Genre Genreleserunde Klassiker - ab 25.08.18

MRO1975

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11. August 2018
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@Literaturhexle: Der Roman hat knapp 1000 Seiten und ich bin erst bei der Hälfte. Im Moment komme ich auch nicht recht voran, da ich noch am Shylock lese. Ich werde meinen bisherigen Eindruck heute Abend noch etwas vertiefter darstellen und evtl. können wir uns ja im September dazu austauschen?
 

MRO1975

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11. August 2018
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Wie versprochen hier noch meine Eindrücke aus der bisherigen Lektüre von

Buchinformationen und Rezensionen zu Jahrmarkt der Eitelkeit von William Makepeace Thackeray
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Die Geschichte spielt zu Beginn des 19. Jahrhunderts in England und ist ein bissiges Porträt der englischen Upperclass. Im Mittelpunkt stehen zwei junge Damen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Amelia Sedley habe ich für mich als „die Gute“ getauft. Sie stammt aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie und Glück und Erfolg im Leben, einschließlich einer vorteilhaften Heirat, scheinen ihr gesichert zu sein. Amelias Gegenspielerin ist Rebecca Sharp, die vordergründig vorgibt, Amelias Freundin zu sein. Rebecca stammt aus ärmlichen Verhältnissen, hat aber die gleiche Ausbildung wie Amelia genossen. Sie ist fest entschlossen, ihr Schicksal zum Guten zu wenden und bereit hierfür so ziemlich jeden Preis zu zahlen.

Thackeray erzählt die Geschichte aus der Sicht des allwissenden Erzählers, der den Leser häufig direkt anspricht. Die Geschichte wird dadurch präsentiert wie ein Theaterstück auf dem Jahrmarkt mit dem Theaterdirektor als Erzähler, der sich hin und wieder an die Zuschauer wendet. In dieses Setting passt auch der Tonfall, den Thackeray dem Erzähler/Theaterdirektor in den Mund legt. Die Darstellung strotzt vor Ironie und Bissigkeit. Ein Beispiel zur Beschreibung einer reichen Erbtante: „Die großartige Eigenschaft dieser alten Dame ist bereits erwähnt worden. Sie besaß siebzigtausend Pfund.“ Es werden aber auch viele, kluge Lebensweisheiten eingestreut: „Die Welt ist ein Spiegel, aus dem jedem sein eigenes Bild entgegenblickt. Wirf einen mürrischen Blick hinein, und sie wird dir ein saures Gesicht zeigen, lach sie an und lach mit ihr, und sie ist dir ein lustiger, freundlicher Gefährte.“

Insgesamt erweist sich dieser Klassiker als überraschend leicht lesbar und unterhaltsam. Ich bin jetzt gerade kurz über der Hälfte des Werks und werde auf jeden Fall dran bleiben.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Wie versprochen hier noch meine Eindrücke aus der bisherigen Lektüre von

Buchinformationen und Rezensionen zu Jahrmarkt der Eitelkeit von William Makepeace Thackeray
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Die Geschichte spielt zu Beginn des 19. Jahrhunderts in England und ist ein bissiges Porträt der englischen Upperclass. Im Mittelpunkt stehen zwei junge Damen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Amelia Sedley habe ich für mich als „die Gute“ getauft. Sie stammt aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie und Glück und Erfolg im Leben, einschließlich einer vorteilhaften Heirat, scheinen ihr gesichert zu sein. Amelias Gegenspielerin ist Rebecca Sharp, die vordergründig vorgibt, Amelias Freundin zu sein. Rebecca stammt aus ärmlichen Verhältnissen, hat aber die gleiche Ausbildung wie Amelia genossen. Sie ist fest entschlossen, ihr Schicksal zum Guten zu wenden und bereit hierfür so ziemlich jeden Preis zu zahlen.

