Ja, das mohammedanische Bild der Frau ist schon schwerer Tobak. Eine Frau hat so einen niederen Stand, dass es sogar keine Rolle spielt, welche Religionszugehörigkeit sie hat. Das hat mich in dem Zusammenhang am meisten erstaunt. Ich dachte immer, dass der Glaube das Non-Plus-Ultra für die Moslems ist, und dass die Ungläubigen ganz unten in der menschlichen Rangfolge stehen. Aber scheinbar geht es noch tiefer: Frau als Gegenstand.Wie fremd dieses Leben für mich ist. Einiges zu Beginn dieses Abschnittes machte mich richtig wütend. Die Tatsache zum Beispiel, dass die Frauen als Acker für den Samen des Mannes bezeichnet werden. Sie sind nur zu diesem Zwecke geduldet. Unfassbar. Es ist für mich unvorstellbar, dass man von diesem denken so überzeugt sein kann. Andererseits werde ich nie erfahren, wie es ist, wenn man dies von klein auf eingetrichtert bekommt.
Das ist mir auch aufgefallen. Die Konflikte, die hier angesprochen werden, häufen sich:Vor der Leserunde dachte ich, dass die Beziehung der beiden das zentrale Thema ist. Aber für mich ist momentan mehr der Gegensatz zwischen der westlichen und der östlichen Kultur im Fokus.
Obwohl die Geschichte vor 100 Jahren spielt, sind die Konflikte nach wie vor aktuell. Vermutlich ist das "Wer gegen wen" gar nicht abschließend zu beantworten, weil sich die Fronten vermischen und die Allianzen sich bei Gelegenheit auch ändern können. @RenieDas ist mir auch aufgefallen. Die Konflikte, die hier angesprochen werden, häufen sich:
Ost vs. West
Schiiten vs. Sunniten
Mohammedaner vs. Armenier
die Türken spielen auf einmal auch eine Rolle (ich weiß nur noch nicht welche, denn langsam verliere ich den Überblick "wer gegen wen und warum")
Was das Frauenbild betrifft: Glaubt ihr, das ist immer noch so hinterwäldlerisch? Hat sich da nicht in den 100 Jahren was bewegt?Ja, das mohammedanische Bild der Frau ist schon schwerer Tobak. Eine Frau hat so einen niederen Stand, dass es sogar keine Rolle spielt, welche Religionszugehörigkeit sie hat. Das hat mich in dem Zusammenhang am meisten erstaunt. Ich dachte immer, dass der Glaube das Non-Plus-Ultra für die Moslems ist, und dass die Ungläubigen ganz unten in der menschlichen Rangfolge stehen. Aber scheinbar geht es noch tiefer: Frau als Gegenstand.
Daher ist es umso erstaunlicher, dass Nino in Gesellschaft anderer Moslems (ich denke da an den Abend im Urlaub, als alle friedlich am Lagerfeuer zusammensaßen) als Person wahrgenommen wird - sie ist die Georgierin. Wahrscheinlich ändert sich das, sobald sie in den Besitz von Ali übergegangen ist.
Das ist mir auch aufgefallen. Die Konflikte, die hier angesprochen werden, häufen sich:
Ost vs. West
Schiiten vs. Sunniten
Mohammedaner vs. Armenier
die Türken spielen auf einmal auch eine Rolle (ich weiß nur noch nicht welche, denn langsam verliere ich den Überblick "wer gegen wen und warum")
Dieser Landstrich ist ein wahres Pulverfass und wird es wohl auch immer sein.
Mit dem Aufkommen der Massenmedien hat sich da bestimmt etwas bewegt. Andererseits ist das Frauenbild, das in Saudi Arabien immer noch vorherrscht, heute eher noch schlimmer als in dieser 100 Jahre alten Geschichte, @Literaturhexle.Was das Frauenbild betrifft: Glaubt ihr, das ist immer noch so hinterwäldlerisch? Hat sich da nicht in den 100 Jahren was bewegt?
