3. Leseabschnitt: S. 160 (Fingerübung) bis S. 241

KrimiElse

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Das Zwischenspiel um den toten Ex-Junkie gefällt mir, Lewinsky zeigt hier unter anderem die schriftstellerische Entwicklung des Stotterers, so denke ich. Einen Sinn im Zusammenhang mit der Geschichte des Stotterers sehe ich allerdings auch hier nicht. Es ist wie die Überschrift sagt eine Fingerübung. wofür?

Und man erfährt, warum er einsitzt: durch einen krassen Zufall, seine Eitelkeit gepaart mit Faulheit. Schön formuliert, dass alle Gefangenen irgendwie aus diesem Grund sitzen...wobei ich persönlich Dummheit nich ganz weit oben auf die Liste setzen würde.

Die zweite Fingerübung ist großartig geschrieben, wenn ich der Protagonistin auch die Frau nicht ganz abnehme. Doch das halte ich für gewollt, denn der Stotterer ist ja ein Betrüger, der sich an Geachichten noch übt. Ein wirklich guter Schriftsteller könnte das sicher besser (Lewinsky garantiert auch). Im übrigen finde ich es sehr gut, dass man das Ende der Geschichte nicht zu lesen bekommt. Erstens gefällt es mir so einfach besser, und zweitens ist es interessant, den Stotterer bei seinen Überlegungen zu den möglichen Varianten zu begleiten.
Interessant übrigens, dass Lewinsky sein Konzept eines Erzählers ohne. Gegenpart auch hier durchzieht, in einem Verhör...wobei er sogar noch einen nicht sprechenden Übersetzer zwischenschaltet. Wie nennt man das stilistisch? Ich habe von so etwas keine Ahnung...

Tja, und dann der Tod des Geistlichen. Das zeigt, mit wem sich der Stotterer eigentlich eingelassen hat. Er kann nicht entkommen, weder ohne noch mit Verrat, denn wenn er aufhört, ist er in jedem Fall fällig. Entweder beim Advokat oder beim Gesetz. Das ist äußerst schlau eingefädelt.

Irgendwie wünsche ich mir aber dennoch langsam einen Gegenpart oder eine Wendung, um ehrlich zu sein. Ich habe mich zwar an den Stil gut gewöhnt, aber mit ganz großem Vergnügen lese ich gerade nicht...
 
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Literaturhexle

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Das Zwischenspiel um den toten Ex-Junkie gefällt mir,
Das freut mich. Ich bin ratlos, was das Soll. Stilistisch sind diese Geschichten leichter zu lesen, allerdings arbeitet er in den ersten beiden mit Elementen des magischen Realismus: würg!
Was sollen diese Geschichten? Zeigen, dass unser Stotterer formulieren kann?
Die zweite Fingerübung ist großartig geschrieben, wenn ich der Protagonistin auf die Frau nicht ganz abnehme.
Aber das ist doch alles sehr dick aufgetragen... kann nichts positives daran finden.
Er kann nicht entkommen, weder ohne noch mit Verrät, denn wenn er aufhört, ist er in jedem Fall fällig. Entweder beim Advokat oder beim Gesetz.
Das ist derzeit das einzige, was mich noch vage interessiert: wo führt das hin? Welches Ende hat der Autor vorgesehen?

Ich sehe keine Entwicklung in der Geschichte. Der unsympathische Protagonist schwadroniert im Tagebuch, im Brief, in einer Fingerübung. Nach wir vor hält er sich für den Besten, nur vor dem Advokaten hat er Manschetten. Es nervt mich nur, ich will nur fertig werden. Das Buch vereinigt alles, was ich nicht mag.
aber mit ganz großem Vergnügen lese ich gerade nicht...
Das ist mir ein wirklicher Trosto_O
 

Literaturhexle

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Um nicht nur Negatives aufzulisten: die Grundidee, einen Mann mit Sprachfehler mit einem guten Gefühl für das geschriebene Wort auszustatten, aus dem er dann Profit schlagen und ggf. seine Peiniger foppen kann: das hat was. Aber WIE das hier umgesetzt wird, ist für mich freudlos. Wahrscheinlich hätte ich die Leseprobe lesen müssen, die hätte mich sofort kuriert ;)
 