Thackeray erzählt die Geschichte aus der Sicht des allwissenden Erzählers, der den Leser häufig direkt anspricht. Die Geschichte wird dadurch präsentiert wie ein Theaterstück auf dem Jahrmarkt mit dem Theaterdirektor als Erzähler, der sich hin und wieder an die Zuschauer wendet. In dieses Setting passt auch der Tonfall, den Thackeray dem Erzähler/Theaterdirektor in den Mund legt. Die Darstellung strotzt vor Ironie und Bissigkeit. Ein Beispiel zur Beschreibung einer reichen Erbtante: „Die großartige Eigenschaft dieser alten Dame ist bereits erwähnt worden. Sie besaß siebzigtausend Pfund.“ Es werden aber auch viele, kluge Lebensweisheiten eingestreut: „Die Welt ist ein Spiegel, aus dem jedem sein eigenes Bild entgegenblickt. Wirf einen mürrischen Blick hinein, und sie wird dir ein saures Gesicht zeigen, lach sie an und lach mit ihr, und sie ist dir ein lustiger, freundlicher Gefährte.“

Insgesamt erweist sich dieser Klassiker als überraschend leicht lesbar und unterhaltsam. Ich bin jetzt gerade kurz über der Hälfte des Werks und werde auf jeden Fall dran bleiben.
Das gefällt mir alles ausnehmend gut, was du erzählst! Ich staune nur, wie schnell du zur Hälfte vorgedrungen bist... Da werde ich als Genuss- (also Schnecken-) Leserin immer neidisch...
Vom Inhalt her scheint sich das Buch gut als Hörbuch hören zu lassen. Nur die schönen Sätze gehen natürlich dabei unter...
Das muss ich mir mal überlegen. Allerdings wollen hier so viele Bücher gelesen werden- da bin ich immer dankbar für ein GUTES Hörbuch :confused:
 

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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München
Siddharta gibt sich nach Jahren der Askese doch dem bürgerlichen Leben hin, wohl weil er annimmt, dass ihm dank seines geschulten Geistes das alles nichts anhaben kann. Denkste. Mit Reichtum und Luxus wird er genauso wie jene, denen er immer zu entkommen trachtete.ER wird unzufrieden und gibt sich den vergnügungen hin, die ihm aber letztlich keine Freude bereiten. Schließlich zieht er die Notbremse.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Steinbeck ist wahrlich ein begnadeter Autor. Er beschreibt die Flucht der Familie Jaud und wie sich jeden Abend in spontan angelegten Camps die Menschen zusammenfinden und eine neue "Welt" bilden mit allgemeingültigen Regeln, in der jeder dem anderen hilft. Die Camps sind für die eine Nacht eine feste Gemeinschaft, die am Morgen wieder zerfällt. Menschen auf der Flucht - aktueller kann ein Klassiker kaum sein!

Zwischendrin bringt Steinbeck immer wieder kleine Geschichten aus anderer Perspektive, die mit der Familie Jaud auf den ersten Blick gar nichts zu tun zu haben scheinen: der Autohändler, der seine Leute antreibt, der Landbevölkerung die letzten Schrottautos zu verhökern für guten Profit, die Serviererin im Diner, die sich höchst abfällig über die vorüberziehenden "Okies" äußert, dann aber doch Herz zeigt und zwei kleinen Jungen eine Zuckerstange schenkt,...

Steinbeck macht sogar eine Autoreparatur zum spannenden Leseereignis, man hört die Autokarawane über die Route 66 klappern.

Jetzt ist Familie Jaud trotz einiger Verluste im gelobten Land Kalifornien angekommen. Wie viele, viel zu viele andere auch werden sie nach Arbeit suchen. Der Autor hat schon ging Hinweise gelegt, um erkennen zu können, dass es Not und Elend für die Farmersfamilien geben wird, die das überreich vorhandene fruchtbare Land nicht bewirtschaften dürfen.

Ein beeindruckender Roman über wahre historische Begebenheiten.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Es ist unglaublich, wie mit den Vertriebenen aus Oklahoma umgegangen wird! Offensichtlich stecken die Farmer-verbände und die öffentlichen Behörden (insbesondere die Polizei) unter einer Decke. Man hat Angst, dass sich die Arbeiter in den Camps organisieren könnten, um höhere Löhne zu erzwingen. Infolge dessen werden "Aufrührer" ziemlich grundlos eingesperrt und gefoltert, so dass sie "bullenscheu" (das heißt, etwas geistig gestört) wieder heraus kommen. Die Camps werden schikaniert, eines sogar mit Ansage abgebrannt.

