Im Roman wird es aber teilweise so dargestellt, als ob sich in dieser Hinsicht seit dem späten Mittelalter nichts geändert hätte.
Genau, das stößt mir auch immer wieder sauer auf...
Im Roman wird es aber teilweise so dargestellt, als ob sich in dieser Hinsicht seit dem späten Mittelalter nichts geändert hätte.
Es kann natürlich sein, dass eine Beschneidung im Mannesalter weit blutiger und gefährlicher ist? Es wird ja in den Dialogen so getan, als solle das ganze gute Stück abgeschnitten werden.
Dem Zukünftigen der Tochter vorzuschlagen zu konvertieren, um zu prüfen, ob er den Glauben ernst nimmt ist eine Sache, die Beschneidung in allen Facetten zu diskutieren, war mir dann eindeutig zu viel. Vielleicht habe ich aber nur den falschen Blickwinkel, und mir entgeht etwas wichtiges, da ich das Original nicht kenne.
Der Rest der Geschichte wirkt etwas künstlich drumherum gestrickt, damit die Adaption noch aufgeht.
Dieser Stellvertreter-Beschneidung ist wirklich nicht schlüssig. Außerdem macht dieser Eingriff auch keinen Juden aus einem Menschen. Es wurde aber gleichgesetzt. Das ist schon sehr holprig...Das finde ich so merkwürdig, denn warum sollte Strulovitch die Vorhaut von jemand anderem als dem Liebhaber seiner Tochter haben wollen?
Für mich bleibt der Roman weiterhin sperrig und schwierige Lesekost, was meines Erachtens auch an folgendem liegt:
Jacobson übernimmt nicht nur viele Elemente aus dem Stück und ordnet sie für mich nicht unmittelbar einleuchtend und verständlich an, er verweigert dem Leser auch sehr weitgehend die Hilfestellung und Sinngebung durch einen Erzähler, der Haltung und eine klare Rolle hat. Dies ist ja eigentlich ein wesentlicher literarischer Unterschied zwischen Drama und Prosa: die Zwischenschaltung eines Erzählers in der Prosa, der Position und Haltung zu den Figuren bezieht und den Leser damit konfrontiert und sich auseinandersetzen lässt, während im Drama der Leser mit reinem Dialog/Monolog und ganz neutralen Bühnenanweisungen auskommen muss. Deshalb ist es so viel schwerer, sich lesend die Welt eines Dramas zu erschließen und macht die Arbeit von Regisseuren und Schauspielern so wesentlich. Hier im "Shylock" schreibt Jacobson anscheinend einen Roman, verzichtet aber sehr weitgehend auf die Sinngebung eines Erzählers. Wir lesen fast ausschließlich Dialoge und die recht seltenen Erzählstücke dazwischen sind äußerst neutral und lassen keinen Erzähler mit einer beschreibbaren Haltung erkennen. Es handelt sich also hier für mich um einen sehr dramenhaften Roman, der so viel auch von der technischen Struktur des Shakespeares behalten hat. Dass das vom Autor bewusst so gemacht ist, verdeutlicht für mich auch vor allem Seite 259, wo auf einmal irgendwie ein "Fünfter Akt" beginnt - mitten in einem Roman!?!
Das Lesen von Dramen hat mich schon in meinem Literaturstudium an meine Grenzen gebracht und hat nur ganz selten das geschafft, wodurch für mich Literatur ihren Reiz erhält, nämlich Bilder im Kopf schaffen. Dafür brauche ich die Bühne oder eben irgendwie die Vermittlung eines Erzählers, der wirklich eine Geschichte erzählen will. Diese Vermittlung fehlt mir nun auch in diesem Roman und so war die Lektüre für mich bis zum Ende eher quälend. Aber dazu dann mehr im Fazit.
Das entspricht genau den Hoffnungen, die ich hatteAber vielleicht reißt das Ende es noch etwas raus und einiges wird deutlicher.
In diesem Abschnitt wird deutlich, dass D'Anton und auch Plury richtig gehende Antisemiten sind. Schrecklich, ihre Schimpfworte für die Juden. Für die Dynamik des Romans ist das wohl notwendig, denn die Gegnerschaft Strulovitch/D'Anton muss sich zuspitzen können.
