Rezension Rezension (4/5*) zu Arminuta von Donatella Di Pietrantonio.

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Gelöschtes Mitglied 2403

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Wurzeln

Arminuta, die Zurückgekommene, so wird die Protagonistin des Romans, ein 13-jähriges Mädchen genannt. Sie wurde von den Menschen, die sie aufzogen, mit der Wahrheit konfrontiert, dass sie nicht ihre leiblichen Eltern sind und sie jetzt zu ihren leiblichen Eltern zurückmüsse, weil es der Mutter schlecht geht. Eine Welt bricht zusammen. Wurzeln verschwinden.

Doch nicht nur das, sie muss auch die Stadt verlassen, in der sie bisher lebte, geht in ein entfernteres Dorf, verliert also auch ihre Freunde, ihre bisherige Umwelt, ihre festen Größen. Eine Welt bricht zusammen. Wurzeln verschwinden.

Und auch die Art des Lebens ändert sich schlagartig. Sie hatte in der Stadt in einem recht gut situiertem Umfeld gewohnt, war Einzelkind, besuchte Ballett- und Schwimmunterricht, hatte alles was sie zum Leben braucht. Jetzt in dem neuen zuhause, im Dorf, war sie plötzlich mit drei größeren Brüdern, einer größeren Schwester und einem männlichen Kleinkind konfrontiert, eine große Armut ist spürbar, sie muss lernen ihr kleines bisschen Essen gegen Familienmitglieder zu verteidigen und sie schläft mit ihrer Schwester zusammen in einem Bett, da keines für sie da ist. Das Ganze ist nur etwas schwierig, weil die Schwester noch nächtlich einnässt. Eine Welt bricht zusammen. Wurzeln verschwinden.

Das alles reicht eigentlich einem Menschen das Leben zu zerstören und einen Menschen zu zerstören, und dazu noch einen Menschen, der sich in der Adoleszenz befindet, der ja eigentlich noch viel angreifbarer ist. Aber die Arminuta freundet sich mit dem Mädchen in der neuen Familie an, Adriana. Beide geben sich gemeinsam einen Halt und stärken sich gegen die Widrigkeiten des Lebens. Und nach und nach erschließen sich für Arminuta die Hintergründe für ihre Entwurzelung.

Ein schöner Roman über ein starkes Mädchen, über Zerrissenheit und das Gefühl nirgendwohin zu gehören, und was das mit Menschen machen kann. Und gleichzeitig auch darüber was Stärke und ein Wille schaffen kann. Es ist eine schöne Sprache, die man hier vor sich hat, sie reißt mit und beschäftigt. Sie ist aber nicht mit Gefühlen überfrachtet, die Protagonisten versuchen sich recht pragmatisch durchs Leben zu schlagen. Und man fühlt mit, fiebert mit, ein deutlicher Sog ist spürbar. Ein wirklich schönes Buch.