Rezension Rezension (5/5*) zu Patria von Fernando Aramburu.

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Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Großartig !!!

Ein raffinierter und mitreißender Roman über zwei miteinander befreundete Familien, die durch den Terror der ETA auseinandergerissen werden. Der Roman ist in verschiedenen Zeitebenen geschrieben, er springt von Kapitel zu Kapitel in die verschiedenen Jahre des Geschehens, chronologisch nicht geordnet. Und auch die in der Ich-Perspektive schildernde Person des jeweiligen Kapitels ist immer wieder eine Andere. Im Blickpunkt stehen alle Personen beider Familien, ihre Entwicklung in der Zeit und in den Geschehnissen, für die das Leben so sorgt und ihre Entwicklung durch den Terror. Es ist eine psychologisch sehr durchdachte Entwicklung der Personen zu sehen, die sich als sehr klar gezeichnete Charaktere darstellen. Und der Autor beschreibt das in einem sehr markanten Schreibstil. Oft fehlen Teile von Sätzen, wie unfertig dahingeworfene Bausteine. Aber der Klang der Sprache und die Eindringlichkeit des Geschriebenen erzeugen einen starken Sog. Man kann dieses Buch schlecht weglegen, sich diesem Grauen nicht entziehen. Die Personen gehen einem nahe, auch wenn sie teilweise recht spröde gezeichnet sind, was aber auch die Folge aus den Geschehnissen in ihrem Leben ist.




Die Handlung des Buches befasst sich mit den neun Personen der beiden befreundeten Familien, die in einem baskischen Dorf in Spanien leben. Einmal Txato, seine Frau Bittori und die beiden Kinder Xabier und Nerea. Und auf der anderen Seite Joxian, seine Frau Miren und die drei Kinder Arantxa, Joxe Mari und Gorka. Beide Familien sind von baskischer Nationalität, die erste etwas reicher, haben ein Fuhrunternehmen, die zweite etwas ärmer, sind Arbeiter. Väter wie auch Mütter sind eng miteinander befreundet, auch die Kinder haben gute Kontakte zueinander. Dies ist die Situation bis zum Erstarken der ETA, danach verändert sich die Lage allmählich. Durch Erpressungsversuche, Druck von außen, Diffamierungen, politischem Kalkül, veränderten politischen Überzeugungen verändern sich die Charaktere allmählich, bis es schließlich zum Mord an Txato kommt. Bittori und ihre Kinder verlassen schlussendlich sogar ihr Heimatdorf und ziehen ins nahe gelegene San Sebastian. Danach versuchen die Hauptpersonen mit der neuen Situation zurechtzukommen, die alten engen Freundschaften sind zerbrochen. Es vergehen Jahre, in denen seitens der Hauptpersonen versucht wird zu leben, mit ihrer Geschichte klarzukommen. Mit der Bekanntgabe des Waffenstillstandes durch die ETA verändert sich die Lage erneut. Bittori versucht Licht in die Geschehnisse von damals zu bringen.




Die Personen des Romans sind fein gewebte Charaktere, die in einem Land leben, in dem politische Strukturen mehr und mehr Einfluss auf das Leben dieser Personen nehmen. Man erlebt wie dieser Fanatismus das Leben dieser Charaktere nach und nach vergiftet/zerstört. Der Leser durchlebt dieses Drama mit den Hauptpersonen und sie tun einem leid, man empfindet schließlich eine ganze Bandbreite an Gefühlen für die jeweiligen Charaktere. Dieses Buch/seine Charaktere haben mich extrem berührt, der Autor schafft es bei mir eine sehr reale Welt zu zeichnen, mit allem was Menschen so ausmacht. Ein großartiger Roman von einem großartigen Schriftsteller.




Dieses Buch ist eine Hommage an das Leben und zeigt anschaulich was Nationalismus eigentlich ist und wie zersetzend/zerstörend er wirkt. Gerade in heutigen Zeiten ein sehr zu empfehlendes Buch !!!




Ein Buch das sehr bald ein Preisgekröntes sein wird !!!
Chapeau !!!

 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Dieser Roman wurde bereits im Forum warm empfohlen. Ich hatte überlegt, mir die (leider gekürzte) Hörversion zu Gemüte zu führen.
Doch bei dem, was du über die Zeitsprünge sagst, nehme ich davon Abstand. Das wird beim Nebenbei-Hören oft zu schwierig.

Es gefällt mir übrigens bei deinen Rezensionen, dass du deine Eindrücke voran stellst. So muss man nicht soviel vom Inhalt lesen ;)