Für mich bleibt der Roman weiterhin sperrig und schwierige Lesekost, was meines Erachtens auch an folgendem liegt:
Das Lesen von Dramen hat mich schon in meinem Literaturstudium an meine Grenzen gebracht und hat nur ganz selten das geschafft, wodurch für mich Literatur ihren Reiz erhält, nämlich Bilder im Kopf schaffen. Dafür brauche ich die Bühne oder eben irgendwie die Vermittlung eines Erzählers, der wirklich eine Geschichte erzählen will. Diese Vermittlung fehlt mir nun auch in diesem Roman und so war die Lektüre für mich bis zum Ende eher quälend. Aber dazu dann mehr im Fazit.
Liebe Leute,
ich oute mich, ich komme mit der ganzen Lektüre nicht klar und werde abbrechen. Ich habe das Gefühl, in einem Deutsch LK zu sitzen, und gräme mich mit einer Lektüre, die mich an eine der damaligen Schullektüren erinnern lässt. Seid mir nicht böse, aber ich habe es versucht. Es sperrt sich innerlich in mir. Sicher liegt es auch daran, dass ich zu spät in die Leserunde zugestoßen bin, aber früher ging es bei mir aus verschiedenenen Gründen zeitlich nicht. Ich weiß, und ihr habt euch auch alle durch den Text durchgekämpft, und ich finde es auch alles super, was ihr geschrieben habt. Ich wünschte, ich hätte mit euch angefangen.
Ich werde aber trotzdem eine kleine Rezi schreiben, denn bis Seite 163 bin ich gekommen.
LG, Momo
Lass dir ruhig Zeit damit. Der Link auf unsere Rezensionen ist bereits beim Verlag, der sich im Übrigen über die ehrliche Kritik an diesem Buch freut.Ich hänge immer noch im dritten Abschnitt, *seufzt*. Mehr als ein Kapitel auf einmal ist einfach nicht drin, sorry. Ich gebe nicht auf, versprochen, aber es wird wohl noch etwas dauern. Ich hinke ja sowieso schon sträflich hinterher, aber ich muss zwischendurch einfach auch anderes lesen, sonst verliere ich die Lust vollkommen...
Ja, das stört mich an diesem Roman auch gewaltig. Die Sexualisierung (unterschwellig immer gegeben) der Vater-Tochter-Beziehung. Ein Aspekt, den ich überhaupt nicht mag.Beatrice hat nun Sehnsucht nach ihrem Vater. Sie merkt, dass sie sich in niemanden anderen als ihren Vater verlieben kann.
Das ist aber doch nur ein Teilaspekt. Bei den Gesprächen von Strulovich und Shylock beispielsweise kommen die Vorurteile gegen Juden doch ständig auf den Tisch, andersherum wird die Denkweise Juden über Christen auch deutlich - die einen sind 5000 Jahre alt und haben das entsprechende Wissen, die Christen können wenn überhaupt einen einzigen Gedanken gleichzeitig haben. Der Autor spielt hier mit Vorurteilen hüben wie drüben und auch mit Denkweisen der einen gegenüber den anderen...In diesem Abschnitt wird deutlich, dass D'Anton und auch Plury richtig gehende Antisemiten sind. Schrecklich, ihre Schimpfworte für die Juden.
Die ganzen Stereotypen, der Antisemitismus, die Bedeutung der Beschneidung - da habe ich auch das Gefühl, dass das nicht mehr in unsere Zeit passt. Im Roman wird es aber teilweise so dargestellt, als ob sich in dieser Hinsicht seit dem späten Mittelalter nichts geändert hätte.
Da gibt es nichts hinzuzufügen, das trifft mein Empfinden absolut...Ich muss zugeben, der Roman fordert mich, vielleicht überfordert er mich sogar. Aber wenn man ein Literaturstudium braucht um die Intention des Autors zu verstehen, muss ich passen.
Auch da kann ich nur zustimmen...Auch ich habe bisher keine Freude am Lesen von Dramen gehabt, meine Erfahrungen beschränken sich allerdings auf die Schulzeit.
"Shylock" war wohl eine Auftragsarbeit im Rahmen des Hogwarth Projektes und keine reine Inspiration des Autors. Vielleicht kommt daher auch das Holprige? Mir kommt er wie ein Kunstroman vor, für breite Leserschichten nicht geeignet.
So habe ich das auch empfunden. Hier kriegt jeder sein Fett weg, egal, ob Jude oder Christ.Der Autor spielt hier mit Vorurteilen hüben wie drüben und auch mit Denkweisen der einen gegenüber den anderen...