Rezension Rezension (5/5*) zu Midnight Cowboy: Roman von James Leo Herlihy.

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Buchinformationen und Rezensionen zu Midnight Cowboy: Roman von James Leo Herlihy
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Einsamkeit ist zeitlos

Joe Buck ist ein kleiner einsamer Junge. Die ersten Lebensjahre wächst er mit drei Prostituierten auf, von denen wohl eine seine Mutter ist. Mit neun Jahren wird er zu seiner Großmutter Sally verfrachtet, die ihre spärliche Freizeit lieber mit Männerbekanntschaften verbringt, als mit ihrem Enkel. Joe wächst zu einem gutaussehenden jungen Mann heran, aber geht mit den naiven großen Augen eines Kindes durch die Welt. Aus seiner Erscheinung will er Kapital schlagen und so setzt er sich nach Sallys Tod in den Greyhound nach New York, um sich dort für Sex an reiche Frauen zu verkaufen. Doch niemand in New York wartet auf ihn, bis er auf den windigen Gauner Ratso Rizzo trifft.
Midnight Cowboy von James Leo Herlihy ist 1965 erstmals erschienen und jetzt 2018 vom Verlag Blumenbar wieder aufgelegt worden. Von Tennessee Williams gelobt, von John Schlesinger verfilmt hat dieses Buch zurecht Kultstatus. Joe Buck, der sich nach nichts mehr sehnt als Liebe und Freundschaft, kämpft hart ums Überleben. Die Welt um sich herum nimmt er oft nur wirklich wahr, wenn er mit seinem Spiegelbild zu diskutieren beginnt. Joe findet seinen Platz im Leben nicht, hadert mit seiner Bisexualität. Herlihy geht nicht behutsam mit seinen Figuren um, er lässt sie leiden, an Armut, Hunger, Einsamkeit. Joe und Ratso sind ein so ungleiches Paar. Ihre Verbindung geboren aus der Not, wird trotz Elend und ohne Perspektive zu einer echten Verbundenheit.
Über Sex wird in diesem Buch, vor allem für die damalige Zeit, recht unverblümt berichtet. Szenen zwischen Mann und Frau schildert Herlihy sehr freizügig, doch bei homosexuellen Begegnungen gibt es nur Andeutungen. Der Autor, der sich selbst auch nie klar zu seiner Homosexualität bekennen konnte, verarbeite so auch Teile seiner eigenen Lebensgeschichte. Ein Sittenbild der 60er Jahre, das besser nicht gezeichnet werden kann und dabei trotzdem von einer konstanten Zeitlosigkeit.


von: Gabriele Kögl
von: Hervé Le Tellier
von: Alexander Häusser
 

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