Rezension Rezension (5/5*) zu Inspektor Takeda und der leise Tod von Henrik Siebold

Bibliomarie

Bekanntes Mitglied
10. September 2015
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Zen und die Kunst der Ermittlung

Der harte Polizeialltag hat bei Claudia Harms, Kriminalhauptkommissarin in Hamburg, Spuren hinterlassen. Sie ist bindungsunfähig, einsam und etwas verbissen. Ein wenig wird ihr Arbeitsalltag aufgelockert durch den Kenjiro Takeda, einem japanischen Inspektor aus Tokio, der an einem Austauschprogramm teilnimmt. Er fremdelt manchmal noch etwas mit seinem neuen Umfeld, die kulturellen Unterschiede sind doch gewaltig, aber bei seinem geliebten Jazz und seinen sorgsam vorbereiteten Teezeremonien findet er Erholung. Takedas unvoreingenommener Blick auf die deutschen Befindlichkeiten, gibt ihrer gemeinsamen Arbeit oft einen besonderen Kick.
Da bringt ein Einsatz beide an ihre emotionalen Grenzen, aus einem Hochhaus wird ein Kleinkind einfach vom Balkon geworfen. Der Täter ist schnell gefunden, die Mutter und ihr jetziger Lebensgefährte leben im Dreck und andauernden Crystal Meth Drogenrausch. Das vor Hunger und Kälte schreiende Kleinkind war einfach im Weg.
Kurz danach führt sie ein Unfall mit Fahrerflucht ans andere Ende der Hamburger Gesellschaft, das Opfer war ein erfolgreicher Internet-Unternehmer mit Edel-Büro und teuren Vorlieben. Schnell wird Takeda klar, dass hier kein Autounfall vorliegt, dass die Tat ein sorgsam geplanter Mord war. Gibt es gar eine Verbindung zum Fall des getöteten Kindes?
Das ungleiche Duo bereichert sich gegenseitig. Ganz besonders hat mir der „japanische Blick“ gefallen, vieles was selbstverständlich erscheint, wird hinterfragt und bekommt plötzlich einen ganz anderen Stellenwert. Beide Kommissare haben eine besondere Art zu ermitteln und sind sich dabei ähnlicher, als sie sich eingestehen möchten.
Spannende Ermittlungen, im Drogenmilieu, genau wie in der New Commerce Szene fand ich interessant und toll aufgebaut. Der Krimi entwickelt einen Sog, dem ich mich nicht entziehen mochte. Der Plot ist aktuell und realistisch, das Tempo des Krimis bis zur letzten Seite hoch. Die Beschreibung der beiden Kriminalisten hat mir besonders gut gefallen. Wie Claudia und Kenjiro sich annähern, die jeweiligen kulturellen Unterschiede schätzen zu lernen, ist witzig und amüsant. Mit diesem Ermittler-Duo ist dem Autor ein wirklich originelles Gespann gelungen vom dem ich unbedingt mehr lesen möchte.