Als Lulu und Gerald sich wiederbegegnen, liegt ihre Ehe sechzig Jahre zurück. Geblieben ist nur Hass. Im Streit stürzt das einstige Liebespaar von den Klippen von Cala Marsopa. Peter Nichols’ Familiensaga schickt den Leser auf eine Reise rückwärts durch die Zeiten, auf ein betörend schönes, unentdecktes Mallorca.
Die Villa Los Roques ist ein zeitloser Ort: Seit drei Generationen zieht das kleine Strandhotel im äußersten Osten Mallorcas Bohemiens und Lebenskünstler an. Als Lulu, die Besitzerin, inzwischen über achtzig Jahre alt, eines nachmittags zufällig auf ihren ersten Ehemann Gerald trifft, kommt es zum Handgemenge, und die einstigen Liebenden ertrinken im Meer. Entsetzt kehren Luc und Aegina, die Kinder aus den zweiten Ehen, auf die Insel zurück, um ein schweres Erbe anzutreten, immer der Frage nach: Was ist im Sommer 1948 passiert? Denn in der kleinen Inselgemeinschaft hat jede Intrige und jede Affäre ihren Ursprung in der Vergangenheit. Und die alten Enttäuschungen sind längst nicht vergeben.Kaufen
Kaufen >
Wie eine Naturgewalt verliebten sich Lulu und Gerald 1948 und in ihren Flitterwochen bei einem Segeltörn im Mittelmeer, endete die Ehe abrupt. Das Schicksal verschlug beide später nach Mallorca, eine von Fremden damals kaum besuchte Insel und nie wieder, bis zu ihrem gemeinsamen Tod 2005, wechselten die Beiden nochmal ein Wort. So nah sie auch beieinander lebten, so unversöhnlich und fern waren sich Lulu und Gerald.
Der Roman lebt vom ungewöhnlichen Stilmittel der rückwärts angelegten Chronologie. So lernen wir Lulu und Gerald als 80jährige kennen und gehen in Etappen ihr Leben zurück. Daraus ergibt sich eine ganz besondere Spannung und Faszination, da sich viele Begebenheiten und Handlungen erst aus Rückblenden logisch erschließen. Verbunden sind aber ihre Kinder, jeweils vom zweiten Ehepartner, Luc und Aegina, die sich ihr ganzes Leben kennen und viele Sommer gemeinsam auf Mallorca verbrachten, die sich sogar lieben, ohne dass sie zueinander kommen oder es sich eingestehen können. Es ist die unversöhnliche Lulu, die leidenschaftlich ihr Leben dem Hass auf Gerald widmet. Man könnte vielleicht sogar sagen, dass ihr Hass sie nährt und vital erhält, während Gerald mit Trauer und Sehnsucht seiner ersten Liebe gedenkt. Er hat den Bruch nie verstehen können und hatte nie die Möglichkeit sich zu erklären.
In konventioneller Erzählweise geschrieben, wäre es keine große Geschichte, die gescheiterte Liebe zweier Menschen und die Folgen bis in die dritte Generation. Es wäre eher langatmig, auch wenn es erstaunlich ist, die Wandlung der Insel Mallorca vom rückständigen Refugium einiger exzentrischen Engländer bis zur Touristenhochbuch der 2000er Jahre mitzuerleben. So aber interessierte mich vor allem das Ende des Romans, weil ich natürlich wissen wollte, welches katastrophales Unglück im Mittelmeer den Liebenden widerfuhr, dass es einen solch lodernden Hass auslösen konnte, der Lulu 50 Jahre später nicht mal vor sexuellen Übergriffen auf den Enkel Geralds zurückschrecken lässt. Wobei in meinen Augen eher Luc und Aegina die tragenden Figuren des Buches sind. Sie sind es auch, denen meine Sympathie gehört und deren Geschichte ich am interessantesten fand.
Der Roman ist eine anspruchsvolle, doch unterhaltende Sommergeschichte, die mit ein Leichtigkeit und Stilsicherheit 60 Jahre Revue passieren lässt. Vom verhaltenen Beginn des Tourismus, bis hin zur unvermeidlichen Hippiereise nach Marokko und dem elenden Bauboom an den malerischen Küsten des Mittelmeeres, es ordnet sich alles logisch in diesen Roman ein, der auch mit seinen toll und lebendig beschriebenen Personen fesselt.
Lesern von "Die Sommer mit Lulu: Roman" gefiel auch...
Sterne sieht man nur im...
von: Meike Werkmeister
Als wir uns sahen: Roman
von: Gloria Träger
Die einzige Wahrheit
von: Jodi Picoult