Rezension Rezension (5/5*) zu Durst von Jo Nesbø.

KaratekaDD

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13. April 2014
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Neustrelitz
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Buchinformationen und Rezensionen zu Durst von Jo Nesbø
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Harry Hole ist wieder da


Er hat es wieder getan. Er konnte es nicht lassen. Hätte er sich was anderes einfallen lassen sollen? Hat er ja eigentlich, als er mit DER SOHN oder mit BLOOD AND SNOW auf den Büchermarkt kam. Aber trotzdem: H.H. lässt den Autoren, der ihn erfand, und die Leser wohl nicht los.

Wie gefährlich ist Partner-Dating durch das Internet? Was kann ein Dozent an der Osloer Polizeihochschule zu den Ermittlungen im Fall eines nicht so sehr unbekannten Serientäters beitragen? Befragen wir Jo Nesbø und Harry Hole...

Ja es stimmt, der ehemals ziemlich abgehalfterte Spezialist für Serienmorde, der trockene Alkoholiker Harry Hole ermittelt wieder. Familiär hat sich wohl einiges zum guten gewendet: Sohn Oleg, in DIE LARVE noch mit Drogen erwischt, studiert inzwischen selbst an der genannten Hochschule, Rakel, seine Mutter, ist inzwischen Harrys Frau. So weit so gut...

Auch die anderen sind noch mit von der Partie: Katerine Bratt leitet die Mord-Ermittlungsgruppe, Björn Holm ist der Kriminaltechniker, der korrupte Truls Berntsen mischt Dreck unter den Lehm und Mikael Bellmann soll eventuell Minister werden. Dann sind da noch ein neuer junger Kollege, eine Hämatologe und zwei Psychologen.

Die Morde erfolgen ziemlich vampiristisch. Da gab es mal in Asien (Heian-Periode – für Japankenner) Eisenzähne, mit denen man in der Lage war, einem anderen die Kehle durchzubeißen. Als das zweite Opfer eine Angestellte aus Harrys Stammlokal ist, steigt er ein und soll eine zweite Ermittlungsgruppe als Kontrapart leiten. Bald stellt sich heraus, der Mörder ist vielleicht kein Unbekannter. Die Eisenzähne hat er sich herstellen lassen wie Uma „The Pride“ Thurman das Hattori-Hanzo-Schwert.

Diesmal kann man wieder viel über unmittelbare Polizeiarbeit „lernen“, Jo Nesbø betrachtet die Tatorte mit kriminalistischem Spürsinn, Spuren und Beweismaterial werden nicht einfach so benannt und für die Handlung halt gebraucht, ihnen zu folgen ist ebenso spannender Faktor wie die Personen, die sie erheben, wie zum Beispiel Björn Holm und Aune Skale der Psychologe. Ohne Negativbeispiel funktioniert das aber nicht so ganz und dafür muss der Polizeipräsident Bellmann herhalten, der der Auffassung ist, dass Oslo erstens nie friedlicher war und man dies daran erkennt, dass die Selbstmordrate höher als die Mordrate ist. Aha. Aber Bellmann ist eh „nur“ ein Karrierist.

Wie immer bei Jo Nesbø drehen sich alle möglichen Ermittlungswege ständig in eine neue Richtung, die Verdächtigen wechseln sich reihenweise ab. Kaum eine Idee, die dem bloggenden Leser so kam, hielt bis zum Schluss: eigentlich gar keine.

Natürlich ist Harry Hole der Mittelpunkt, so wie momentan DAS FÜNFTE ZEICHEN Gegenstand seiner Vorlesungen ist, ein eigener Fall. Persönlich verstehe ich ja nicht, warum Ermittler so oft ziemlich verkrachte Existenzen sind, den Hole mag ich trotzdem. Dem verzeihe ich sogar den alkoholischen Rückfall. Irgendwie muss der ja kommen, wenn Harry sich mit dubiosen Geld aus früheren Fällen eine Kneipe kauft um damit die Ermittlung voranzutreiben.

Am Schluss ist alles klar. Oder eben nicht...
Klar allerdings ist die Bedeutung des Titels geworden: Zwei haben DURST. Der Harry Hole natürlich und der Typ mit den Eisenzähnen.

Viel Spaß beim Lesen und nein, man braucht Jo Nesbø nicht mit Quentin Tarantino vergleichen, nur weil ich den Vergleich da oben gewählt habe, der Hersteller der Eisenzähne hätte aber der Samurainachkomme Hattori Hanzo gewesen sein können.


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