Sechstes Kapitel

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.168
49
Puh! Vom Abschnitt "Operationes Spirituales" habe ich nur wenig mitgenommen. Interessant ist die Biografie Naphtas, Sohn eines Schächters, geborener Jude und konvertierter Jesuit. Einen Hang zur Brutalität und fehlende Nächstenliebe kann man schon früh bei ihm feststellen.
Ebenso wie Settembrini wurde er in seiner Karriere durch die Lungenkrankheit ausgebremst. Ich habe ernsthaft versucht, die Diskussionen der beiden Gelehrten zu verfolgen, bis auf die von euch bereits herausgestellten Schlagworte und Grundunterschiede erschien mir der Disput aber wie der Streit um Kaiser' s Bart...

Sehr beruhigend dann am Ende die Feststellung, dass die beiden Disputanten auch im Widerspruch mit sich sebst lagen und es nicht mehr festzustellen war, wer eigentlich der Fromme und wer der Freie war... (S. 638)
Hans Castorp begibt sich mit den Ohren voll von diesem Wirrwarr auf die Balkonloge. Das ist wohl das Beste, was man machen kann ;)

Die Operationes Spirituales werden auch als abstrakter Denkraum bezeichnet. Im nächsten Abschnitt "Schnee" konkretisiert sich der Raum in Form einer Schneelandschaft, dort wird der Geist über den Körper siegen (oder war es umgekehrt?)...
Ihr seht, ich habe ein bisschen gegoogelt :D

Alles folgt bei Thomas Mann einem festen Muster. Dieser Abschnitt könnte der letzte gewesen sein, in dem die verschiedenen "Lehren" auf Hans einprasseln. Ich würde das begrüßen ;)
 
  • Like
Reaktionen: Leseglück

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.168
49
Abschnitt "Schnee"
Nach all der Theoretisiererei tat dieser Abschnitt gut: Herrlich die Beschreibungen der Landschaft, märchenhaft wie aus dem Märchenbuch, eine Gnomenwelt...
Hans möchte etwas Aktives tun, kauft sich heimlich Skier, die er beim Krämer in "Dorf" unterstellt. Er übt sich unter der Aufsicht Settembrini, der regelrecht entzückt ist und Castorp in seinem Vorhaben unterstützt.

Schließlich bricht Hans zu einer weiteren Ausfahrt auf: er genießt den hohen Schnee, das Urschweigen, die wattierte Lautlosigkeit. Leider kippt das Wetter, nach Schneefall folgt Schneesturm mit eisigem Wind. Hans verirrt sich, gewahrt die Gefahr. Seine beiden Mentoren erscheinen ihm, er erkennt, dass Settembrini es gut mit ihm meint, dass "beide sich um ihn raufen wie Gott und Teufel um den Menschen im Mittelalter" (S. 654)

Der innere Kampf des Recken dauerte doch relativ lange für meinen Geschmack (Hätte dort nicht auch ein Lektor eingegriffen @Helmut Pöll ?)
Was ich davon mitnehme ist, dass Hans an die Grenzen seiner körperlichen Belastbarkeit gelangt, er halluziniert: zunächst vom Paradies am südlichen Meer. Dies geht dann nahtlos über in Sequenzen aus der Hölle mit hexengleichen Wesen, die ein Kind (den zuvor erblickten schönen Jüngling?!) zerfleischen.

Er kommt wieder zu sich. Märchenhafter Weise sind nur ein paar Minuten des Träumens vergangen. Hans rappelt sich auf, will dem Tode keine Herrschaft über seine Gedanken einräumen und sich dem Leben zuwenden. "Die Liebe steht dem Tode entgegen, nur sie, nicht die Vernunft, ist stärker als er." (S. 679)

Das verirrte Sorgenkind kehrt heim zum erschrockenen Settembrini, schließlich in den Berghof, wo seine Gedanken und Träume wieder verbleichen....

Ein ausdrucksstarker Abschnitt!
Mal sehen, was Hans von seinen Erkenntnissen am Ende bleibt. Wahrscheinlich waren sie nur ein Strohfeuer, denn wir wissen ja, dass sich sein Aufenthalt im Berghof auf 7 Jahre erstrecken wird...
 
