Rezension Rezension (4/5*) zu Der Blumensammler: Roman von David Whitehouse.

parden

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13. April 2014
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49
Niederrhein
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Lebensgeheimnisse...

New York, 1983. Als Peter Manyweathers in einer Bibliothek einen alten Brief entdeckt, weiß er noch nicht, dass er gerade das größte Abenteuer seines Lebens in den Händen hält. Sechs seltene Blumen sind in dem geheimnisvollen Brief notiert. Sechs Blumen, die so unvergleichlich sind, dass Peter Manyweathers für sie um die ganze Welt reisen wird.

Peter Manyweathers hat weder ausgefallene Hobbys noch abenteuerliche Phantasien. Doch dann fällt ihm zwischen den Seiten einer Enzyklopädie ein alter Brief mit den seltensten Blumen der Erde in die Hände, und mit einem Mal erwacht sein Entdeckergeist. Stück für Stück taucht er ab in die sonderbare Welt der Blumen, und als sich die Nachricht verbreitet, dass die geheimnisvolle Udumbara in voller Blüte in China entdeckt wurde, begibt er sich auf eine Reise, die ihn rund um den Kontinent führen wird. Drei Jahrzehnte später wandelt Dove Gale fasziniert auf den Spuren des Blumensammlers. Es sind Erinnerungsfetzen, die dem jungen Mann aus dem Leben von Peter Manyweathers erzählen. Doch weshalb besitzt Dove die Erinnerungen eines anderen und was verbindet die beiden Männer?

Was haben ein Professor für Ozeanografie, der Besitzer einer Ein-Mann-Putzfirma und ein junger Mann mit einer Tätigkeit in einer Annahmezentrale für Notrufe miteinander zu tun? Nichts. Richtig. So will es zumindest scheinen, und entsprechend verwirrt irrt der Leser durch die ersten Seiten dieses Romans, auf denen genau diese drei Personen eingeführt werden.

Professor Cole, der durch einen Stromausfall in seinem kleinen U-Boot mitten im Ozean zu ersticken droht, Peter Manyweathers, der seinen Hang zur Reinlichkeit zum Beruf gemacht hat und Dove Gale, der sein Journalismus-Studium an den Nagel gehängt hat und seither Notrufe für Rettungsdienste annimmt. Dabei begegnen wir Peter Manyweathers gar nicht direkt, sondern in den merkwürdigen Erinnerungen Doves, die gar nicht die seinen sind, sondern sich ihm mit unerträglichen Kopfschmerzen aufdrängen. Es sind die Erinnerungen eben jenes Peters von vor dreißig Jahren, als der zufällig in das größte Abenteuer seines Lebens schlitterte. Er folgte der Spur der Blumen - und der Liebe.

Hört sich schräg an? Ist es auch, und doch nimmt einen die Geschichte schnell gefangen, erwacht die Neugier, will man wissen, wie zum Teufel das hier alles zusammenhängt und worauf das ganze letztlich hinausläuft. 'Das kann nicht sein', mag sich der ein oder andere Leser im Verlauf der Erzählung denken, und ja, nicht alles erscheint wahrscheinlich. Aber unter der Prämisse, dass David Whitehouse hier ein modernes Märchen verfasst hat, kann man doch eintauchen in diese besondere Geschichte, die warmherzig, poetisch, wortgewaltig und voller Bilder daherkommt.


"Genau in diesem Moment brach der Mond aus einem violett glühenden Wolkenwirbel hervor und ließ das Feld bis in seine hintersten Ecken in einem hellen Licht erstrahlen. Und nun sahen sie es - einen Teppich aus zarten weißen Blüten, der sich vor ihnen ausbreitete, als wäre er die ganze Zeit schon dort gewesen, wie Schnee, der über Nacht fällt, während man tief und fest schläft. Die Kadupul. Die Königin der Nacht. Die Schönheit im Licht der Sterne..." (S. 171)


Eine große Besonderheit in diesem Roman sind die Blumen, denen Peter Manyweathers hinterherreist, seltene Blumen, die kaum einmal blühen, die versteckt und nahezu unentdeckt leben, und die nur sich selbst gehören. Blumen wie die Gibraltar-Lichtnelke, die schafsfressende Pflanze oder die Todesblume beispielsweise, schwer zu finden, aber doch von einer ganz einzigartigen Faszination für Peter, der herausfinden will, welche Metaphern aus dem gefundenen Liebesbrief sich dahinter verbergen, um so selbst womöglich hinter das Wesen der Liebe zu kommen.

Diese Faszination Peters für die Blumen überträgt sich fast unmerklich auch auf den Leser, so dass es mich zumindest drängte, bei jeder neuen Pflanze, jedem neuen Fundort erst einmal nachzuforschen, zu googeln, um ein tatsächliches Bild vor Augen zu haben. So war es fast, als reiste ich mit, quer durch die Welt, ohne dabei die Widrigkeiten selbst in Kauf nehmen zu müssen , die Peter meistern musste. Aber auch die anderen Handlungsstränge waren spannend zu lesen, und ganz allmählich verwoben sie sich miteinander, liefen aufeinander zu und offenbarten schließlich in vollkommener Klarheit ihren Zusammenhang. Märchenhaft, sicherlich. Aber auch berührend und einfach schön.

Für mich ein besonderer Roman, für den ich eine Empfehlung ausspreche - für alle, die sich einfach mal überraschen und bezaubern lassen möchten, die es genießen, sich durch eine Geschichte tragen zu lassen und die vielleicht auch an das Märchenhafte im Leben glauben können oder wollen.


© Parden