Rezension Rezension (5/5*) zu Am Ende aller Zeiten von Adrian J Walker.

Sebastian

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18. April 2014
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Ostharingen, Niedersachsen, Germany
Endzeit auf hohem Niveau

FISCHER-Tor wurde groß als die neue Science Fiction- und Fantasy-Marke der Fischer Verlagsgruppe angekündigt. Tor, die am internationalen Markt schon seit den 80ern Bestand haben, können auf Veröffentlichungen von großen Namen wie Orson Scott Card oder George R. R. Martin zurückblicken. Gute Voraussetzungen also für eine neue, interessante Marke in der deutschen Verlagslandschaft.

„Am Ende aller Zeiten“ sprach mich, als altgedienten Freund von Endzeit-Szenarien, dann auch mit dem Klappentext schon unmittelbar an. Der gute Eindruck verstärkte sich unmittelbar auf den ersten Seiten. Entgegen vieler gleichartiger Romane setzt Adrian J. Walker hier nicht auf eine Welt, die schon völlig hinüber ist, sondern wirft den Leser in die letzten Stunden unmittelbar vor den verheerenden Einschlägen. Dadurch kommt natürlich gleich zum Start ordentlich Tempo und Spannung auf. Man muss allerdings sagen, dass besonders Tempo seltener im Roman zu finden ist. Der Fokus liegt eher auf der zwischenmenschlichen Komponente der Gruppe von Überlebenden, die man auf ihrem 500 Meilen weiten Marsch nach Cornwall begleitet. Dabei präsentiert sich das Buch wie eine Mischung aus einem kleinen Teil „Todesmarsch“ von Stephen King und einer (offensichtlichen) Menge „The Road“ des unvergleichlichen Cormac McCarthy. Bei aller Schlagseite bewahrt es sich aber doch genügend Eigenständigkeit. Besonders hervorzuheben ist dabei die vom Anfang bis zum Schluss sehr starke Atmosphäre, die „Am Ende aller Zeiten“ versprüht. Ein Ringen der Emotionen zwischen Verzweiflung, Hoffnung und Selbstaufgabe in einer Welt, bei der vor allem der gesellschaftliche Zusammenbruch erschreckend realistisch geschildert wirkt. Garniert wird die Geschichte mit einem hochdramatischen Schlussteil, der sitzt wie eine gut gezielte Backpfeife.

Stark sind auch die Figuren. Zwar kann ich mir gut vorstellen, dass besonders Hauptfigur und Ich-Erzähler Ed streckenweise ziemlich polarisierend wirken dürfte, mir für meinen Teil hat er jedoch sehr gut gefallen. Im Verlauf der Geschichte macht der eigentlich äußerst negative und menschenfeindliche Herr eine Entwicklung durch, die zwar wegen seiner Ansichten mitunter extrem wirkt, mit Blick auf die Ereignisse aber durchaus realistisch scheint. Walker stellt ihm eine kleine Gruppe von Begleitern zur Seite, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zwar stehen sie zu Beginn noch etwas blass da, werden nach und nach aber immer mehr mit einer Hintergrundgeschichte versehen. Diese Rückblicke und Entwicklungen sorgen dafür, dass der Autor mich sehr an seine Charaktere binden konnte. Besonders der Tod eines Mitstreiters ging mir dann tatsächlich ziemlich nahe. Das schaffen nicht viele Autoren, Chapeau, Mr. Walker!

Auch stilistisch kann ich mich nicht beschweren. „Am Ende aller Zeiten“ liest sich sehr flüssig und ist jederzeit gut verständlich. Adrian J. Walker drückt hier und da mal aufs Gaspedal, ohne aus seinem Buch jedoch einen Actionthriller zu machen. Der Fokus liegt auf dem Figurenaufbau und der Spannung, die in den einzelnen Episoden immer mal wieder kleine Höhepunkte erfährt. Die Übersetzung weiß zu gefallen. Ich war zunächst etwas kritisch, als ich gelesen habe, dass gleich zwei Übersetzer mit dem Buch betraut waren, aber der Übergang von Nadine Püschels und Gesine Schröders Arbeit ist fließend und unauffällig.

Fazit:

„Am Ende aller Zeiten“ wird mit Sicherheit nicht mein letztes Buch aus dem FISCHER-Tor-Verlag gewesen sein. Die Geschichte ist toll erzählt, die Figuren sind sehr interessant und werden im Lauf der Geschichte immer vielschichtiger. Warum also nicht die volle Punktzahl? Nur aus einem einzigen Grund: Stellenweise sind mir die Parallelen zu „The Road“ dann doch etwas zu offensichtlich. Aber um ehrlich zu sein ist das in diesem Fall meckern auf ganz hohem Niveau.

 

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