltsam ist, es so viele Spuren und Spekulationen gibt, dass ich wissen will, wer denn diesen vierfachen Mord begangen hat.
Genau so geht es mir auch. Wenn ich nicht unbedingt wissen wollte, wie der Fall gelöst wird und auf welche Weise alles zusammen hängt, würde ich wohl nicht so zügig weiterlesen. Der gefällige Schreibstil macht einfach Spaß und die vielen losen Enden wollen verknüpft werden.
Leider wirkt die Handlung durch die unglaubwürdigen Charaktere jedoch immer mehr wie an den Haaren herbeigezogen.
Der Regisseur Harvey kommt mir vor wie eine überzeichnete Witzfigur. Warum nehmen ihn alle ernst und warum wird er nicht gezwungen, sein Wissen über die Morde - ohne Bedingungen zu stellen - preiszugeben?
Warum will nahezu jeder bei diesem unausgegorenen Theaterstück eines Mannes, den jeder noch als Vortragenden eines unzumutbaren Theatermonologes in Erinnerung haben müsste, mitspielen?
Die fiese und egoistische Alice bekennt sich plötzlich ihrer Gefühle zu Steve und gesteht, dass ihr sein Geld niemals wichtig gewesen ist. Die beiden trennen sich einvernehmlich. Ich bin mir nicht, sicher, ob ich in der Zwischenzeit etwas verpasst habe. War das nicht die Frau, die ihren Liebhaber bei jeder sich bietenden Gelegenheit erpresst und unter Druck gesetzt hat?
Diese Unplausibiläten nehmen mir doch sehr die Freude an der Lektüre. Schade, von der Idee her finde ich die Geschichte sehr gelungen und der Erzählstil ist wie gesagt sehr ansprechend.
Vielleicht entwickelt sich die Handlung ja noch in eine Richtung, die die Unplausibilitäten in den Charakteren nachvollziehbar macht?
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Diese Unplausibiläten nehmen mir doch sehr die Freude an der Lektüre.
Es ist nicht zu fassen, dass es der Joel Dicker sein soll, der auch die Wahrheit über Harry Quebert und die Geschichte der Baltimores geschrieben hat.... Eigentlich passt das nicht zusammen.

Selten habe ich einen Roman gelesen, der dermaßen unglaubwürdige Figuren in realitätsferne Handlungen verstrickt und mit klischeebehafteten Dialogen ausstattet. Ich behaupte mal, derselbe Text wäre von einem unbekannten Autor bei jedem Verlag bei den Retouren gelandet- Veröffentlichung Fehlanzeige.

Vielleicht hat Dicker tatsächlich eine Schreibhemmung gehabt und sein Verlag machte Druck... und dieses ist die Folge?!
Trotzdem wirken die Dialoge zwischen Vater und Tochter hölzern, es wird immer gleich geschrieen und die Reaktion Cynthias, Vater und Tochter allein zurückzulassen, kann ich nicht nachvollziehen...
Nein, das kann niemand nachvollziehen. So leicht kann es sich wohl keine Mutter machen, dass sie einfach den schwarzen Peter dem Vater zuschiebt. Das Theaterstück, vom Richter verordnet (Ich lache mich tot!), soll es nun richten.
Warum will nahezu jeder bei diesem unausgegorenen Theaterstück eines Mannes, den jeder noch als Vortragenden eines unzumutbaren Theatermonologes in Erinnerung haben müsste, mitspielen?
Das weiß nur der Autor! Alle sind auf einmal beseelt von dem Gedanken, Theater zu spielen. Und wie es der Zufall will, stehen am Ende alle auf der Bühne, die irgendetwas mit dem Mord zu tun hatten... das ist sowas von konstruiert o_O
War das nicht die Frau, die ihren Liebhaber bei jeder sich bietenden Gelegenheit erpresst und unter Druck gesetzt hat?
Ich hätte mich beim Hören dieser Szene fast in den Finger geschnitten:mad:. Das passt einfach nicht: Auf einmal hat sie Mitleid, dass der arme Mann sich Ihr zuliebe verschuldet hat...:eek:

Natürlich lese/höre ich zu Ende. Aber ich bin WIRKLICH geschockt und sicher, dass es genau so weiter geht.
Auch für das Ende erwarte ich persönlich keine Überraschungen mehr.
 

