Rezension Rezension (5/5*) zu Das Geheimnis der Muse von Jessie Burton.

Bibliomarie

Bekanntes Mitglied
10. September 2015
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49
Wunderbar

Im Roman „Das Geheimnis der Muse“ von Jessie Burton sind die Schicksale zweier unterschiedlichen Frauen miteinander verknüpft. Odelle Bastien kommt 1967 aus Trinidad ins Swinging London. Sie ist jung, lebenshungrig und will unbedingt Schriftstellerin werden. Für ihren Lebensunterhalt jobbt sie in einer Galerie und sieht das geheimnisvolle Gemälde eines Künstlers, Isaac Robles, der im Bürgerkrieg verschollen ist.
Gut 30 Jahre früher sucht die Künstlerfamilie Schloss in Andalusien Ruhe und Inspiration. Die Tochter Olive kämpft dafür, dass ihre Begabung anerkannt wird und dass auch ihre Eltern ihr Talent sehen und fördern. Sie trifft auf den jungen Revolutionär und Maler Isaac. Eine Begegnung, die ihr Leben völlig auf den Kopf stellen wird und viel später auch Odelles Schicksal beeinflusst.
Kunst und Revolution, Liebe und Politik – die Grundthemen sind kunstvoll verflochten und beide Frauen haben mich angesprochen und ich konnte mich in ihr Leben hineinversetzen, so unterschiedlich auch die Voraussetzungen waren. Dabei kann ich gar nicht entschieden sagen, welcher Teil mir besser gefallen hat. Die politisch unruhige Zeit in Spanien, als der Bürgerkrieg ausbrach oder die Swinging Sixties in London, als plötzlich alles möglich schien. Der historische Hintergrund sehr gut dargestellt, manche Probleme scheinen unvermindert aktuell, z.B. wenn Odelles Schwierigkeiten als karibische, dunkelhäutige Einwanderin thematisiert werden, oder die politische Spaltung einer Gesellschaft bis zum Ausbruch eines Kriegs.
Die Geschichte wird immer spannender, je mehr man von den einzelnen Protagonisten erfährt und mir hat dieser Aufbau mit den wechselnden Zeiten und Erzählform sehr gut gefallen. Obwohl Odelle als Ich-Erzählerin den Leser vielleicht sogar eher anspricht, war mir Olive in den Rückblenden noch näher. Die Autorin versteht es, eine ganz besondere Atmosphäre zu schaffen. Diese Stimmung und Burtons Kunst wunderbar unterhaltsam, aber trotzdem engagiert und anspruchsvoll zu schreiben, haben mir dieses Buch besonders nahe gebracht.


 
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