Rezension Rezension (5/5*) zu Rabenaas: Ein Rügen-Krimi von Klara Holm.

Bibliomarie

Bekanntes Mitglied
10. September 2015
2.092
3.205
49
Packend

Was wie ein harmloser Routinefall beginnt – ein Streit unter Nachbarn – entwickelt sich zu einer Herausforderung für die Beamten des Kommissariats auf Rügen.
Kerstin Sonntag wird von einer jungen, drogenberauschten Frau mit dem Messer bedroht und schießt in Notwehr. Aber niemand außer ihr hat ein Messer gesehen. Die junge Frau gehörte zum Clan der Schreppers, eine kriminelle Familie, die seit Jahren die Insel und die Nachbarschaft beherrscht, denen aber nie etwas nachzuweisen ist. Oberhaupt der Familie ist Martha Schrepper, als Rabenaas bekannt und gleichermaßen gehasst, wie gefürchtet.
Für Kerstin sieht es nicht gut aus, ihr Chef Luka Kroczek hegt schon länger eine persönliche Abneigung gegen sie und lässt es an Unterstützung mangeln und der eingesetzte LKA Beamte lässt sich durch Vorurteile beeinflussen und ermittelt schlampig.
Derweil eskaliert der Streit in der Nachbarschaft der Schreppers, es gibt noch einen Toten, gefährliche Angriffe und Überfälle und immer geben sich die Familienmitglieder gegenseitig hieb-und stichfeste Alibis. Natürlich haben sie auch immer einen äußerst gewieften Anwalt im Schlepptau. Das zerrt an den Nerven der Beamten, sie suchen nach Motiven, nach greifbaren Beweisen und ziehen frustriert immer wieder den Kürzeren, selbst als das Rabenaas nicht davor zurückschreckt, Lukas Tochter mit einem Messer zu bedrohen, bleibt das folgenlos. Realistisch wird auch geschildert, wie hilflos die Polizei dem Treiben gegenüber steht, wenn sie sich an die Regeln hält, der Familienclan aber jede Regel bricht.
Ein spannender Fall, der zeigt, wie schnell die Beamten an ihre Grenzen stoßen können, die Eskalation von Gewalt ist rau und hart beschrieben, gerade aus der wirklichkeitsnahen Darstellung zieht der Krimi seine Faszination. Besonders die Figuren der Familie Schrepper sind toll charakterisiert. Hart, aber nie unglaubwürdig dargestellt, habe ich zwar keine Empathie für sie entwickeln können, wohl aber ein Verständnis, wie Charakter deformiert werden können. Schon bei der kleinen Enkelin der Martha Schrepper ist das zu spüren.
Gleich von den ersten Seiten an gelingt es Klara Holm mich in den Bann der Geschichte zu ziehen, auch wenn ich nicht alle Vorgängerbände kenne, ist der Einstieg problemlos. Das Tempo des Krimis ist von Beginn an rasant und ich war sofort in die Handlung einbezogen. Wie sehr merkte ich daran, dass ich mich mit einzelnen Figuren zu solidarisieren begann und wünschte dem Rabenaas das Handwerk zu legen. Der Plot ist verzwickt und überrascht immer wieder durch neue, absolut logische Wendungen. Das war wirklich ein Buch, das mich für Stunden nicht losgelassen hat, was ich mir für einen Krimi auch wünsche.