Ich habe eins meiner Lieblingsbücher wieder zur Hand genommen. "Nachts unter der steinernen Brücke" ist das letzte Buch von Leo Perutz, erschienen 1953. (Perutz ist 1957 gestorben.) In meinen Augen ist es sein bestes Werk mit einem großen Unterhaltungswert. Erzählt wird in Form von einzelnen, in sich abgeschlossenen Kapiteln das Leben der Juden in Prag um 1600. Dabei gibt es humorvolle Anekdoten und kleine Episoden aus dem Alltagsleben, aber es werden auch politische Ereignisse angesprochen, die sich zu dieser Zeit zugetragen haben. Ein roter Faden verbindet diese Einzelepisoden, zum einen Figuren, die immer wieder - manchmal ganz beiliäufig - auftauchen, zum anderen die Liebesgeschichte zwischen dem böhmischen König Rudolf II. und der schönen Jüdin Esther, die weitreichende Folgen hat.
Perutz war ein Meister des magischen Realismus. Bei ihm weiß man nie, was Wirklichkeit ist und was Traum oder Fantasie. Besonders reizvoll finde ich den Aspekt des Mystizismus, der sich wohl auf die Kabbala stützt und in diesem Buch einen wichtigen Anteil am jüdischen Leben hat.
Und Perutz' Sprache ist einfach vom Feinsten. Ich habe mir fest vorgenommen, alle Bände, die bei mir im Regal stehen, wiederzulesen. Als Nächstes kommt "Meister des Jüngsten Tages" dran.