Warum werden Krimis und Thriller immer bestialischer und was sagt das über uns Leser?

InFo

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9. August 2015
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Alle eure Beispiele haben eines gemeinsam: die Gewalt ging nicht von den Massen aus, sondern immer von Einzelnen, die die Massen für sich genutzt/manipuliert haben. Wenn man aber mit Gewalt in jedweder Form aufwächst wird sie normal. Deswegen stört sich auch kaum einer daran.

Aber @ManfredsBücherregal hat schon recht. Das eine schließt das andere nicht aus. Wobei sich die Sichtbarkeit mit mehr Angebot schon fast wieder relativiert :)
 
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supportadmin

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29. Oktober 2013
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"Unterhaltende Gewalt" in Büchern oder Filmen bedient noch lange nicht das Bedürfnis nach tatsächlicher Gewalt.
Sicher gibt es auch gewaltbereite Menschen, die besonders gerne gewalttätige Bücher lesen.
Bei den meisten sicher nicht.

Genau wie Amokläufer sicher genauso gerne Egoshooter spielen wie Millionen anderer Menschen auch, die danach nicht
losziehen und um sich ballern.
Bei Millionen ist das bestimmt so. Aber es gibt halt die fünf unter einer Million, für die das der Tropfen sein kann, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Wie gesagt, das ist nur eine Vermutung, aber ich meine, dass es vor 15 Jahren nicht so viele Amokläufe gegeben hat. Als ich zur Schule gegangen bin gab es das nicht, dass jemand mit Sturmgewehr in eine Schule rennt und 20 Leute umballert, @Sonja Rüther , @Kassandra
 
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Sonja Rüther

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21. April 2015
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Menschen mit gewissen Neigungen bedienen diese, egal wie groß oder klein das Angebot ist. Dass vermehrt Amokläufe passieren oder Gewalt zunimmt, ist eher ein gesellschaftliches Problem, das mit Vereinsamung, Vernachlässigung, Mobbing oder Überforderung zu tun hat. Wir sind zu einer Leistungsgesellschaft geworden, in der Kinder stören und Anerkennung und Bestätigung eher in sozialen Netzwerken stattfindet.
Ich glaube nicht, dass die Römer nach Gladiatoren-Kämpfen mordend durch die Straßen gezogen sind, oder irre ich mich da?

So wie kein rechtsradikales Gedankengut gedruckt werden darf, sollte auch genau abgewogen werden, ab wann fiktive Geschichten eher perverse Gewaltfantasien sind, die auf dem Markt nichts zu suchen haben. Die meisten Verlage leisten dabei sehr gute Arbeit, findet ihr nicht?
 
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Klara Bellis

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23. März 2014
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Vielleicht passt das zum Thema. Bei Amensty International gibt es ein schönes Interview samt anschaulich aufgearbeiteten Statistiken zum Thema Mord und Totschlag, Hinrichtungen, Kriegstote etc. vom Mittelalter bis heute. Es ist eine extrem steil abfallende Kurve bei diesen Dingen zu beobachten. Anscheinend werden wir immer friedlicher und netter. http://www.amnesty.de/journal/2015/dezember/herr-pinker-rechnet-mit-frieden?destination=node/1344

@Sonja Rüther : Es scheint auch Verlage zu geben, die gezielt solche Geschichten veröffentlichen. Wobei das dann eher in den "Horror" (Splatter?)-Bereich geht. In der großen Lesergruppe, in der ich ab und zu unterwegs bin, wird da von den zumeist jungen und weiblichen Leserinnen oft von den Veröffentlichungen des Festa-Verlags geschwärmt.
 
Zuletzt bearbeitet:

Kassandra

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19. Mai 2015
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Dass vermehrt Amokläufe passieren oder Gewalt zunimmt, ist eher ein gesellschaftliches Problem, das mit Vereinsamung, Vernachlässigung, Mobbing oder Überforderung zu tun hat. Wir sind zu einer Leistungsgesellschaft geworden, in der Kinder stören und Anerkennung und Bestätigung eher in sozialen Netzwerken stattfindet.I
Ein weiterer Grund könnte darin liegen, dass man es vermehrt "mitbekommt". Durch die Entwicklung der modernen Medien wird mehr (auch über Katastrophen und Unglücke) berichtet, gestreamt und dergleichen. Aber es wird dann auch viel nur "nebenbei" von dem Nutzer aufgenommen, der nicht die Zeit oder die Lust hat sich länger damit zu beschäftigen.
 

Sonja Rüther

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21. April 2015
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Splatter und Horror ist ja okay. Wer's mag und sich gerne ekelt oder gruselt, kommt dann eben auf seine Kosten. Ich meine eher die Art von Texten, in denen Dinge beschrieben werden, die definitiv gegen den "guten Geschmack" verstoßen. Detaillierter Kindesmissbrauch, um mal ein Beispiel zu nennen, mit dem jeder etwas anfangen kann.

