Fonny erfährt von Tish, dass die Hauptbelastungszeugin nach Puerto Rico zurück gegangen ist. Entsprechend verzweifelt ist er. Tish macht sich zunehmend Sorgen um ihren Freund und denkt sogar darüber nach sich zu prostituieren, um an Geld zu kommen. Das hat mich ziemlich schockiert. "Es geht ja nicht bevor das Baby da ist, aber wenn Fonny bis dahin noch nicht raus ist, muss ich es vielleicht versuchen."
Die Fahrt mit der Subway wird von Tish so treffend beschrieben. Ich war vor kurzem in London in der underground Bahn während der rushhour mit vielen fremden Menschen eingequetscht und konnte mich in den Empfindungen von Tish so gut wieder finden.
Überhaupt ist James Baldwin ganz toll darin, die Atmosphäre zwischen Menschen, zwischen einem Liebespaar,, zwischen den Rassen, zwischen den Familienmitgliedern usw. darzustellen. Er kann die subtilen und komplexen Schwingungen zwischen den Menschen gut einfangen. Das ist für mich das Besondere an James Baldwin.
Ernestine erklärt Tish welche Stategien sie sich überlegt hat, um Fonny frei zu bekommen. Sie wollen ihre Mutter überreden, nach Puerto Rico zu fahren. Sie will Officer Bells Ansehen in Frage stellen. Sie weiß, dass dieser Polizist nach Manhattan strafversetzt wurde weil er einen zwölfjährigen farbigen Jungen getötet hat.
Jeder tut das was er am besten kann, um Fonny zu helfen. Jeder passt auf den anderen auf. In Tishs Familie gibt es einen wunderbaren Zusammenhalt. Man spürt beim Lesen die Liebe zwischen den Familienmitgliedern. Das ist ein schöner Gegensatz zu der Härte und Lieblosigkeit der rassistischen Gesellschaft in der sie leben müssen (schade nur, dass die beiden Väter zu illegalen Mitteln greifen um Geld zu verdienen).
Auf S. 134 beschreibt Tish wie sie die ersten Kindsbewegung empfindet. Ich habe das noch nie so schön beschrieben gelesen...und das geschrieben von einem Mann. " etwas, das so schwer zu erhaschen war wie ein Flüstern in einem rappelvollen Raum, so leicht und so klar wie eine Spinnwebe..."
In dem Abschnitt erfahren wir mehr zu der Vorgeschichte von Bells Hass auf Fonny. Tish erzählt von einer sexuellen Belästigung in einem Gemüseladen. Sie wollte verhindern, dass Fonny den Angreifer ("ein kleiner, schmieriger italienischer Junge") niederschlägt, da sie einen Polizisten (Bell) in der Nähe weiß. Prompt will Bell Fonny verhaften aber die Chefin des Gemüseladens verhindert das durch ihre Aussage. Das wiederum empfindet Bell als Demütigung.
"Weiße Männer haben es gar nicht gern, wenn eine weiße Lady ihnen sagt, ihr seid ein Haufen Arschlöcher, und der schwarze Typ hat recht, und leckt mich am Arsch."
In der Nacht nach dem Vorfall wurde Tishs Kind gezeugt.
Tishs Mutter fliegt nach Puerto Rico. Hier gehört sie plötzlich zur privilegierten Schicht. Sie ist die "nordamerikanische Lady."
Ihre Bemühungen, die Hauptzeugin oder deren Freund zu einer Änderung ihrer Aussage zu bewegen sind erst mal nicht erfolgreich. Das finde ich sehr nachvollziehbar und realistisch.
Zuletzt beschreibt Tish eine Begegnung mit dem Polizisten Bell. Sie sieht seine kalten Augen, seine eisige Boshaftigkeit. "Diese Augen blicken nur in die Augen von besiegten Opfern. In andere Augen können sie nicht blicken."
Wir erfahren auch (was man schon ahnt) warum Daniel durch den Gefängnisaufenthalt so traumatisiert ist. Er hat Vergewaltigungen gesehen und wurde auch selbst vergewaltigt.
Genau an der Stelle, als das klar wird, kommt der Satz: "Dann klopften sie an die Tür."
Wir als Leserinnen können uns nun gut vorstellen, was Fonny im Gefängnis erwartet. Das ist von James Baldwin sehr geschickt aufgebaut finde ich.