Xanaka

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Je mehr die Handlung fortschreitet, umso mehr Raum bekommen die eigentlichen Nebenpersonen. Ich denke da an Dakota und ihren Vater. Oder auch Steven und Alice. Ich denke der Zusammenhang wird durch das neue Stück entstehen, in dem alle mitspielen werden. Die Idee an sich ist nicht schlecht. Ich bin gespannt, was dabei heraus kommt.
 
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Xanaka

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12. Juli 2015
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Eine interessante Frage wird sein, wie Charlotte Brown in den Fall verwoben ist und warum Ostrowski ein Foto der toten Joggerin - Meghan Padalin - in seinem Hotelzimmer stehen hat.
Ich denke Ostrowski hatte auf jeden Fall eine Beziehung zu Meghan Padalin - die Stelle ist mir auch aufgefallen. Es gab bereits weiter vorn auch eine Erwähnung ihres Namens in Zusammenhang mit Ostrowski.
 
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MRO1975

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Ich komme aus dem Kopfschütteln nicht raus. Der Krimiplot ist an sich ja nicht so schlecht, aber die Protagonisten und Wendungen sind so unglaubwürdig. Nie im Leben hätte die Polizei es zugelassen, das jemand, der vorgibt dem Mörder zu kennen, dieses Wissen zurückhält, um damit ein Theaterstück zu inszenieren. Das Risiko für alle Beteiligten ist viel zu groß und nach amerikanischen Maßstäben wäre das „Behinderung der Justiz“.

Und dann diese ganzen Klischees - die überspannte Geliebte, das drogenabhängige Kind und alle wollen Theater spielen. Ich glaube es einfach nicht....
 

wal.li

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Ich musste irgendwie an Bobby Ewing unter der Dusche denken. Vielleicht ist Stephanie nicht tot und wir lesen ein unsägliches Theaterstück.
Allerdings finde ich es schon geschickt, dass so langsam herauskommt, dass alle eine Beziehung zu Orphea und dem alten Fall haben. Das macht die Lektüre wieder angenehmer. Natürlich wirkt etliches weiter an den Haaren herbeigezogen und ich wüsche mir fast, dass es Absicht ist und der Autor seine Leser gründlich hereinlegt.
 

Mikka Liest

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@Querleserin

Ja, die Szenen mit Harvey sind lächerlich. Egal, wie selbstherrlich ein Mensch ist, so plump würde er sich doch nicht benehmen...

Und die Sache mit Alice ist ja quasi eine Endlosschleife. Er will sie loswerden, er will sie umbringen, aber sie ist doch so hübsch und niedlich... Ihre plötzliche Wandlung, dass sie ihn doch liebt und es ihr nicht auf der Geld und die Geschenke ankommt, war für mich völlig unglaubwürdig.

Ich hoffe auch, dass sie die Geschichte bald wieder mehr auf den Fall konzentriert.

@Mamskit

So unterschiedlich sind die Empfindungen! ;-) Ich finde den Schreibstil gar nicht so gefällig, sondern eher hölzern und plump....

Ich verstehe auch nicht, was die Figur des Harvey soll. Normalerweise würde die Polizei ihn doch zwingen, seine Informationen preiszugeben – ich habe das gerade mal gegoogelt und bin auf "Failure to Report a Crime under Federal Law" gestoßen, das fällt unter "Obstruction of Justice".

"If you willfully conceal the commission of a felony federal offense, you can be charged with “misprision of a felony.” Misprision of a felony is a form of obstruction of justice. If you are convicted, you face up to a $250,000 fine, imprisonment up to three years, or both fine and imprisonment."

Sprich, ich denke, normalerweise würde Harvey im Gefängnis landen, weil er durch sein Schweigen die Erittlungen behindert, und nicht sein Stück aufführen können...

(Oh , ich sehe, MRO1975 ist mir da weiter unten schon zuvorgekommen!)

Ja, Alice ist auf einmal eine ganz andere Person. Entweder kommt der Hammer jetzt noch und das war von ihr nur ein Trick, oder es ist völlig unglaubwürdig.

@Literaturhexle

Ich habe von Joel Dicker noch nichts gelesen, aber über seine anderen Bücher nur Gutes gehört! Deswegen bin ich jetzt so erstaunt, dass das hier ein Buch von ihm sein soll... Für mich liest sich das auch wie ein Manuskript, dass bei Verlagen normalerweise reihenweise abgelehnt werden würde.