Ich war mal in einem bekannten Autoren-Forum unterwegs, in dem es einen geschlossenen Bereich für Texte ab 18 gab. Da beschrieb ein Autor in seiner Kurzgeschichte ziemlich perfide und einzig darauf Fokussiert, wie eine Frau vergewaltigt und ermordet wurde. Er wurde von den anderen niedergemacht und in der Luft zerrissen. Ich fand weder den Text okay noch den Umgang der User mit dem Autoren. Zur gleichen Zeit veröffentlichte dort ein anderer Autor ein ekelhaftes Gedicht über den Missbrauch einer Totgeburt. Der Verfasser war ein langjähriges, aktives Mitglied, der von den gleichen Leuten für seinen Mut und die Umsetzung hoch gelobt wurde. Daraufhin habe ich mich dort abgemeldet und die Seite nie wieder angeklickt. Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten sollte, egal wie sehr man sich mit künstlerischer Freiheit rausredet.

Ähnliches erlebte ich, als ich mit meiner damaligen Schreibgruppe ein Video von einer alten Lesung schaute. Eine Autorin las eine Geschichte vor, wie ein Mädchen einem Pädophilen in die Falle ging und nach dem Missbrauch ermordet wurde. Keine sonstige Handlung, der Täter kommt davon. Die Diskussion über Kunst und was man alles dürfe, ist mir heute noch lebhaft in Erinnerung geblieben. Die Autorin wurde im Video beklatscht, in der Schreibgruppe spaltete sich das Lager ;-)
 

InFo

Autor
9. August 2015
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Ein sehr interessanter Artikel! Irgendwie nehme ich die Diskussion jetzt anders wahr. Ich denke am Ende ist eines wichtig: solange die Menschen Fiktion und Realität vernünftig auseinanderhalten, sollen sich die Geister austoben. Mal schauen, wer den ersten humoristischen Psychothriller schreibt :)
 

Klara Bellis

Autor
23. März 2014
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Vielleicht ist es für die Leser auch eine Art Mutprobe, so was zu lesen. Ich beobachte das gerade bei dem von mir weiter oben angedeuteten Kurzroman/Erfahrungsbericht zu Kindesmissbrauch und Sadismus. Es verbreitet sich derzeit fast wie ein Lauffeuer in der Büchergruppe, in der ich öfter mal reinschaue. Es erinnert mich seltsamerweise an das Regenwurm- und Spinnenküssen, was Kinder in einem gewissen Alter manchmal machen.
 

ManfredsBücherregal

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15. April 2014
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Vielleicht ist es für die Leser auch eine Art Mutprobe, so was zu lesen. ..Es erinnert mich seltsamerweise an das Regenwurm- und Spinnenküssen, was Kinder in einem gewissen Alter manchmal machen.

@Klara Bellis genau diesen Gedanke hatte ich auch. Ich weiß noch in meiner Schulzeit waren es damals die Zombiefilme die man gesehen haben mußte.
 

Sebastian

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18. April 2014
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Ich denke auch, dass das einfach der heutige Zeitgeist ist. Man ist durch die Medien ohnehin schon mehr gewohnt, als es frühere Generationen sind und das schlägt sich natürlich auch in der Literatur nieder. Ich denke allerdings nicht, dass Thriller insgesamt härter geworden sind, durch die größere Zielgruppe schreiben wohl aber mehr Leute den blutigeren Stoff. Nicht dass ich böse drum wäre, ich mag meine Bücher ohnehin etwas deftiger.
 

Lucaferraro

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17. Dezember 2015
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Ich fürchte ja, dass diese Diskussion eine Art Generationenkonflikt beschreibt. Ich erinnere mich noch ziemlich gut an einen Kinobesuch: Irgendein Action-Thriller, in dem jemand von einem Riesenkanister Säure übergossen wurde. Die Zersetzung des Körpers war so ekelhaft, dass ich es kaum aushalten konnte. Die (ziemlich jungen) Jugendlichen in der Reihe vor mir haben gejohlt. Ich habe kürzlich Ross MacDonald wiederentdeckt - herrlich altmodisch und verdammt gut. Aber ich denke mal, wenn wir die heute 20jährigen überhaupt noch zum Lesen "verführen" wollen, dann muss es halt richtig knallen, bis zum (für manche) schwer Erträglichen. Vielleicht schlägt das Ganze irgendwann noch mal um. Wenn die Sättigung mit Splatter übergroß geworden ist, und die Aufmerksamkeit für feinere Nuancen wiederkommt ... nix dagegen.
 
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Sylli

Gast
Heutige Thriller brauchen Blut kübelweise.
Leider haben sie's, brauchen täten sie's ja nicht unbedingt. Aber vielleicht ist es so wie mit Medikamenten, die heute auch im Übermaß konsumiert werden. Wenn es noch wirken soll, muss die Dosis erhöht werden, beim Thriller eben die Dosis an Blut und Grausamkeiten, sonst fehlt der "Kick".
So ist es ja auch bei Filmen und sogar im Sport. Höher, schneller, weiter ... sonst macht's ja keinen Spaß - sagt die "Fun-Gesellschaft".