Fazit

Querleserin

Bekanntes Mitglied
30. Dezember 2015
4.048
11.068
49
50
Wadern
querleserin.blogspot.com
Ich fand ihn sehr verstörend. Das Bild der beiden Mädchen ist immer noch in meinem Kopf und der Versuch zu verstehen, wie man so leben kann. Die Art und Weise, wie mit ihnen umgegangen wurde, ist unglaublich. Sie gelten als Freaks, als nicht menschliche Wesen, die im Zirkus ihren Platz finden. Um auf den Umgang mit Behinderten in Georgien hinzuweisen, hat die Autorin ein sehr extremes Beispiel gefunden - dadurch weckt sie jedoch Aufmerksamkeit und man muss sich damit auseinander setzen. Sprachlich hat mir der Roman sehr gut gefallen, sie findet für das Abscheuliche erträgliche Worte, die trotzdem nahe gehen.
 

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.296
10.433
49
49
Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Ich bin fasziniert von der Tatsache wie die Autorin die Gefühle der beiden beschreibt, sehr unterschiedlich in der Wahrnehmung und Gefühlswelt, dennoch in einem Körper gefangen. Mal empfand ich diese Zweisamkeit als Segen, aber meist eher als Fluch.
 

Leseglück

Aktives Mitglied
7. Juni 2017
543
1.272
44
67
Der Roman ist mir unter die Haut gegangen. Während der Lektüre hatte ich sogar einmal einen Traum, in dem es um siamesische Zwillinge ging.
Die Autorin hat es uns nicht einfach gemacht. Ihr Thema ist wohl die Situation der Behinderten allgemein - aber insbesondere in Georgien. Für dieses Thema hat sie eine ganz besondere Behinderung ausgesucht, die bei mir "Berührungsängste" ausgelöst hat. Dadurch hat sie mich aber auch emotional "gepackt".
Ich hoffe, dass ihr Buch in Georgien zu einer Verbesserung der Situation von Behinderten beiträgt. Bei mir hat sie meine Meinung - wonach Behinderung gewissermaßen "normal" ist - bestärkt.
 

Renie

Moderator
Teammitglied
19. Mai 2014
5.858
12.454
49
Essen
renies-lesetagebuch.blogspot.de
Ich bin erleichtert, dass euch der Roman so gut gefallen hat. Nachdem ich eure Kommentare im 1. Leseabschnitt gelesen hatte, war ich unsicher, ob die "Einsamen Schwestern" euch nicht zuviel abverlangen. Aber scheinbar habt Ihr diesen Roman im Nachhinein genauso wie ich empfunden: eine echtes Kleinod. Ich hatte in meiner Rezension bereits geschrieben, dass Ekaterine Toganidze das Kunststück gelungen ist, dem Leser nicht das Gefühl zu geben, ein Voyeur zu sein - was bei diesem Thema leicht der Fall sein kann. Für mich stand immer das Seelenleben der beiden Schwestern im Vordergrund, die versucht haben, ihr Leben wie jedes andere Mädchen in diesem Alter zu gestalten. Doch leider waren ihnen durch ihre Behinderung Hürden gesetzt, die nicht zu überwinden waren.
 

milkysilvermoon

Bekanntes Mitglied
13. Oktober 2017
1.803
5.061
49
Ich kann euch allen nur zustimmen. Ich bin auch begeistert von der Art und Weise, wie das Thema in dem Roman literarisch verarbeitet wurde. Ich kopiere hier mal das Fazit meiner Rezension rein, die jetzt fertig ist:

„Einsame Schwestern“ von Ekaterine Togonidze ist eine aufwühlende, beeindruckende Lektüre, die betroffen macht und noch eine Weile bei mir nachklingen wird. Ich kann diesen bewegenden Roman uneingeschränkt weiterempfehlen.
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.251
49.198
49
Fazit.

So ganz uneingeschränkt kann ich mich eurem sehr positiven Votum wohl nicht anschließen. Die Geschichte ist beeindruckend. Sie geht unter sie Haut. Sie schafft Empathie für eine Menschengruppe, der man im täglichen Leben nicht begegnet. Alles richtig.

