Rezension Rezension (4/5*) zu Tadunos Lied von Odafe Atogun.

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Buchinformationen und Rezensionen zu Tadunos Lied von Odafe Atogun
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Kafkaeske Parabel über die Macht der Musik und die Liebe

„Wann immer er spielte, lehrte er seine Bewacher etwas. Er lehrte sie, dass sich die Lebensqualität nicht unbedingt an den Annehmlichkeiten bemisst, die man genießt. Er lehrte sie, dass ein ehrenhaftes, beherztes Leben in einem Kerker fruchtbarer sein kann als ein verlogenes, falsches im Elfenbeinturm. Er lehrte sie, dass ein schönes Lächeln mehr wert ist als ein gepudertes Gesicht. Und er lehrte sie, stets auf das Innere zu schauen und nicht auf das Äußere.“ (S. 127/128)

Im Exil lebende Musiker oder Autoren, deren Musik respektive Bücher in ihrem Heimatland verboten wurden, gab und gibt es (nicht nur) zur Zeit des Nationalsozialismus, sondern auch in der jüngeren Geschichte. Um einen solchen Musiker geht es in „Tadunos Lied“, dem Debütroman des nigerianischen Schriftstellers Odafe Ategun. Er kehrt allerdings aus dem Exil zurück, um seine Freundin aus den Fängen des Diktators zu befreien. Ob es ihm gelingt, sollte der geneigte Leser selber herausfinden :).

Der Schreibstil von Odafe Atogun ist nüchtern und eher „neutral“. So überlässt er es lieber dem Leser, das Verhalten von Taduno oder dem Diktator einzuschätzen und zu bewerten – was (s)einen Teil zu den unterschiedlichen Rezensionen beitragen dürfte. Mich hat die kafkaeske und wunderschöne Sprache dieses Romans gefangen genommen, auch wenn die ersten neun Kapitel und das (bewusst?) schnelle, aber nachdenklich stimmende Ende sicherlich die stärksten des Romans sind, während es in der Mitte einen dramaturgischen Hänger gibt.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Odafe Atogun mit „Tadunos Lied“ ein außergewöhnliches Debüt gelungen ist, welches noch länger nachhallt und 2017 zu meinen Jahreshighlights gehörte!