Rezension Rezension (4/5*) zu Madame Piaf und das Lied der Liebe

ElisabethBulitta

Bekanntes Mitglied
8. November 2018
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Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Er für mich, ich für ihn, ein Leben lang – la vie en rose.

„La vie en rose“, „Milord“, „Non, je ne regrette rien“ – um nur die Bekanntesten zu nennen: Wer kennt sie nicht, die „Hits“ dieser kleinen, großen französischen Chansonnette?
In ihrer 448-seitigen Romanbiographie „Madame Piaf und das Lied der Liebe“, im März 2019 als Aufbau-Taschenbuch erschienen, nimmt Michelle Marly das Leben dieses französischen Weltstars unter die Lupe. Im Zentrum des Romans stehen die Jahre 1944 bis 1947.
Nachdem Paris von der deutschen Besatzung befreit wurde, beginnen die „Aufräumarbeiten“. Und auch Édith Piaf gerät im Zuge dessen unter den Verdacht der Kollaboration mit den deutschen Besatzern. Während das Damoklesschwert eines Auftrittsverbots über ihr hängt, lernt sie den jungen Yves Montand kennen und lieben. In den ersten Nachkriegsjahren nimmt sie ihn unter ihre Fittiche und protegiert ihn. Zeitgleich reift in ihr die Idee zu einem Chanson, das bis heute ganz Frankreich fasziniert: La vie en rose.
Der Roman ist aufgeteilt in einen Prolog, der das Jahr 1937 schildert, gefolgt von drei Teilen, in denen Édiths Zeit mit Yves Montand im Zentrum steht – bis es einem Auseinanderleben kommt. Der erzählende Teil des Romans schließt endlich mit dem Beginn des Siegeszuges von „La vie en rose“. In einem Nachwort erfahren interessierte Leser/innen Wissenswertes über das Leben von Édith Piaf und Yves Montand sowie die Arbeit der Autorin.
Authentisch und keineswegs beschönigend schildert Marly sowohl das von Versorgungsengpässen gebeutelte Frankreich des letztens Kriegsjahres und der beginnenden Nachkriegszeit als auch das Leben des französischen Künstlerkreises in dieser Zeit, der versucht, sich jenseits der allgemeinen Armut ein neues Leben aufzubauen. Ein wenig schlecht kommt meines Erachtens hier Édith Piaf weg, die eher versucht, den Unwegsamkeiten des Lebens aus dem Wege zu gehen, statt sich ihnen zu stellen: Ihr Leben bildet sozusagen einen Mikrokosmos im großes Weltgeschehen. Immer wiederkehrende, kursiv gedruckte Rückblenden bieten einen Einblick in Piafs Leben jenseits des hier erzählten Zeitraums.
Auch die anderen Charaktere sind zwar genau beschrieben, bleiben jedoch etwas farblos, was ich ein wenig schade finde. Édith Piaf dominiert eindeutig das Geschehen, von Yves Montand indes hätte ich mir mehr „Präsenz“ erhofft, spielt er doch eher eine passive Rolle.
Marlys Sprache ist leicht und schnörkellos, sodass sich das Buch flott lesen lässt. Stellenweise werde Orte und Personen recht ausführlich geschildert, dennoch ist es der Autorin leider nicht gelungen, mich vollends in den Bann zu ziehen und in die vergangene Zeit eintauchen zu lassen: Mir persönlich fehlt es einfach zu sehr an „Tiefe“. Zudem wäre es mir lieb gewesen, ein bisschen mehr über das Verhältnis von Fiktion zur Realität zu erfahren. Hier bleibt alles zu schwammig. Für Leserinnen und Leser, die einfach nur eine schöne Liebesgeschichte lesen wollen, dürfte dieses allerdings kein Defizit darstellen.
Cover und Layout des Buches reihen sich sehr gut ein in die Buchserie „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“, innerhalb der auch dieser Roman erschienen ist. Das Cover lässt die Vierzigerjahre wieder aufleben, Zitate der Piaf im Inneren und eine großzügige Aufteilung lassen das Buch zu einem harmonischen Ganzen werden.
Ich selber habe „Madame Piaf und das Lied der Liebe“ in einem Zug durchgelesen und auch einiges Wissenswerte über die Piaf und Yves Montand, mit denen ich mich vorher noch nie detaillierter beschäftigt habe, erfahren, jedoch ist es Michelle Marly, wie oben schon erwähnt, leider nicht gelungen, mich vollkommen in die Welt der beiden zu entführen. Aufgrund der soliden schriftstellerischen Arbeit und guten Lesbarkeit des Buches gibt es von mir dreieinhalb von fünf Sternen.


 

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