Rezension Rezension (5/5*) zu Darktown: Kriminalroman von Thomas Mullen.

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Buchinformationen und Rezensionen zu Darktown: Kriminalroman von Thomas Mullen
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Weißen Detectives war eine farbige Tote egal.


Da mich das Buch so begeistert hat, versuche ich hier mal eine andere Form der Rezension.
Fünf Gründe, warum man dieses Buch gelesen haben sollte:
Der Plot
Der Plot ist komplex und einfach spannend: 1948 gehen erstmals Schwarze auf Atlantas Straßen Streife. Mit nur wenigen Rechten ausgestattet, entdecken zwei von ihnen, Lucius Boggs und Tommy Smith, die Leiche einer jungen, farbigen Frau. Doch niemanden scheint der Tod dieses Mädchens zu interessieren, darum begeben sich die beiden selbst verbotenerweise auf die Suche nach dem Mörder. Von allen Seiten werden ihnen dabei Steine in den Weg gelegt.
Der Roman ist von Anfang an spannend zu lesen, sodass ich ihn kaum aus der Hand legen mochte. Am Ende wird der Kriminalfall nicht restlos aufgeklärt, was auf der einen Seite zwar frustrieren mag, auf der anderen Seite aber realistisch ist, ist doch mit diesem Roman die Emanzipation der Afroamerikaner ebenfalls noch nicht abgeschlossen.
Das Thema
Rassismus. Wir alle wissen, dass er bis heute latent weiterbesteht. Thomas Mullen ist es in seinem Werk gelungen, diese düstere Seite der amerikanischen Geschichte auf beeindruckende und ergreifende Weise darzustellen. Nicht nur bei ihren weißen Kollegen, auch bei ihren farbigen Leidensgenossen stoßen die schwarzen Cops dabei regelmäßig auf Widerstände. Einblicke in die Biographien dieser neuen Polizisten, die teils gebildet sind und im Zweiten Weltkrieg auf der Seite der USA ihr Leben aufs Spiel setzten, lassen die hier geschilderten Widrigkeiten umso dramatischer erscheinen. Auch andere Schattenseiten dieses Lebens werden nicht verschwiegen, so z.B. Prostitution und Drogenhandel.
Die Aktualität
Wer glaubt, Rassismus gebe es heute nicht mehr, irrt. Welche Auswirkungen diese Art der Menschenverachtung auf das Individuum und die Gesellschaft früher hatte und auch heute noch hat, wird den Leser/innen bei dieser Lektüre vor Augen geführt. Immer wieder werden Lesende dazu angeregt, das im Roman Erzählte nicht nur mit der Geschichte, sondern darüber hinaus mit der Gegenwart zu vergleichen und Parallelen zu ziehen. Gerade in den letzten Jahren sind Fremdenfeindlichkeit und –hass ja allgegenwärtig, was den Inhalt dieses Buches sehr aktuell erscheinen lässt.
Die Charaktere
Thomas Mullen beschreibt seine Charaktere vielschichtig und lebensnah. Dabei gibt es keine Schwarzweißmalerei, haben doch alle aufgeführten Figuren sowohl gute als auch schlechte Seiten, zumindest lässt sich nach einigem Nachdenken die Motivation für ihr Handeln nachvollziehen. Dieses hat zur Folge, dass die Leser/innen immer wieder dazu eingeladen werden, sich mit den Handelnden zu identifizieren und zu fragen: Wer wäre ich in dieser Geschichte? Hätte ich den Mut, über meinen eigenen Schatten zu springen? Wem stehe ich am nächsten?
Der Stil
Mullens Sprache ist sehr beschreibend, mit einigem Anspruch, aber dennoch flüssig zu lesen. Gerade die beschreibenden Elemente sind atmosphärisch dicht und ziehen Leserinnen und Leser mitten ins Geschehen hinein. Perspektivwechsel unterstützen diesen Prozess.

Insgesamt handelt es sich bei diesem Roman nicht nur um einen einfachen Kriminalroman, sondern um ein wahres Kriminalepos, das zu lesen sich auf jeden Fall lohnt. Es verlangt schon einiges an Konzentration, bietet aber neben Spannung noch einen großartigen Einblick in diese dunkle Epoche der US-amerikanischen Geschichte mit Gegenwartsbezug. Für mich ist dieses Buch auf jeden Fall ein, wenn nicht sogar das Highlight dieses Jahres aus diesem Genre.



 
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