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KrimiElse

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Ich sehe keine Entwicklung in der Geschichte. Der unsympathische Protagonist schwadroniert im Tagebuch, im Brief, in einer Fingerübung. Nach wir vor hält er sich für den Besten, nur vor dem Advokaten hat er Manschetten. Es nervt mich nur, ich will nur fertig werden. Das Buch vereinigt alles, was ich nicht mag.
Das ist schade für dich...
ich bin immer noch sehr neugierig, wo die Geschichte hinführt. Und das Abschreckende am Stotterer, seine Überheblichkeit und Langeweile, dass er gleichzeitig kriecht wo er muss und doch irgendwie gefallen möchte stört mich nicht allzu sehr. Darum geht es für mich in dem Buch - um Unsympathie und Widerwillen mit der Hauptfigur. Man muss sie nicht verstehen, man ist ihr nicht nahe, es entwickelt sich Abscheu vor der fehlenden Moral. Allerdings gibt es hier handlungsmäßig nicht allzu viel Spannung, und das erschwert das Lesen. Oft ist die Lektüre mit solch widerwärtigen Figuren spannende Nabelschau des Abartigen und Bösen (Ich denke hier z.B. an „Der Tod ist mein Beruf“ von Robert Merle) und man kann trotz der ganzen Unsympathie gar nicht aufhören zu lesen. Hier ist es eben nicht so, und bei mir mischt sich zur Abneigung auch ein bisschen Mitleid...
Aber trotzdem dass ich das alles weiß mag ich Bücher mit mehr Sog auch lieber.
 
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Um nicht nur Negatives aufzulisten: die Grundidee, einen Mann mit Sprachfehler mit einem guten Gefühl für das geschriebene Wort auszustatten, aus dem er dann Profit schlagen und ggf. seine Peiniger foppen kann: das hat was. Aber WIE das hier umgesetzt wird, ist für mich freudlos. Wahrscheinlich hätte ich die Leseprobe lesen müssen, die hätte mich sofort kuriert ;)
aber ich glaube inzwischen, dass die Langeweile auch eine wichtige Rolle spielt. Er schreibt letztlich seinen Roman. Einen Knastroman, beschreibt sich selbst. Irgendwo hatte er geschrieben, wie langweilig das für die Leser wäre. Tja, ich bin der Leser...
 

Literaturhexle

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Irgendwo hatte er geschrieben, wie langweilig das für die Leser wäre. Tja, ich bin der Leser...
Genau. Das meinte ich: es führt nirgends hin. Keine Entwicklung, kein Spannungsbogen.
Ich brauche auch nicht unbedingt eine Identifikationsfigur oder einen sympathischen Protagonisten. Aber mir fehlt hier das Interesse an seinen Erzählungen. Noch schlimmer ist für mich dieser flapsige Stil. Ich wiederhole mich.
Wir haben schon einmal ein Buch gelesen mit einer ähnlich eingebildeten Hauptperson:
Buchinformationen und Rezensionen zu Der Weg nach Los Angeles von John Fante
Kaufen >
 

KrimiElse

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Genau. Das meinte ich: es führt nirgends hin. Keine Entwicklung, kein Spannungsbogen.
Ich brauche auch nicht unbedingt eine Identifikationsfigur oder einen sympathischen Protagonisten. Aber mir fehlt hier das Interesse an seinen Erzählungen. Noch schlimmer ist für mich dieser flapsige Stil. Ich wiederhole mich.
Wir haben schon einmal ein Buch gelesen mit einer ähnlich eingebildeten Hauptperson:
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Ich weiß, was du meinst, und ich werde heute auch erst mal nicht weiter lesen. Ich brauche etwas Abwechslung dazwischen.
Von John Fante habe ich noch gar nichts gelesen...
 

Literaturhexle

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Ich weiß, was du meinst, und ich werde heute auch erst mal nicht weiter lesen. Ich brauche etwas Abwechslung dazwischen.
Auf die Idee bin ich gar nicht gekommen! Je schlechter das Buch, umso schneller will ich es erschlagen :)
Aber in 5 Tagen läuft die Glocke von Lars Mytting ab. Das ergreife ich jetzt, liest sich weit angenehmer. Danke für den Tipp und Gute Nacht!
 
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ulrikerabe

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Bei den Fingerübungen bin ich auch etwas ratlos, was sie mit dem rest der Geschichte zu tun haben. Mit der ersten konnte ich nicht viel anfangen. Die zweite fand ich mit der Wendung zum Schluss ganz originell. Und die dritte ist mir zu übersteigert. Ich komme auch mit der Persoektive nicht ganz klar: Ein Mann (Lewinsky) lässte inen Mann (Stärckle) in die Rolle einer misshandelten Frau schlüpfen. Dass hier aber auch der Monolog ohne Gegenrede beibehalten wurde fand ich konsequent.
 
