Rezension Rezension (5/5*) zu Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier.

Xirxe

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19. Februar 2017
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Buchinformationen und Rezensionen zu Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier
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Hervorragendes Buch mit verfehltem Umschlag- und Klappentext

Dieses Buch ist mal wieder ein gelungenes Beispiel für einen völlig mißlungenen Klappen- und Umschlagtext und was daraus wird: Mehr als die Hälfte der Bewertungen sind gut bis sehr gut, ca. ein Drittel schlecht bis sehr schlecht und lediglich 10% finden es 'so ok'. Kein Wunder: Wer sich ein Buch kauft aufgrund der vollmundigen Ankündigung als Krimi ('Bewußtseinskrimi!'), in dem der Protagonist Raimund Gregorius um sein Leben fürchten muss, wird schwer enttäuscht sein von dieser Lektüre. Statt Verbrechen und gefährlichen Situationen ist der Schwerpunkt dieser Reise nach Lissabon eine Suche. Die Suche nach dem, was den wahren, echten Menschen ausmacht.
Klingt, als ob sich um einen weiteren der zahllosen Lebensratgeber handelt: Wer bin ich? Was will ich? Erkenne dich selbst! Das Ganze verpackt in eine unterhaltsame Rahmenhandlung, die Gregorius auf der Suche nach einem portugiesischen Autor (Prado) nach Lissabon führt. Doch weit gefehlt. Statt der üblichen mittlerweile alltäglichen Ratschläge wie 'Gönnen Sie sich eine Auszeit und entdecken Sie, was SIE wollen!', legt der Autor Schicht für Schicht all die Einflüsse offen, die das eigene Ich einzwängen, bedrängen, leiten.... Doch ist das was dann bleibt, das eigene ICH?
Durch das Lesen der Schriften des verstorbenen Prados und der Erforschung dessen Lebens erfolgt Gregorius' zunehmende Erkenntnis seines eigenen Ich. Prado war besessen von dieser Frage, wer er selber war und Gregorius beginnt verstärkt sich ebenso diesen Fragen zu stellen wie ganz zwangsläufig auch die Leserinnen und Leser.
Doch dies ist nur ein Thema (wenn auch das hauptsächliche) um das dieses Buch kreist. Es geht um Gott, um den Tod, das Miteinander der Menschen... Ein ungemein reichhaltiges, inhaltsschweres Werk das sich dennoch nicht allzu schwer liest. Doch es ist keine Unterhaltungslektüre die nur zu konsumieren ist. Um's eigene Gedanken machen wird man kaum herum kommen :)

 

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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München
Das ist lange her, dass ich #nachtzug nach lissabon von #pascal mercier gelesen habe. Hat mir auch gefallen. ich meine mich aber zu erinnern, dass mich eine Sache gestört hat bzw. fand ich sie zumindest komisch. Es war die Reaktion des Lehrers, der seine komplette Existenz von jetzt auf gleich aufgibt. Dafür, dass es in seinem Leben so einen bruch gibt, erschien er mir irgendwie zu wenig betroffen, zu wenig aufgewühlt. Wie hast Du das denn empfunden @Xirxe ?
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Dieses Buch ist eines der wenigen Bücher, die ich behalten habe, da ich es gerne nochmal lesen möchte. Daher werde ich mich nachher gleich mal auf die Suche machen, um Deine Frage zu beantworten @Helmut Pöll ;)
Ich glaube mich zu erinnern, dass ich diesen Bruch eher als logische Schlussfolgerung in seinem Leben empfand, die sich aus den Geschehnissen ergeben hat. Denn wenn ich mich richtig erinnere, hatte er sich ja bereits zuvor intensiv mit dem Leben des Arztes auseinandergesetzt. Aber ich schau mal...
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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@Helmut Pöll Ich habe mich ein bisschen eingelesen und fand den Aufbruch (so heisst auch der erste Teil) ganz stimmig. Mundo ist ein derart in sich ruhender, fast schon langweilig wirkender Mensch, der für seine Verhältnisse durchaus sehr aufgewühlt war. Die Sache mit der Frau auf der Brücke, wie er sie mit in seinen Unterricht nimmt, er noch immer die Telefonnummer auf der Stirn hat - das wirbelt sein Leben ganz schön durcheinander.
Das Buch gefällt mir noch immer sehr gut, beim 'Einlesen' bin gleich wieder auf den Geschmack gekommen.... Aber da wartet ja die Klassikrunde, und noch ein, zwei, drei, vier.......andere Bücher....;)
 
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