Das mit dem Theaterstück ist einfach nur lachhaft. Und die Wandlung von Alice?! Nee, klar...

@Xanaka

Die Idee an sich ist wirklich nicht schlecht, aber die Umsetzung gefällt mir überhaupt nicht...

@MRO1975

Ah, du hast auch schon Kopfschmerzen vom Kopfschütteln? Ich auch.

@wal.li

Das wäre es doch – die ganze Sache stellt sich als Theaterstück / Buch aus der Feder von Harvey heraus!
 

ulrikerabe

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Da gibt es einen Witz über eine Wagneroper, die um 18.00 beginnt und als man nach drei Stunden auf die Uhr schaut, war es 18:10.

Genau so geht es mir mit dem Buch. Ich lese/höre gefühlt Stunde um Stunde und bin erst auf seite 366.

Die Szenen werden wirklich immer skurriler. Der "großartige Harvey" läst sich nicht vom Kellner anprechen, der Bürgermeister maßregelt den Kritiker und den Regisseur wie zwei kleine Schulbuben, Alice war schon wieder im Schrank und Dakota liegt jenseits von Eden.

Ich weiß, der Kalauer funktioniert weder im Englischen noch im Französischen, aber eine Fernsehserie, bei dem ein Ex-Dicker vorkommt :D
Ich weiß, ich bin mittlereweile leicht zu unterhalten, wahrscheinlich eine milieubedingte Niveauanpassung.
 

Mikka Liest

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Da gibt es einen Witz über eine Wagneroper, die um 18.00 beginnt und als man nach drei Stunden auf die Uhr schaut, war es 18:10.

Oh ja, der ist gut und passt auch.

Alice war schon wieder im Schrank und Dakota liegt jenseits von Eden.

Ich habe nicht kapiert, warum sie ständig in den Schrank muss. Solange die nicht gerade wild knutschen, wenn jemand reinschneit, gibt es doch keinen Grund, warum jemand da was vermuten sollte.
 

parden

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13. April 2014
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Ich muss sagen, Eure Kommentare sind im Grunde unterhaltsamer als das Buch selbst... :D

Da ich auch gestaunt habe über die vollkommen überzeichneten Figuren, habe ich mal ein wenig gestöbert, was Joel Dicker wohl selbst dazu sagt. Ich habe folgende Quellen gefunden:

https://www.srf.ch/kultur/literatur/joel-dicker-fakten-laehmen-die-kreativitaet
Dicker wollte eine starke Protagonistin (Anna Kanner) und sich näher mit der Figurenzeichnung befassen. Annähernd 30 Charaktere stellt er hier vor, die nach seiner Vorstellung alle dem Leser im Gedächtnis haften bleiben sollen. Auf die klischeehafte Ausgestaltung der Figuren angesprochen, antwortete Dicker:
[zitat]
Auch der Joël, der da sitzt und schreibt, hat eben gelegentlich das Bedürfnis zu lachen. Deshalb entwarf ich diesen Ostrowski – zugegeben, sehr überzeichnet. Es gab Momente, in denen der erfolgreiche Autor in mir zur Vorsicht warnte, weil er schon die negative Kritik der Rezensenten vorausahnte.
[/zitat]

https://www.aargauerzeitung.ch/kult...einen-aus-der-sterblichkeit-heraus-134273345#
Hier erklärt Dicker u.a., dass sein Roman zwar krimihafte Züge trägt, aber nicht in letzter Konsequenz ein Krimi ist. Er wollte von den Menschen der kleinen Stadt erzählen, und nicht jede Figur hat auch tatsächlich etwas mit dem Mordfall zu tun. Ihm geht es hier schwerpunktmäßig um den Blick in die Vergangenheit, wo viele der Charaktere etwas erlebt haben, das sie brach. Wenn man dem Autor glauben darf, wusste er zu Beginn des Schreibens selbst nicht, wer denn eigentlich der Mörder war... Und ich glaube, wir können trotz allem zufrieden sein mit der Ausgestaltung des Romans - die urspüngliche Fassung war doppelt so dick und beinhaltete noch 10 weitere Figuren... :cool: