Rezension Rezension (4/5*) zu Vox: Roman von Christina Dalcher.

wal.li

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1. Mai 2014
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Achte das Wort

In einem Amerika der nicht allzu fernen Zukunft lebt Jean mit ihrem Mann und ihren vier Kindern. Obwohl Jean einen Doktortitel besitzt ist ihr Platz daheim am Herd. Die neue Regierung der Reinen hat es so beschlossen. Die Frauen brauchen nicht zu arbeiten, ihre Aufgabe ist es, Haus und Kinder zu hüten. Und still zu sein. Besonders um Letzteres durchzusetzen, hat die Regierung den Frauen Armbänder umgelegt, Armbänder, die die Worte zählen. Nur noch hundert Worte pro Tag sind den Frauen erlaubt. Schlimmer noch, schon die kleinen Mädchen werden am Sprechen gehindert. Wobei das Sprechen in der Entwicklung doch so viel ausmacht.

Es scheint so als solle die Hälfte der Bevölkerung verdummt werden, zu gleichgeschalteten Dienerinnen erzogen werden. Drakonische Strafen drohen, wenn das Kontingent überschritten wird. Kein Abweichen ist erlaubt. Doch plötzlich bietet sich Jean eine Chance, ihren Beruf wieder aufzunehmen. Ihre Forschungsarbeit wird von den Regierenden gebraucht. Wofür bleibt für Jean zunächst unklar. Und große Forderungen kann sie nicht stellen. Doch zumindest für die Dauer ihrer Forschungstätigkeit dürfen Jean und ihre Tochter wieder reden.

Wir lassen uns den Mund nicht verbieten. Das hätte Jean vielleicht sagen müssen als sich abzeichnete, wie die Regierung agiert. Heute bereut sie, dass sie die Mahnungen ihrer besten Freundin abgetan hat. So schlimm kann es doch nicht werden, sie werden es nicht tun. Die Geschichte lehrt: es wird so schlimm und sie tun es. Wehret den Anfängen, so schnell ist es zu spät. So schnell sind Menschen ausgegrenzt. Warum fragt sich so selten jemand, wie es wäre, wenn er der Ausgegrenzte wäre. Würde nicht häufiger Schlimmeres verhindert werden, wenn man sich in die Lage des anderen hinein versetzte, bevor man etwas verurteilt oder jemanden zum Außenseiter macht. In diesem ausgesprochen packenden Thriller trifft es die Frauen, die klein gehalten und verdummt werden sollen. Doch es kann jeden treffen. Es ist die Aufgabe einer Gesellschaft sich gegen solche Umtriebe zu wehren.

Jedes Wort der Güte, jedes Wort gegen die Ausgrenzung, jedes Wort für ein friedliches Miteinander zählt. Klar zeigt die Autorin, die Gefahren auf, wenn man negative Entwicklungen einer Gesellschaft unterschätzt. Die Aufgabe ist es, dagegen zu halten. Auch wenn der Showdown nicht so ganz zum hervorragenden Rest des Buches passen mag, sollte dieser aufrüttelnde Roman unbedingt gelesen werden.
4,5 Sterne

 

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