Vollkommen vom Hocker gehauen hat mich das sprachliche Niveau des Romans. Immer wieder Zeichen, Symbole und poetische Metaphern. Eine ganz ruhige Art des Erzählens, auch empörendste Szenen kommen ganz ruhig und dennoch sehr eindringlich daher.
Auch wie es der Autorin gelingt, die unterschiedlichen Charaktere der Schwestern im Wesenlichen durch deren Aufzeichnungen wiederzugeben: Chapeau! Großes Kompliment!

Das Finale gelang mir persönlich dann doch zu krass. Diese Vergewaltigung durch den Kleinwüchsigen... Dieses völlige Bloßstellen der 16-jährigen Mädchen...
Das war mir zuviel. Hier hätte weniger Drama gereicht. Das Finale passt eigentlich nicht zum Buch.

Die Romantisiererei Linas in Bezug auf ihren Zauberer ging mir auch sehr weit. Aber da muss man die Jugend in Betracht ziehen und die Tatsache, dass sie Mädchen völlig isoliert aufgewachsen sind. Deshalb ist es eher verwunderlich, dass Diana so lebenspraktisch und rational veranlagt ist. Die Naivität Linas ist absolut nachvollziehbar.

Aber das ist alles Geschmackssache. Mir hat die Leserunde wieder einmal viel Spaß gemacht! Man zieht aus solch einem Buch einfach viel mehr in guter Gesellschaft;)
 

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
5.835
7.675
49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Ich musste das Buch tatsächlich erst einmal ein paar Tage lang sacken lassen. Ich fand die Lektüre auch sehr beeidruckend, aber zuweilen schwer erträglich. Pausen waren zwingend notwendig, denn dem Schrecken ins Auge zu schauen, verlangt schon einiges ab. Den Aufbau mit den Tagebucheinträgen fand ich überaus gelungen, denn durch das innere Erleben der Mädchen standen tatsächlich ihre Persönlichkeiten im Vordergrund, nicht ihre Besonderheit. Wirklich ein beeindruckendes Debüt...
 

Leseglück

Aktives Mitglied
7. Juni 2017
543
1.272
44
67
Ich hatte in meiner Rezension bereits geschrieben, dass Ekaterine Toganidze das Kunststück gelungen ist, dem Leser nicht das Gefühl zu geben, ein Voyeur zu sein - was bei diesem Thema leicht der Fall sein kann. Für mich stand immer das Seelenleben der beiden Schwestern im Vordergrund, die versucht haben, ihr Leben wie jedes andere Mädchen in diesem Alter zu gestaltend

Ich habe in der Leserunde davon geschrieben, dass mir der Roman meine "Berührungsängste" für diese Art von Behinderung genommen hat. Aber wie der Roman das geschafft hat, konnte ich nicht auf den Punkt bringen. Das hast du jetzt gemacht: Indem Das Seelenleben im Roman im Vordergrund stand, geriet die körperliche Behinderung in den Hintergrund. Diana und Lina erlebt man dann nur noch wie normale Teenager, die versuchen, ihre Identität und ihren Platz in der Welt zu finden.
 

Anjuta

Bekanntes Mitglied
8. Januar 2016
1.635
4.771
49
62
Essen
Ich fand selten einen Roman so verstörend (was nicht negativ gemeint ist). Das Personal dieses Zwillingspaares als Haupthandelnder und Hauptdenkender ist ein Experiment, dem sich Ekaterine Togonidze sehr mutig gestellt hat. Ich habe dadurch viele verstörende Lesemomente erlebt, bin mir aber nicht sicher, ob es mir gelungen wäre, mir ohne die Verweishilfe von der Autorin selbst auf die Bilder des real existierenden Zwillingspaares (die Hensels), das sich die Autorin zur Inspiration nahm, tatsächlich ein Bild zu machen. Ich fürchte, nein. Dieses körperliche Zusammenhängen und gleichzeitige intensive innere Eigenleben (bis hin zum Selbstmord, der wohl nur für die eigene Hälfte des Körpers gelten sollte) hätte ich nicht zu einem fassbaren Kopfkino zusammenbringen können. Und ohne lebhaftes Kopfkino bleibt Lesen doch etwas farblos, oder? Was meint ihr?
Also, ich glaube, für mich hat der Roman nur mit dieser Hilfestellung funktioniert und ich weiß nicht so recht, ob ich das Buch ohne diese Hilfestellung, die der normale Leser ja nicht bekommt, wirklich empfehlen kann. Da ich die Antwort wirklich noch nicht weiß, warte ich noch etwas mit meiner Rezension.