Rezension Rezension (5/5*) zu Fingerhut-Sommer: Roman (dtv Unterhaltung) von Ben Aaronovitch.

Frank1

Autor
5. April 2016
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258
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60
Eisenach
lordbreakingham.wordpress.com
Die Schrecken des Landlebens

Klappentext:
Obwohl sich Police Constable Peter Grant schon unwohl fühlt, wenn er Londons Skyline auch nur ein paar Kilometer weit hinter sich lässt, wird er jetzt in die tiefste Provinz geschickt: in einen kleinen Ort in Herefordshire – wo sich Fuchs, Hase und der Dorfpolizist Gute Nacht sagen. Aber es werden zwei Kinder vermisst, und ihr Verschwinden erfolgte womöglich unter magischen Umständen. Also muss Peter notgedrungen sein angestammtes Biotop verlassen. Mit der Flusstochter Beverley Brook begibt er sich mutig nach Westen, hinein ins ländliche England …

Rezension:
Im fernen Westen Englands, nahe der Grenze zu Wales, sind 2 Mädchen spurlos verschwunden. Die Tatsache, dass ganz in der Nähe ein ‚Zauberer im Ruhestand‘ lebt, lässt Nightingale befürchten, dieser könnte in das Verschwinden der Kinder verwickelt sein. Also schickt er Peter in diese entlegene Gegend fernab jeder Großstadtkultur. Dieser stellt jedoch schnell fest, dass der alte Zauberer allem Anschein nach unschuldig ist. Einmal vor Ort bietet Peter der örtlichen Polizei seine Hilfe an, die bei der Großfahndung gerne akzeptiert wird. Als eine Mitschülerin der Mädchen berichtet, eine der Verschwundenen hätte eine unsichtbare Freundin, schrillen Peters Alarmglocken. Zum Glück kann Nightingale die Flussgöttin Beverly überreden, Peter zu Hilfe zu kommen. Doch als die Mädchen endlich gefunden sind, geht der Fall für Peter erst richtig los.
Auch im mittlerweile bereits 5. Band seiner „Peter Grand“-Reihe bleibt sich Ben Aaronovitch treu und spickt die Story mit jeder Menge humorvoller Anspielungen auf Popkultur und Architektur. Zusätzlich wird diesmal jedoch auch die naturferne Lebensweise des Protagonisten thematisiert. Wenn sich Großstadtkind Peter nicht sicher ist, ob der ‚Duft‘, der durchs Fenster hereinweht, von den dort wachsenden Glockenblumen oder doch eher vom Silofutter stammt, kann wohl kein Leser ernst bleiben. Dieser Humor ist einfach zu gut – und typisch für diese Buchreihe.
Abgesehen vom Humor sind jedoch wie gewohnt auch die Aufklärung des Falls und dessen magische Zusammenhänge spannend. Ben Aaronovitch schafft es auch hier wieder, unerwartete Wendungen einzubauen, obwohl er diesmal auf die Mitwirkung der schon bekannten ‚Bösen‘ komplett verzichtet. Auch der Handlungsstrang um Peters ehemalige Kollegin Lesley wird immer interessanter.
Ein Punkt, der bei Rezensionen meist unerwähnt bleibt, ist die Übersetzung. Diese soll an dieser Stelle für die gesamte Reihe einmal ausdrücklich gelobt werden. Gerade bei dem Wortwitz des Autors ist es wahrscheinlich oft nicht einfach, diesen zu übertragen. Allerdings ist der Übersetzerin beim vorliegenden Band ein Fehler unterlaufen, den man wohl nicht ihrem sprachlichen, sondern vielmehr ihrem fachlichen Unwissen zuschreiben muss. Auf einem Rummelplatz stehen mehrere Dampflokomotiven. Und eine von denen fährt später sogar einen Feldweg entlang! Die Magie ist in diesem Fall jedoch unschuldig, denn es dürfte sich in Wirklichkeit wohl eindeutig um Lokomobile handeln, die die Übersetzerin aus Unkenntnis falsch übersetzte. (Lokomobile – Wikipedia

Fazit:
Der Kult geht in die 5. Runde! Peter Grand begeistert auch weiterhin.

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Sakuko

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Naja, wie viele deutsche Leser würden Lokomobile einordnen können? Ich finde Dampflok eigentlich verständlich genug.
 

Sakuko

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Steht da nur Dampflokomotive? Auf englisch steht da jedenfalls auch nur Road Steam Locomotive und nicht Traction Engine, was die 1-1 Übersetzung von Lokomobile wäre.
 

Sakuko

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@Frank1 Ok, dann ist es seltsam. Straßen-Dampflok wäre richtiger gewesen.

@Helmut Pöll Die Serie hat einen ganz anderen Ton als Harry Potter. Es geht um Polizeiarbeit in einem magischen Umfeld, entsprechend wird es schon mal düsterer, es gibt mehr Gewalt, auch Sex. Man hat aber auch weniger das schwarz-weiss gezeichnete, märchenhafte von Harry Potter.
Es ist nicht so düster und gritty wie z.B. Harry Dresden, aber definitiv Erwachsenenliteratur.
 

Frank1

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Könnte man die Geschichten von Aaronovich mit Harry Potter vergleichen, oder ist das ganz was Anderes @Frank1 , @Sakuko ?

Ein Unterschied liegt schon darin, dass man Peter Grant im 1. Band als Erwachsenen kennenlernt, der gerade Polizeischule und 2 Jahre Probezeit hinter sich hat und zum vollwertigen Polizisten (Police Constable) befördert wird. Als er eine zufällig gefundene Leiche absichern soll, bis die Mordkommission eintrifft, meldet sich bei ihm ein Geist als Zeuge. Dadurch wird Nightingale, einziger verbliebener Beamter einer Spezialkommission für übersinnliche Verbrechen, auf den Fall und auch Peter aufmerksam und holt diesen in seine Abteilung, wo er ihn auch zum Zauberer ausbildet. Der Autor schreibt das alles zum Teil sehr sarkastisch. Ausdrückliche Harry-Potter-Anspielungen gibt es in jedem Band. In Band 3 fährt er z.B. seine betrunkene Kollegin heim:
[zitat]"Du bist so langweilig", sagte sie. "Also, jemand, der gleichzeitig Bulle und Magier ist, sollte irgendwie spannender sein. Harry Potter ist nicht so langweilig wie du. Und Gandalf könnte dich bestimmt untern Tisch trinken."
Das stimmte wahrscheinlich, aber ich konnte mich nicht an die Stelle erinnern, wo Hermine sich so die Kante gibt, dass Harry den Besen auf der Buckingham Palace Road links ranfahren muss, damit sie ihr Abendessen dem Gully spendieren kann. Nachdem Lesley sich den Mund mit den Taschentüchern abgewischt hatte, die ich langweiligerweise für genau solche Fälle im Handschuhfach aufbewahrte, fuhr sie fort, auch Merlin hätte mir garantiert einiges über Tafelrunden und Becher beibringen können. Die Liste wäre noch länger geworden, nur hatte Lesley in ihrer Jugend hauptsächlich Sophie Kinsella und Helen Fielding gelesen, daher war ihr Arsenal fiktiver Magier bei Severus Snape erschöpft, und der Rest der Heimfahrt verging in relativer Ruhe.[/zitat]
Zwischendurch gibt es aber auch richtig brutale Morde.
 
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