  • Like
Reaktionen: Leseglück

Helmut Pöll

Moderator
Teammitglied
9. Dezember 2013
6.575
11.113
49
München
Der innere Kampf des Recken dauerte doch relativ lange für meinen Geschmack
Ich fand die Szene im Schnee und den Schneesturm toll. Allerdings ist das alles auch etwas zu lang geraten. Vielleicht sind wir Leser in den letzten 100 Jahren auch ungeduldiger geworden und hätten damals jede Zeile noch mehr genossen.

Er kommt wieder zu sich. Märchenhafter Weise sind nur ein paar Minuten des Träumens vergangen. Hans rappelt sich auf, will dem Tode keine Herrschaft über seine Gedanken einräumen und sich dem Leben zuwenden.
Das war knapp. Eine Minute mehr Traum/Schlaf, dann wäre er liegen geblieben und erfroren. Mich wundert auch, dass er mit der leichten Kleidung und einem Schneesturm bei minus 20 Grad nicht todkrank ist, sondern ganz normal am Abendessen im Berghof teilnimmt. Aber vielleicht kommt der gesundheitlioche Rückschlag ja noch.
 
  • Like
Reaktionen: Literaturhexle

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.168
49
Vielleicht sind wir Leser in den letzten 100 Jahren auch ungeduldiger geworden und hätten damals jede Zeile noch mehr genossen.
Das kann sein. Wobei ich davon ausgehe, dass Thomas Mann auch vor 100 Jahren nur in der gehobenen Bildungsschicht gelesen wurde. Er setzt schon sehr viel an Allgemeinbildung voraus. Allein die lateinischen und französischen Begrifflichkeiten, Grundlagen der Philosophie und Geschichte, Staatskunde....
Nichts für den damaligen Normalo.

Nach wie vor genieße ich die Sprache, geen auch beim laut Lesen ;)
Aber vielleicht kommt der gesundheitlioche Rückschlag ja noch.
Nein. Ich denke, die Kraft des Geistes hält noch an und schützt den Körper vor so etwas Profanen wie der Krankheit.
 

Leseglück

Aktives Mitglied
7. Juni 2017
543
1.272
44
67
Den Abschnitt "Schnee" habe ich nun auch gelesen. Wow was für ein Kapitel! Nach langen Passagen ohne Handlung und mit viel philosophischen Diskussionen, nun ein Abschnitt, in dem Hans selbst und ganz real mit dem Tod konfrontiert ist.
Ich muss das noch mal lesen, denn ich glaube in dem Kapitel "Schnee" ist vieles, was bisher Thema war, zusammengefasst und quasi zu einer Lösung geführt worden.
In meiner Ausgabe steht als erster und einziger Satz in dem Roman folgender Satz in kursiver Schrift: " Der Mensch soll um der Güte und Liebe willen, dem Tode keine Herrschaft einräumen über seine Gedanken."
Das ist das Fazit für Hans nach seinen Gedanken und Träumen während des Schneesturms. Eigentlich könnte das der Wendepunkt sein. Normalerweise müsste Hans nach diesem Erlebnis seine Koffer packen und den Zauberberg verlassen! So ganz verstehe ich auch nicht warum Thomas Mann nicht diese Lösung wählt. Denn Abends beim Dinner war," was er geträumt hatte schon im Verbleichen begriffen. Was er gedacht, verstand er schon an diesem Abend nicht mehr so recht. "
Thomas Mann wollte wohl seinen Helden weiter in der Dekadenz, in der Todesfaszination belassen.

Hans lockt die Gefahr. Er freut sich, dass ihn hier niemand mit einem Hörnchen zurückruft wie er es an der Nordsee am Strand erlebt hat. Später bläst in seiner Vorstellung Settembrini dieses Horn.
Er spürt die Verlockung sich hinzulegen, sich dem Tod zu überlassen.Diese Lockung verbindet er mit etwas Jesuitischen (Naphta).Dabei ist ihm bewusst, dass dies die zu erwartenden Gefühle vor einem Erfrierungstod sind. Sein Lebenswille meldet sich: er will sich nicht von der blödensinnigen regelmäßigen Kristallometrie zudecken lassen!
Hans vergleicht seine jetzige Lage mit der Lage während der Walpurgisnacht. Wieder der Lockruf der Dekadenz. Hippes crayon taucht wieder auf.
Nach dem Genuss von Portwein träumt er von Himmel und Hölle. Diesen Traum könnte man bestimmt noch genauer deuten...

