Rezension Rezension (5/5*) zu Ein Lied für die Geister: Roman von Louise Erdrich.

Bibliomarie

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10. September 2015
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Ein großartiger Familienroman

Es war ein im Nachhinein unerklärlicher Jagdunfall bei dem Landreaux Iron den kleinen Sohn der benachbarten und verwandten Familie Ravich tötet. Nach einer Schwitzhüttenzeremonie folgen er und seine Frau Emmeline einer alten indianischen Tradition und geben ihren jüngsten Sohn LaRose in Obhut der trauernden Familie Ravich. Kann der Verlust des Kindes durch einen weiteren Verlust gesühnt werden?
Louise Erdrich gelingt es, den Spagat der Familien der amerikanischen Ureinwohner zwischen Tradition und Moderne aufzuzeigen. Dazu geht sie mehrere Generationen zurück und erzählt in einer Parallelhandlung die Geschichte der Familie, von der ersten LaRose, der direkten Vorfahrin, bis hin zu Emmeline Iron, der Mutter des kleinen LaRose. Die Überlieferungen, das Wissen um die spirituelle Kraft der Lieder, das alles ist in dem kleinen Jungen vereint. Wenn es die Möglichkeit zur Aussöhnung gibt, dann liegt sie bei ihm.
Der Autorin gelingt es, die Zerrissenheit der amerikanischen Ureinwohner aufzuzeigen. Die an ihre Traditionen und Werten festhalten wollen, ohne sie zur Folklore verkommen zu lassen, die aber auch ein Teil des heutigen Amerikas sind, und immer noch zu selten ihren angestammten Platz in der Gesellschaft bekommen.
Ein Buch, das mich tief berührt hat, das menschliche Schwäche und Größe beschreibt, ohne zu werten oder anzuklagen. Gerade das macht diesen Roman so lesenswert. Die Autorin ist für mich eine große Stimme der amerikanischen Literatur.


 

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