Rezension Rezension (5/5*) zu Bühlerhöhe von Brigitte Glaser.

Bibliomarie

Bekanntes Mitglied
10. September 2015
2.092
3.205
49
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Frauen mit Vergangenheit

Brigitte Glaser kann nicht nur Krimi! Mit „Bühlerhöhe“ hat sie einen Roman geschrieben, der spannend und realistisch ist, dabei auch Zeitgeschichte kenntnisreich und gut recherchiert vermittelt.

„ Die Weltgeschichte klopft bei jedem an, doch als Torwächter herrscht immer der Zufall.“

Das renommierte Hotel im Schwarzwald war Anfang der 50iger Jahre Urlaubsdomizil für Kanzler Adenauer, dort erholte er sich, traf aber auch immer wieder mit Politikern und Wirtschaftsbossen zusammen. Jetzt will er auch die letzten Zweifel für das Wiedergutmachungsgesetz ausräumen, die dem jungen Staat Israel finanzielle Entschädigung zusichert. Das passt nicht jedem, weder in der jungen Bundesrepublik, in der die Anschauungen der Nazi noch sehr lebendig sind, noch in Israel. Zwar ist der neu gegründete Staat Israel dringend auf die deutschen Gelder angewiesen, aber es gibt genug Israelis, die auf keinen Fall Blutgeld annehmen wollen. Der Mossad fürchtet ein Attentat auf Adenauer und damit das Scheitern des Gesetzes. Deshalb schickt er die junge Rosa Silbermann in den Schwarzwald. Rosa , eine junge überzeugte Kibbuznik, stammt aus Deutschland, kennt die Bühlerhöhe aus Kinderzeiten, ist also prädestiniert undercover eine Auge auf die Vorgänge zu haben.

In bin in unsere jüngere Vergangenheit eingetaucht, als ob ich dabei gewesen wäre. So lebendig und so nah ist mir Geschichte nicht oft gekommen. Sicher liegt es an am erzählerischen Talent von Brigitte Glaser und wie sie ihre Figuren entwickelt. Von der traumatisierten Schwarzwälder Bauerntochter, die die französischen Besatzer von ihrer übelsten Seite kennengelernt hat, bis hin zu Sophie Reisacher, die hartherzig und nur auf ihren Vorteil bedacht, jederzeit ihre Anschauung den Gegebenheiten anpasst. Dann Rosa Silbermann, Holocaustüberlebende, die in Israel ein neues Zuhause gefunden hat. Besonders die Frauenfiguren sind interessant und großartig dargestellt. Jede Figur ist plastisch und psychologisch vielschichtig beschrieben, fast bin ich versucht an echte Vorbilder zu glauben.
Ich bin begeistert, wie die Autorin die wahren Geschichten mit dem (fiktiven) Attentatsplan auf der Bühler Höhe verbindet und wie es ihr gelingt, die bundesdeutsche Stimmung der frühen Fünfziger Jahre einzufangen. Genau so lebendig wie sie die Aufbruchsstimmung des jungen Staates Israel schildert.

Dieses Buch habe ich in einem Zug gelesen und meine Fantasie lieferte mir fast kinoreife Bilder dazu, was sicher auch an der Sprache und dem Können von Brigitte Glaser liegt.