Nach diesem Traum setzt er sich mit Naphtas und Settembrinis Philosopie auseinander und erkennt für sich, dass beide Unrecht haben. Er nennt sie "Schwätzer"
Er nimmt eine mittlere Position zwischen den beiden Extremen ein. Zwischen reiner Vernunft und "Durchgängerei" (Das Leben nur als Durchgang zum Jehnseits). Er sieht die von den beiden Philosophen postulierten Gegensätze: Tod - Leben, Gesundheit - Krankheit, Geist - Natur usw. nicht mehr als Gegensätze, sondern als Einheit. Alles gehört zusammen. "Der Mensch ist Herr der Gegensätze, sie sind durch ihn, und also ist er vornehmer als sie. Vornehmer als der Tod, zu vornehm für diesen - das ist die Freiheit seines Kopfes. Vornehmer als das Leben, zu vornehm für dieses - das ist die Frömmigkeit in seinem Herzen."
Soweit kann ich das nachvollziehen. Klar gehören Tod und Leben zusammen...wobei ich nicht unbedingt eine Frömmigkeit dazu brauche.
Nicht ganz verstanden habe ich das mit dem Blutmahl. "Form und Gesittung verständlich-freundlicher Gemeinschaft und schönen Menschenstaats - im Stillen Hinblick auf das Blutmahl" Eine Erkenntnis aus seinem Traum...verstehe ich nicht...wieso im Hinblick auf das Blutmahl? Vielleicht ist damit einfach nur der Tod gemeint.

Schade, dass all die schönen Erkenntnisse nichts bewirkt haben. Hans Castrops Lebenswille hat sich nur kurz gemeldet angesichts der Todesangst und ist dann ganz schnell wieder abhanden gekommen...
 
  • Like
Reaktionen: Literaturhexle

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.168
49
Ich muss das noch mal lesen, denn ich glaube in dem Kapitel "Schnee" ist vieles, was bisher Thema war, zusammengefasst und quasi zu einer Lösung geführt worden
Das hast du genau erfasst! Es gibt Abhandlungen im Internet, die da ausgiebig drüber referieren. Was mich betrifft, so habe ich manchmal den Eindruck, dass mir zum Verstehen der philosophischen Diskussionen einfach zu viele Grundlagen fehlen. Auch in der Schule bin ich der Philosophie aus dem Weg gegangen, das war etwas für "Spinner" ;) ...
Dadurch komme ich über die Grundzüge der beiden gegenüber stehenden Ideale nicht hinaus. Aber wenn man interessiert ist, kann man da bestimmt viel herauslesen. Ich würde deinen Gedanken auch gerne folgen :D
Eigentlich könnte das der Wendepunkt sein. Normalerweise müsste Hans nach diesem Erlebnis seine Koffer packen und den Zauberberg verlassen!
Ja. Das haben wir alle so empfunden! Statt dessen lässt er sich wieder einlullen...
Er nennt sie "Schwätzer"
Im weiteren Verlauf finde ich interessant, dass Hans bei dieser Ansicht zu bleiben scheint. Die beiden Disputanten diskutieren zwar eifrig weiter, aber Hans mischt sich nicht mehr ein, lässt sich nicht mehr von ihnen berühren (so mein Eindruck).
Was das Blutmahl betrifft, kann ich auch nicht weiterhelfen. Ich habe es in Zusammenhang mit dem christlichen Abendmahl gesehen - als abschätzige Bezeichnung in Naphtas Lehre. Kann aber gar nicht mehr sagen, ob das wirklich Sinn macht.
 
  • Like
Reaktionen: Leseglück

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.168
49
Abschnitt: Als Soldat und brav
Dieser Abschnitt handelt von Vetter Joachim, er hat mich sehr bewegt.
Anfangs erhält Hans positive Kunde von seinem Vetter: er ist wunschgemäß beim Militär, fühlt sich wohl, wird relativ zügig zum Leutnant befördert. Dann schlägt die Krankheit wieder zu, Joachim muss zurück in den Berghof, er kommt mit Mutter Ziemßen. Beide haben während der Anreise Clawdia Chauchat getroffen ;)

Die Mutter fährt wieder ins Flachland, das Leben im Sanatorium findet wieder seinen gewohnten Gang, wenn das nicht dieses dunkle Leuchten in den Augen Joachims wäre, das den Cousin beunruhigt...