Mit ein bisschen Glück kommt Familie Jaud in einem staatlichen Camp unter. Dort gibt es gute sanitäre Anlagen, Struktur und Organisation. Endlich fühlen sie sich wieder als Menschen. Die kalifornische Polizei hat dort nichts zu sagen, solange es keine Vorkommnisse gibt. Also will man nachhelfen und ein paar Schläger einschleusen... Zum Glück halten aber die Bewohner des Camps zusammen, so dass nichts passiert.
Dennoch werden die Not und der Hunger immer größer. Auch die Jauds überlegen, was zu tun ist, um die Zukunft zu sichern.

Zunehmend geraten auch die normalen Obstbauern unter Druck. Sie bekommen dermaßen geringe Preise für ihre Früchte in der Konservenfabrik, dass sie sie nicht mehr pflücken lassen. Das Obst verkommt am Baum oder wird auf Druck der Großfarmer/Fabrikbesitzer vernichtet, um die Preise am Markt stabil zu halten. Der Geruch der verderbenden Lebensmittel ist für die Hungernden der Camps eine Provokation:
[zitat]In den Herzen der Menschen wachsen die Früchte des Zorns und werden schwer, schwer und reif zur Ernte. (S. 412)[/zitat]

Bin sehr gespannt, wie das ausgeht, auf ein Happy end mag ich nicht vertrauen.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Buchinformationen und Rezensionen zu Der Steppenwolf von Hermann Hesse
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Am Beginn steht der Eindruck des "Herausgebers" des hinterlassenen Manuskript von Harry Haller, dem Steppenwolf. Dieser Teil ist jedoch bereits ein Kapitel der fiktiven Handlung und dient dazu, einen Blick auf den Steppenwolf zu werfen, auf jenen komischen Kauz, der sich bei der Tante des Ich-Erzählers, des Herausgebers der Seiten einquartiert hat. Als launischen, wechselhaften, etwas dubiosen, aber hoch intelligenten Zeitgenossen hat dieser ihn wahrgenommen.
Der 2.Teil besteht aus den Reflektionen und Erlebnissen des Steppenwolfes, die gar nicht so leicht hörbar zu erfassen sind :confused:
 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Es ist toll gelesen, aber nichts zum Nebenbeihören. Werde wieder bei den Reflexionen starten und dieses Mal genau zuhören...schwere Kost - die armen Abiturienten ;)
Ich frage mich, was das soll: jungen Menschen einen sich selbst hassenden, egozentrischen Wolf vorzusetzen? Es gibt so viele Bücher, die mit deren Lebenswirklichkeit mehr zu tun haben...
Aber das ist nur ein erster Eindruck ;)
 

Literaturhexle

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Heute habe ich es beendet. Wie ich schon zuvor angemerkt hatte, kann diese realistische, auf historischen Tatsachen beruhende, Geschichte über die nach Kalifornien vertriebenen Farmerfamilien kein Happy End haben.

Der Roman lässt mich nachdenklich zurück. Steinbeck schafft es, Nähe zu seinen Figuren aufzubauen.Die Familie Jaud ist mir fast ans Herz gewachsen, obwohl jeder Charakter so seine Ecken und Kanten hat. Der Autor ist ein Anwalt der kleinen Leute. Zu Recht würde dieses Buch mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet.
Lesen!
 
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7. Juni 2017
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Es ist unglaublich, wie mit den Vertriebenen aus Oklahoma umgegangen wird!

Genau das habe ich auch gedacht als ich das Buch gelesen habe. Die Binnenflüchtlinge mussten ja zuletzt sogar noch um ihr nacktes Überleben kämpfen.
USA ist ja nicht gerade bekannt dafür, ein Sozialstaat zu sein. Die staatlichen Mittel zur Unterstützung der Okies waren sicher nicht üppig, zumal damals ja auch eine große Wirtschaftskrise herrschte.

Ich erinnere mich noch, dass ich sehr mit den Jauds mit gelitten habe. Man fiebert bei jeder Autopanne mit. Beim Kampf um Arbeit und Essen. Aus Hoffnung wird immer mehr Enttäuschung und Verzweiflung. Das ist schon eindringlich und gut beschrieben.
Von der Zeit des dust bowl gibt es auch viele Bilder im Internet zu sehen, beeindruckend.
 