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Ein wirklich guter Schriftsteller könnte das sicher besser (Lewinsky garantiert auch). Im übrigen finde ich es sehr gut, dass man das Ende der Geschichte nicht zu lesen bekommt. Erstens gefällt es mir so einfach besser, und zweitens ist es interessant, den Stotterer bei seinen Überlegungen zu den möglichen Varianten zu begleiten.
Dem schließe ich mich an. Es ist ja so, dass hier einer schreibt, wie einer schreibt, wenn er für einen Wettbewerb schreibt. Oder so... :)

Was mir auch ein Schmunzeln entlockt hat, war auf Seite 196: Jeder Mensch sollte nur das tun müssen, was er gut kann. Was allerdings dazu führen würde, dass die meisten Leute arbeitslos wären. Außer man erklärt Vor-dem-Fernseher-sitzen-und-Bier-trinken zum Ausbildungsberuf .

Ich denke, ich bin in meinem Beruf gut, aber ich mache ihn nicht immer gerne. Was ich allerdings wirklich gerne mache, mache ich auch gut, würde aber nicht wollen, davon leben zu müssen, weil ich es sonst vielleicht nicht mehr gerne machen würde.
 

Literaturhexle

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Das hab ich am SUB. "Ganz nett" kann ja jetzt viel heißen :)
Hier hat es dazu eine Leserunde gegeben, dort waren alle sehr angetan, das war vor meiner Zeit hier.
Ich hatte den Roman alleine gelesen. Der Protagonist ist auch ein Unsympath, aber die Geschichte ist stimmig erzählt. Die spielt währende der Rezession in den USA. Ich hätte wohl 4 Sterne vergeben. Das heißt "ganz nett" :D
 

KrimiElse

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Was mir auch ein Schmunzeln entlockt hat, war auf Seite 196: Jeder Mensch sollte nur das tun müssen, was er gut kann. Was allerdings dazu führen würde, dass die meisten Leute arbeitslos wären. Außer man erklärt Vor-dem-Fernseher-sitzen-und-Bier-trinken zum Ausbildungsberuf .
Das ist ein toller Ausspruch, finde ich auch.
 
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Bibliomarie

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Tagebuch, Briefe, Fingerübungen - für jeden scheint der Autor etwas zu schreiben und jedes Mal schlüpft er dabei in einen anderen Stil. Das wirkt gekonnt und gleichzeitig auch sehr routiniert.
Bei den Fingerübungen soll wohl der Leser merken, dass sich hier jemand ausprobiert, sich an Texte und Inhalte herantastet und genau so liest sich das.
Wobei ich den zweiten Text über die misshandelte Frau recht interessant fand. Aber auch diese Fingerübung ist ganz mit Blick auf den Gefängnispastor geschrieben und er hat das Thema Gerechtigkeit wohl ganz berechnend gewählt.

Wie es zu seiner Gefängnisstrafe kam ist wieder ein kleines komödiantisches Schelmenstück geworden. Wie konnte er mit diesem Zufall rechnen, zwei Damen quer durch die Republik getrennt, kennen sich und sprechen über ihre Enkel. Das quietschende Fahrrad wurde ihm zum Verhängnis und ausgerechnet er fiel auf den gefälschten Brief der Polizei herein.
Ironie des Schicksals.

Neugierig bin ich auf die geheimnisvollen Bücher. Ob es wohl wirklich Drogen sind, wie Stärckle vermutet?
 
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Bibliomarie

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Die zweite Fingerübung ist großartig geschrieben, wenn ich der Protagonistin auch die Frau nicht ganz abnehme. Doch das halte ich für gewollt, denn der Stotterer ist ja ein Betrüger, der sich an Geachichten noch übt. Ein wirklich guter Schriftsteller könnte das sicher besser (Lewinsky garantiert auch).

Mir gefällt, wie Lewinsky für die verschiedenen Texte unterschiedliche Schreibweisen findet. Bei den Fingerübungen spürt man Unsicherheit, eben eine Übung.
 

parden

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13. April 2014
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Dieser Roman wirkt wie eine Anthologie, verpackt in eine Gefängnis-Geschichte - um es mal grob auszudrücken... Eine lose Sammlung von Kurzgeschichten, die mir ganz gut gefallen, eingebettet in einen einseitigen Briefwechsel eines Gefangenen an den Anstaltspfarrer. Keine Ahnung, ob uns da noch die große Pointe erwartet? Es liest sich ganz nett, ich finde den Stotterer noch nicht einmal unsympathisch, aber irgendwie lässt er mich einfach gleichgültig. Wenn ihm durch den Advokaten oder seinen Helfershelfern etwas zustoßen würde - so what... Den Humor, der hier immer mal aufblitzt, mag ich aber schon.