Erneut werden die Debatten zwischen Naphta und Settembrini ausführlich erörtert. Verschiedene Themen haben sie zum Inhalt, beispielsweise nimmt Naphta Settembrinis Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge aufs Korn, zu deren Prinzipien auch die strenge Geheimhaltung gehört, was ihnen natürlich etwas Geheimnisvolles gibt...
Das Ganze erschien mir aber weniger verbissen, fast schon ironisch-humorig zu sein - auch wenn ich den genauen Inhalt hier nicht wiedergeben kann. So scheinen es auch die Zuhörer zu empfinden (S. 710). Alles erscheint nicht mehr so ernst in diesen Disputen (S. 716), die den Kontrahenten einfach Spaß machen.

Hochinteressant ein Zitat auf S. 707/708: "Entscheidungen von unüberschätzbarer Tragweite für das Glück und die Zukunft Europas werden zu treffen sein...." Sehr weitsichtig.
(Fortsetzung folgt)
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.168
49
Das was für mich in diesem Abschnitt bleibt, ist aber der Niedergang und Tod Joachims. Tragisch, dass ein so junger Mann, der Träume und Ziele verfolgte, gehen muss! Das ist jedoch bestimmt so gewollt: Der Träumer Hans bleibt, der Tüchtige stirbt... Wir befinden uns dazu noch in der Wilhelminischen Ära, in der Gehorsam und Pflichterfüllung viel mehr galten als heute.

Aus der "kleinen Nachkur" wird etwas größeres. Joachim scheint ziemlich schnell Bescheid zu wissen über seinen Zustand, konnte er den Verlauf der Krankheit während seines langes Aufenthaltes doch studieren. Kehlkopftuberkulose muss sehr unangenehm sein, wie tapfer er alles hinnimmt ud versucht, andere im Unklaren über seine Krankheit zu lassen: bemerkenswert.

Hans scheint die Augen davor verschließen zu wollen und Behrens weicht ihm bewusst lange aus. Als es jedoch zur Aussprache kommt, war ich überrascht, wie deutlich er mit Hans ins Gericht geht - zumal er diesen doch selbst angelockt und im Berghof festgehalten hat:
"Sie sind eine Art von Feigling und Duckmäuser,...."
"Sie wollen ...mich langweilen, damit ich Sie in ihrer verdammten Duckmäuserei befestige und Sie in ihrer Unschuld schlafen können,..."
Im Gegensatz dazu der Vetter "ein anderer Kerl, von anderem Schrot und Korn, ein Mannsbild, das sich auf Haltung versteht..."
(S. 724/25)
Behrens rastet regelrecht aus, ist anschließend fast erstaunt, dass Hans etwas für Joachim empfindet und schickt ihn "auf seinen Posten", um jenem die letzten Wochen angenehm zu gestalten. Doch auch diese Szene wird Hans nicht zum "Aufwachen" bewegen...

Die letzten Wochen des Joachim sind erneut genial geschrieben! Da waren zu viele Dinge drin, um sie hier zu würdigen. Der Kriegsbart, der den Jüngling zum reifen Mann macht (später wird er auch noch Greis), wodurch sein Leben im Eiltempo verstreicht...- eindrucksvoll das Motiv der verstreichenden Zeit wieder eingewoben.

Der Lebenstraum des Soldaten, der ihn auch im Sterben noch verfolgt. Starke Szenen.
Auch Hans, der dem Leichnam beisteht, dann aber dessen Lächeln (über ihn selbst?) nicht ertragen kann.

Der Vorhang, der zum vorletzten Mal fällt, mit den Schüssen zum Abschied des Soldaten.

Bin immer noch begeistert von diesem Roman, auch wenn ich nicht alles (die Reden Settembrinis und Naphtas)begreifen kann.
 

Helmut Pöll

Moderator
Teammitglied
9. Dezember 2013
6.575
11.113
49
München
Hans scheint die Augen davor verschließen zu wollen und Behrens weicht ihm bewusst lange aus. Als es jedoch zur Aussprache kommt, war ich überrascht, wie deutlich er mit Hans ins Gericht geht - zumal er diesen doch selbst angelockt und im Berghof festgehalten hat:
"Sie sind eine Art von Feigling und Duckmäuser,...."
Ich hatte den Eindruck, dass Behrens lieber Hans stebren sehen würde als Joachim, für den er scheinbar wirklich Respekt empfindet.

Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht. Aber auch beim Niedergang Joachims spürt man die Beschleunigung der Zeit im zweiten Teil des Romans. Denn von der Wiederankunft Joachims bis zu seinem Tod vergeht doch bestimmt ein halbes Jahr, oder täuscht das?
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.168
49
Denn von der Wiederankunft Joachims bis zu seinem Tod vergeht doch bestimmt ein halbes Jahr, oder täuscht das?
Ende Juli hat Hans die Depesche an die Tante geschrieben, wenige Tage später waren sie da.
Gestorben ist er im November. Ich denke auch erst gegen Ende, finde es genau nicht. Aber höchstens 4 Monate, die ich jetzt nicht allzu gerafft empfunden habe.
 

Leseglück

Aktives Mitglied
7. Juni 2017
543
1.272
44
67
Die letzten Wochen des Joachim sind erneut genial geschrieben! Da waren zu viele Dinge drin, um sie hier zu würdigen. Der Kriegsbart, der den Jüngling zum reifen Mann macht (später wird er auch noch Greis), wodurch sein Leben im Eiltempo verstreicht...- eindrucksvoll das Motiv der verstreichenden Zeit wieder eingewoben.

Der Abschnitt "Als Soldat und brav" ist mir auch richtig ans Herz gegangen. Besonders wie Joachims Sterbeprozess von Thomas Mann beschrieben wird. (Überhaupt scheint er alles gut beschreiben zu können). Fand ich auch genial.

Joachim weiß sicher, dass er todkrank ist, seitdem er Halsschmerzen hat. Hans bemerkt eine Veränderung in seinen Augen, seinem Blick. Der Blick wird tiefer und hat etwas "Drohendes". Vielleicht weil Joachim nicht will, dass man ihn auf seine Krankheit anspricht. Später wird sein Blick "scheu". "Wie seltsam die Lebensscham der Kreatur, die sich in ein Versteck schleicht um zu verenden.." Das ist fast schon brutal ehrlich.
Aber auch Scham weil sich Joachim seiner Liebe zu Marusja sozusagen hingibt, in dem er mit ihr spricht.

Dann die vielen seelischen und körperlichen Veränderungen bei Joachim während der letzten Tage. "Er lebte rasch, wie ein abschnurrendes Uhrwerk..."

Den Wutausbruch von Behrens habe ich so verstanden. Behrens schätzt Joachim und er ist selbst seelisch mitgenommen von dessen Leiden. Er muss selbst alle Disziplin aufbringen um nicht zu Jammern und um der Politik des Hauses, nämlich, dass man hier in aller Stille zu sterben hat, gerecht zu werden. Er vermutet, dass Hans nicht zu so einer Disziplin fähig ist und nennt ihn deshalb Feigling.
Ich glaube nicht, dass er ihn Feigling nennt, weil er weiter auf dem Zauberberg bleiben will. Ich denke auch nicht, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn Hans gestorben wäre.

Die philosophischen Diskussionen in diesem Abschnitt fand irgendwie nur noch eine Art Unterhaltung für die anderen Patienten. Es ist wirklich nicht mehr so erst, es wurde ja auch schon alles gesagt und Hans hat seine Meinung zu dem Thema ja im Schneesturm eigentlich schon gefunden...
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.168
49
Die philosophischen Diskussionen in diesem Abschnitt fand irgendwie nur noch eine Art Unterhaltung für die anderen Patienten. Es ist wirklich nicht mehr so erst, es wurde ja auch schon alles gesagt und Hans hat seine Meinung zu dem Thema ja im Schneesturm eigentlich schon gefunden...
Ja, dem ist (zum Glück) so. Es wird auch erwähnt, dass die Diskussionen überwiegend Unterhaltungswert haben. Die Szenen, die du oben herausgesucht hast, ergänzen das Bild.

Was Behrens betrifft, bleibe ich bei meiner Einschätzung: Ich sehe in seinem Ausbruch seine wahre Meinung über Hans, natürlich angefeuert durch die Empörung, dass Joachim dem Tode geweiht ist. Ob er ihn allerdings lieber sterben sehen würde als Joachim? - soweit würde ich nicht gehen. Der Tod eines jungen, sympathischen Patienten wird immer schmerzlich sein. Bislang hat sich Behrens ja eher lächerlich und despektierlich über Todkranke geäußert. Er ist also doch ein Mensch!
 
  • Like
Reaktionen: Leseglück