Rezension Rezension (4/5*) zu Die Abenteuer der Cluny Brown: Roman von Margery Sharp.

Bibliomarie

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10. September 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Abenteuer der Cluny Brown: Roman von Margery Sharp
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Wo ist Cluny Browns Platz?

Ein rechtschaffender Klempner, der seine Gewerkschaft hinter sich wusste, konnte einem Herzog ins Auge sehen, und ein Müllkutscher, der seine Gewerkschaft hinter sich wusste, konnte einem Handwerker ins Auge sehen. Herzöge hatten freilich gar keine Gewerkschaft und Mr. Porritt fand, dass sie nicht sonderlich selbstbewusst in Erscheinung traten.


Cluny Brown lebt als Waise bei Onkel und Tante. Sie ein frisches, nicht sonderlich hübsches Mädchen, das mit Neugierde in Zukunft schaut und auch die Grenzen ihrer kleinen Welt durchbrechen möchte, Das bereitet ihrem Onkel Sorgen: „Zu wissen wo man seinen Platz hatte war für Arnold Porritt die Grundlage für jegliches zivilisierte, vernünftige Leben. Wenn man sich an seine Klasse hielt, konnte man nichts falsch machen.“

Dazu gehört eben nicht, dass man ins Ritz geht um Tee zu trinken, nur um einmal zu erleben, wie sich das anfühlt. Deshalb wird Cluny auf’s Land geschickt um in einem Herrenhaus als Dienstmädchen zu arbeiten. Aber auch die Welt der Herrenhäuser ist in den 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts aus dem Tritt geraten. Es gibt nicht mehr die Dienstboten, die sich mit kargem Lohn und einem Kämmerchen begnügen, weil das ihre Welt ist und sie nichts anderes mehr kennen.

In Friars Carmel hält man die guten alten Zeiten hoch, was sich in Europa tut, nimmt man nicht wahr und dass Sohn Andrew einen Hausgast mitbringt, der als kritischer Schriftsteller Polen und später Deutschland verlassen musste, ist eher ein exotischer Umstand und eine willkommene Bereicherung des etwas öden Landlebens.

Cluny Brown und der Pole Belinski sind also die Außenseiter auf Friars Carmel, wenn in verschiedenen Bereichen des Landsitzes.

Margery Sharp war englische Erfolgsautorin, ihre Bücher wurden viel gelesen und auch verfilmt. Sie zeichnet ein farbiges Bild der englischen – immer klassenbewussten – Gesellschaft der Jahre zwischen den Kriegen und danach. Dabei bröckelt diese Ordnung schon längst und Sharp dokumentiert das feinsinnig und immer mit ironischem Unterton. Sie ist eine genaue Beobachterin und das spürt man an ihren Protagonisten. Das macht ihre Bücher auch heute wieder lesbar, besonders da der Eisele Verlag ihnen eine neue Übersetzung gönnt.

Die Erfolgsserie „Downton Abbey“ hat viel Interesse an dieser Zeit und diesem Gesellschafts- und Lebenskreis geweckt. „Die Abenteuer der Cluny Brown“ passt dazu.