Rezension Rezension (4/5*) zu Ich bringe dir die Nacht von Catherine Ryan Howard.

Mikka Liest

Bekanntes Mitglied
14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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The Liar's Girl

Vor zehn Jahren wurde Alisons beste Freundin Liz ermordet, und ihr Freund Will gestand nicht nur diese Tat, sondern auch die Ermordung vier weiterer Studentinnen. Geschockt und traumatisiert floh Alison, von der Presse als ‘Mörderbraut des Serienkillers’ tituliert, außer Landes und ließ diese Vergangenheit ein für alle Mal hinter sich.

Nur steht die Vergangenheit auf einmal wieder vor ihrer Tür, in Gestalt zweier Dubliner Gardai. In Dublin werden erneut junge Frauen ermordet, auf exakt die gleiche Art wie vor zehn Jahren. Ein Nachahmungstäter – oder hat Will Taten gestanden, die er gar nicht begangen hat? Jedenfalls behauptet Will, wichtige Informationen zu haben, und diese will er nur Alison verraten…

In meinen Augen wartet das Buch nicht mit der atemberaubenden Hochspannung auf, die man gemeinhin von einem Thriller erwartet. Es macht dies aber mit psychologischer Finesse wett, ist sauber konstruiert und kann vor allem mit dichter Atmosphäre punkten.

Es gibt einige interessante Wendungen – inklusive einer raffinierten Wendung innerhalb einer Wendung – und bleibt dennoch glaubhaft, schlüssig und dabei nicht vorhersehbar. Nur ganz am Schluss passiert etwas, das den geübten Leser literarischen Nervenkitzels vielleicht nicht unbedingt überrascht.

Ach, natürlich…

Auch wenn es dem Leser nur selten den Atem raubt, ist das Buch doch ein Pageturner.

Klar ist, es gab im Verlaufe dieses Falls einige Fehlentscheidungen, nicht nur seitens der Polizei. Daher weiß man nicht genau, wem man trauen und was man für bare Münze nehmen kann. Wills Geständnis sollte ja eigentlich alle Zweifel aus dem Weg geräumt haben, stattdessen fragt man sich als Leser ständig: hat er gelogen – und wenn ja, warum?

Die Handlung springt zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her und wird dabei aus mehreren Sichtwinkeln geschildert: Alison, Will und ein namenloser Charakter, hinter dem man den Mann vermuten kann, der die neusten Morde begangen hat.

Die Charaktere sind durchweg gut ausgearbeitet.

Alison erscheint zwar manchmal etwas unreif für ihr Alter, aber das macht durchaus Sinn – die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit haben sie in ihrer Entwicklung gebremst und besonders ihr Verhältnis zu anderen Menschen getrübt.

Besonders interessant fand ich jedoch die zwiespältige Beziehung, die Alison vor zehn Jahren mit ihrer besten Freundin Liz verband, denn die ist auf den zweiten Blick nicht halb so nett, wie sie auf den ersten erscheint… Wie soll man sich als junge Frau fühlen, wenn man auf die beste Freundin wütend ist und diese dann ermordet wird?

Für mich ist der einzige wahre Schwachpunkt des Buches das Motiv.
Wessen Motiv, das möchte ich hier offen lassen, um nicht schon zu viel zu verraten. Aber es erschien mir recht dürftig, da fehlt meines Erachtens eine nähere Begründung und/oder mehr Hintergrundgeschichte.

Zum Serienkiller wird man ja nicht einfach so.

Der Schreibstil ist eingängig und flüssig, und wie schon erwähnt, fand ich ihn sehr atmosphärisch. Er hat jedoch auch seine Schwächen, zum Beispiel wiederholen sich manche Formulierungen sehr oft: Sie rollte mit den Augen, er rollte mit den Augen, Mam rollte mit den Augen, ich rollte mit den Augen.

FAZIT

Vor zehn Jahren wurde der ‘Kanalkiller’, der fünf Studentinnen niedergeschlagen und bewusstlos in den Kanal geworfen hatte, verhaftet und eingesperrt – der erst 19-jährige Will gestand die Taten. Doch nun geschehen erneut Morde, die perfekt in das alte Muster passen… Will behauptet, wichtige Informationen zu haben, will sie aber nur seiner ehemaligen Freundin Alison mitteilen.

Das Buch ist auf eher ruhige Art spannend, aber ich konnte es kaum einmal weglegen. Es hat seine Schwächen, aber im Großen und Ganzen fand ich es sehr unterhaltsam und gut geschrieben.


 

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