So, ihr Lieben, nun habe ich den Abschnitt auch komplett gelesen.
Der Erzähler erinnert mich teilweise an das unselige Buch der allertraurigsten Geschichte.
@MRO1975 @Leseglück , musstet ihr auch daran denken, als der Erzähler uns als Leser direkt ansprach?
Der Vater wird uns am Anfang und immer wieder schlecht gemacht, wenn der Erzähler uns an dessen persönlichen Gedanken teilhaben lässt. Er qualifiziert die Fähigkeiten seiner Tochter ab, findet sie unattraktiv und nahezu dumm. Das tut ein normaler Vater heutzutage nicht.
In der damaligen Zeit waren es aber die Schönheit, die Stimme, die Liebenswürdigkeit, was eine Frau auszeichnete und auf dem Heiratsmarkt die Aktien steigen ließ. Insofern tat ein Vater vielleicht auch gut daran, auch das eigene Kind "realistisch" einzuschätzen.
Leider kommen diese Gedanken auch sehr lieblos daher. Man gewinnt den Eindruck, dass Dr Sloper in der Tat keine große Liebe und Zuneigung für seine Tochter empfindet.
Für mich ändert sich dieser Eindruck im letzten Kapitel, als Sloper mit Townsent spricht. Hier übernimmt der Vater eindeutig die Rolle des Beschützers. Er hat seiner Tochter ja Freiheiten zugebilligt, die über das normale Maß der Zeit hinausgehen. Er hält Townsent aber für einen Mitgiftjäger, einen Eindruck, den der junge Mann nicht wirklich zerstreuen kann. Zu schnell treibt er das Verlöbnis voran, zu wenig hat er vorzuweisen.
Wenn Sloper sagt:
[zitat]Lebenslange Hingabe lässt sich nur im Nachhinein beurteilen[/zitat]
hat er schließlich recht.
Der junge Mann bindet im Vorfeld zum Gespräch mit dem Vater die naive Catherine auch an das Versprechen, ihm zu folgen, selbst wenn der Vater ihn ablehnen würde. Das deutet nicht auf ehrliche Absichten hin. Ich kann den Doktor in seiner Sorge sehr wohl verstehen.
Es gefällt mir, dass Sloper die Intelligenz des jungen Mannes durchaus anerkennt. Seine Schwester finde ich indessen fragwürdig: nur um ein spannendes Liebesdrama zu erleben, "verhökert" sie die Nichte und lässt sich vom Bewerber einwickeln.
Ich halte den Erzähler für unzuverlässig. Man darf ihm nicht alles glauben. Er hat uns zu schnell gegen Dr. SLOPER eingenommen. Vielleicht ist der Doktor gar nicht so kalt?
Du meinst also, James führt den Leser bewusst in die Irre?
Um das zu erfahren muss ich wohl weiter lesen