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Literaturhexle

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Aus Hoffnung wird immer mehr Enttäuschung und Verzweiflung. Das ist schon eindringlich und gut beschrieben.
Dadurch, dass die Figuren auch so unterschiedlich mit den sich wandelnden Situationen umgehen, bleibt alles so entsetzlich glaubwürdig. Dadurch ging mir die Geschichte sehr nah.
Steinbeck hat wirklich außerordentliches Talent!

Im Internet werde ich mal nachschauen. Danke für den Hinweis!
 
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MRO1975

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11. August 2018
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Buchinformationen und Rezensionen zu Jahrmarkt der Eitelkeit von William Makepeace Thackeray
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Ich habe diesen Wälzer nun beendet. Der Klassiker gehört für mich zu den gut lesbaren. Die Sprache ist nur ein bisschen antiquiert. Dies fällt allerdings gar nicht so sehr auf, weil der Stil durchweg sehr ironisch ist. Das passt zum Upperclass-Sprachstil.

Die Geschichte um Amelia und Rebecca hat mich gut unterhalten. Es war interessant zu verfolgen, wie das Leben bei beiden auf und ab geht. Das Rad der Fortuna bringt einmal Glück und Wohstand und ein andermal Pech und Armut. Am Ende kriegt jeder, was er verdient.

Ich muss zugeben, dass das Buch leider auch hier und da ein paar Längen hat. Das ist bei knapp 1.000 Seiten wohl kaum zu vermeiden. Wahrscheinlich waren die Lektoren vor 100 Jahren auch noch nicht so kritisch.

Insgesamt lohnenswert, wenn man genug Geduld aufbringt.
 
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Literaturhexle

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Die Geschichte um Amelia und Rebecca hat mich gut unterhalten. Es war interessant zu verfolgen, wie das Leben bei beiden auf und ab geht.
Ich habe jetzt 2 CDs von 5 gehört. Es ist gut nebenbei hörbar, manchmal lausche ich aber nur halb, weil doch nichts geschieht. Die manirierte Sprache bringt der Vorleser bestens zur Geltung. Aber dieser ständig erwähnte "Jahrmarkt der Eitelkeit" mit seinem Snobismus, den naiven Frauen, den nichtsnutzigen edlen Männern... Ja. Es hat schon seine Längen das Buch. Es zieht mich nichts so richtig zu den Stöpseln. Viele Szenen scheinen sich zu wiederholen.
Jetzt ist der gute George in den Krieg gezogen. Mal schauen, was sein Amalialein derweil so treibt...
Schön ist der weiter oben von dir erwähnte allwissende Erzähler, der die Geschichte mit viel Sarkasmus und Schadenfreude zum Besten gibt.
 

MRO1975

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Ich habe jetzt 2 CDs von 5 gehört. Es ist gut nebenbei hörbar, manchmal lausche ich aber nur halb, weil doch nichts geschieht. Die manirierte Sprache bringt der Vorleser bestens zur Geltung. Aber dieser ständig erwähnte "Jahrmarkt der Eitelkeit" mit seinem Snobismus, den naiven Frauen, den nichtsnutzigen edlen Männern... Ja. Es hat schon seine Längen das Buch. Es zieht mich nichts so richtig zu den Stöpseln. Viele Szenen scheinen sich zu wiederholen.
Jetzt ist der gute George in den Krieg gezogen. Mal schauen, was sein Amalialein derweil so treibt...
Schön ist der weiter oben von dir erwähnte allwissende Erzähler, der die Geschichte mit viel Sarkasmus und Schadenfreude zum Besten gibt.
Mich hat in der 2. Hälfte ein bissel die Motivation verlassen. Das lag aber vllt. auch daran, dass ich parallel noch zwei andere Bücher dazwischengeschoben habe. Da leidet immer der Lesefluss.

Unabhängig davon, denke ich, man hätte den Kern der Geschichte auch etwas straffer erzählen können.

Es gab aber auch echte Lichtblicke. Der Erzähler und seine Kommentare haben mir bspw. gut gefallen. Und es gibt ein sehr lehrreiches Kapitel darüber, wie man von Nichts recht gut leben kann, und dass Kredit wichtiger als Bargeld ist. Das passt gut auf die gegenwärtige Wirtschaftslage.