Rezension Rezension (4/5*) zu Schmerz von Zeruya Shalev.

wal.li

Bekanntes Mitglied
1. Mai 2014
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Zweite Chance

Vor zehn Jahren ist Iris bei einem Anschlag schwer verletzt worden. Sie hatte das Trauma überwunden geglaubt. Man könnte beinahe sagen zum Jahrestag kommen die Schmerzen zurück. Iris verliert sich in Erinnerungen. Was wäre gewesen wenn, wenn ihr Mann nicht früher aus dem Haus gemusst hätte, wenn ihre erste große Liebe sie nicht verlassen hätte, wenn ihr Vater nicht gestorben wäre. In der Schmerztherapiepraxis trifft sie auf einen Arzt, in dem sie ihre erste große Liebe wieder erkennt. Er war die ganzen Jahre nicht weit weg. Und in Iris werden alle unerfüllten Wünsche wach. Sie beginnt, ihr Ehe zu überdenken, ihr Leben.

Wie wird man von einschneidenden Erlebnissen geprägt, bleibt man geprägt für den Rest des Lebens. Insgeheim hat Iris ihrem Jugendfreund Eitan immer nachgetrauert. Möglicherweise hat sie sich nicht hundertprozentig auf ihre neue Liebe eingelassen, sich ihre Kinde anders gewünscht. Doch soll sie nun diese zweite Chance ergreifen? Alles aufgeben für einen Traum, von dem sie nicht weiß, in was für einer Realität er münden wird? Wird sie damit ihren Schmerz stillen können? Wird sie schwach oder stark? Was ist der Ausdruck von Schwäche oder Stärke? Sie muss wissen, um Entscheidungen treffen zu können. Doch welche Entscheidung wird sich ergeben?

Ein schmerzvolles Leben beschreibt Zeruya Shalev in diesem Roman. Schon früh muss Iris mit Verlusten fertig werden, mit seelischen Schmerzen und nach dem Anschlag auch mit physischen. Hat sie nicht ein wenig Glück verdient? Doch als was könnte sich das Glück entpuppen? Kann sie mit dem leben, was sie ihrer Familie antun müsste, sollte sie wirklich gehen. Ein Tal der Schmerzen und auch der schmerzlichen Erkenntnisse durchwandert Iris. Man fühlt sich in ihre Welt, in ihre Gedanken und Gefühle hineingezogen und empfindet großes Verständnis für ihr Handeln oder auch nicht Handeln. Man fühlt das langsame Reifen der Entscheidung. Wenn die Autorin ihrer Heldin manchmal etwas zu viel aufbürdet, um sie auf ihren Weg zu lenken, so hat sie doch einen packenden Entwicklungsroman geschaffen, in dem man sich als Leser wiederfindet.


 

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