Nein, das müssen sie nicht. Bestimmt gab und gibt es auch Vorurteile, aber alle geschilderten Besonderheiten lassen sich vermutlich nicht mit europäischen Vorurteilen relativieren. Im Iran ist beispielsweise heute noch Steinigung bei Ehebruch geltendes Recht. Das ist leider traurige Gewissheit.Europäer haben das Buch geschrieben. Ihre Eindrücke und Sichtweisen müssen nicht objektiv sein, sondern auch mit Vorurteilen durchsetzt.
Eine Frau hat so einen niederen Stand, dass es sogar keine Rolle spielt, welche Religionszugehörigkeit sie hat
@Renie,
"Ich, deine Nino, bin doch auch ein ganz winziges Stück von dem Europa, das du haßt, und hier in Tiflis fühle ich das besonders deutlich. Ich liebe dich, und du liebst mich. Aber ich liebe Wälder und Wiesen, und du Berge und Steine und Sand, weil du ein Kind der Wüste bist. Und deshalb fürchte ich mich vor dir, vor deiner Liebe, vor deiner Welt."
Was in Baku nebeneinander und zusammen funktionieren kann, ist in einer mehr geschlossenen Gesellschaft, wie Tbilissi sie bildet, gefährdet.
Danke @Literaturhexle, für diese Zustimmung. Ich habe gerade bei wunderschönem Wetter im Garten das Buch zu Ende lesen können und möchte hier ein wenig vorgreifen und auf das wunderschöne Nachwort von Nino Haratischwili verweisen. Sie spricht hier von Baku in dem Roman nicht nur als Ort, sondern als eine Vision, als eine Möglichkeit Widersprüche aufzulösen."Dafür braucht es den Raum, die Freiheit, die Selbstbestimmung der Menschen. Es braucht vor allem kein blindes Festhalten an irgendeiner nationalen Identität, die vorgibt über anderen Individuen zu stehen und sich am Ende doch stets als ein Machtinstrument entpuppt, eingesetzt im Interesse Weniger - gegen Tausende und Abertausende."In Baku gibt es beide Einflüsse, den des Orients und den des Okzidents. Nur deshalb wird die Verbindung zwischen den Liebenden akzeptiert.
@Renie, diese Interpretation find ich sehr gewagt. Auch mich hat die Problemlosigkeit erstaunt, mit der über Nationalitäten- und Religionsgrenzen hinweg Beziehungen für möglich und akzeptabel gehalten werden. Ich habe es aber als Ausdruck dieser schon seit Jahrhunderten enorm multikulturellen Gesellschaft gewertet, in dem eine "Durchmischung" (furchtbares Wort, entschuldigt!) unausweichlich und Teil des Lebens ist.
Interessant fand ich darüber hinaus in diesem Teil des Romans die beiden Gegenentwürfe der Städte Tbilissi und Baku, wobei Tbilissi als komplett westlich angesehen wird und Baku als Brückenkopf zwischen West und Ost . Und darin wird auch die Besonderheit Bakus gesehen: "Die Magie dieser Stadt liegt in der mystischen Verbundenheit ihrer Rassen und Völker." @Renie, dieses Zitat nochmal zu meiner anderen Bewertung deines Zitats oben. Baku mit seinem Charakter macht so auch die Beziehung zwischen Ali und Nino erst so richtig möglich und lebendig. in Tbilissi wird sie wesentlich problematischer:
"Ich, deine Nino, bin doch auch ein ganz winziges Stück von dem Europa, das du haßt, und hier in Tiflis fühle ich das besonders deutlich. Ich liebe dich, und du liebst mich. Aber ich liebe Wälder und Wiesen, und du Berge und Steine und Sand, weil du ein Kind der Wüste bist. Und deshalb fürchte ich mich vor dir, vor deiner Liebe, vor deiner Welt."
Was in Baku nebeneinander und zusammen funktionieren kann, ist in einer mehr geschlossenen Gesellschaft, wie Tbilissi sie bildet, gefährdet.