Er ist Psychologe, sein Spezialgebiet die Angst. Am Tag praktiziert er, am Abend erklärt er Studenten, was eine gute Therapie ausmacht. Als er wenig begeistert eine Nachtclubtänzerin mit Auftrittsphobie als Klientin annimmt, ahnt er nicht, wie sehr deren Probleme und Geheimnisse auf sein eigenes Leben abstrahlen werden. Denn plötzlich ist er gezwungen, sich mit seinen unausgesprochenen Ängsten und einer wehmütigen Liebe auseinanderzusetzen.
In scharfsinnigen Dialogen führt der Psychologe durch den Dschungel menschlicher Emotionen, in dem er sich selbst zu verlieren droht. Dieser wunderbar menschliche Roman ist literarische Lebenshilfe und Liebesgeschichte zugleich.Kaufen
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Inhalt
"Der gute Psychologe" hat sich auf Angsttherapie spezialisiert und nach seinen Therapiesitzungen hält er abends noch Vorlesungen am College im mittleren Westen der USA. Als eine Stripperin, die Angst davor hat, wieder auf der Bühne zu tanzen, in seine Praxis kommt, wird er mit seiner Vergangenheit konfrontiert.
"Ein guter Psychologe befasst sich mit Lebensgeschichten und Identität" (S. 59).
Und dazu zwingt ihn diese Patientin, sich mit seiner eigenen zu befassen.
Denn er liebt seine Kollegin Nina, mit der eine "Affäre" hatte, die jedoch ihrerseits nicht bereit ist, ihren kranken Mann für ihn zu verlassen. Sie bittet ihn um einen sehr großen Gefallen. Sie möchte ein Kind von ihm, da dies mit ihrem Mann nicht möglich ist, nimmt ihm jedoch das Versprechen ab, keine Anspruch auf das Kind geltend zu machen. Inzwischen ist Nina weggezogen und bis jetzt hat er sich an sein Versprechen gehalten, seine Tochter ist bereits im Kindergarten. Nur ab und zu telefoniert er mit Nina, hauptsächlich um sich fachlich auszutauschen. Und nun sitzt diese Patientin vor ihm, die um das Sorgerecht ihres eigenen Kindes kämpfen möchte und ihm gewissermaßen den Spiegel vorhält. Wird er sein eigenes Leben auf den Kopf stellen und sich seinen Ängsten stellen?
Parallel zu seiner eigenen Geschichte nehmen die Leser/innen an den Vorlesungen des guten Psychologen teil und erfahren, was eine gute Therapie ausmacht:
"Sich nicht verstricken zu lassen ist keine intuitive Haltung, wird er seinen Studenten sagen, und sie ist nicht einfach durchzuhalten. Sogar der launische Wiener, der so viel darüber nachdachte und davon sprach, versagte in dieser Verhaltensprüfung, in diesem ultimativen Test, denn er ließ sich von seiner Neugier und seinem Temperament eines Eroberers hinreißen. Doch das therapeutische Unterfangen an sich läuft unserer ursprünglichen Intuition zuwider und bleibt unverständlich, wenn nicht das Fremde wertgeschätzt wird." (S.23/24)
Das ist nur eines der vielen interessanten Aussagen, die er über die Haltung des Psychotherapeuten macht, vor allem die Vorlesungen sind für diejenigen, die sich für Psychologie interessieren, besonders lesenswert.
Mit diesem Statement kann ich nahtlos zu meiner Bewertung überleiten. Neben der tragischen Liebesgeschichte des Therapeuten und dem Schicksal der "Vier-Uhr-Patientin" sind es vor allem die Vorlesungen, die mich fasziniert haben, da ich mich für Psychologie, speziell für Verhaltenstherapie interessiere. Es ist ein leises Buch, in dem nicht die Handlung im Vordergrund steht, sondern die Fragen, was unsere Entscheidungen hervorruft, beeinflusst, was wir selbst tun können, um uns unseren Ängsten zu stellen. Der gute Psychologe, dessen Namen nicht genannt wird, zeigt stellvertretend, wie schwierig es ist, Veränderungen herbeizuführen und dass es manchmal keine Alternative zu einer Entscheidung gibt. Ein Roman, den ich sehr intensiv gelesen habe und den ich definitiv wieder lesen werde, um noch einmal die Vorlesungen mitzuerleben.
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