Im Jahre 5 nach Kindle - Selfpublishing als Youtube für Texte

Helmut Pöll

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Im Jahr fünf nach Kindle ist es Zeit Bilanz zu ziehen. Amazon hat damals mit seinem Programm "Kindle Direct Publishing" (KDP) das Selfpublishing salonfähig gemacht. Aber was hat es der Bücherwelt, den Verlagen und Autoren gebracht? Wolfgang Tischer, Gründer und Herausgeber des Literaturcafe, zieht eine Zwischenbilanz in fünf Punkten.
  1. Ein Markt für das Minderwertige
    Dank Selfpublishing etablierten sich neue Autoren und neue Leser "In romantischen Regionen, in denn man bislang höchstens den Heftroman finden konnte“. Tischer nennt das Selfpublishing vor diesem Hintergrund auch das „Youtube für Texte“.

  2. Preisdruck nach unten
    Durch die in der Regel deutlich niedrigeren E-Book-Preise der Selfpublisher haben vor allem Verlage im Bereich der Unterhaltungsliteratur Druck bekommen.

  3. Vor- und Nachteile für Autoren, Verlage werden degradiert
    Galt es vor den Zeiten von KDP für Autoren als Makel keinen Verlag zu haben, gilt Selfpublishing heute als besser Alternative zur Manuskripteinreichung. Im besten Fall werden Selfpublisher jetzt von Verlagen angeworben. Auf der anderen Seite ist nach Tischers Beobachtung ein Autorenprekariat entstanden, für das es kaum Dienstleistung und Verdienst gibt. Selbst Verlagsautoren nutzen jetzt teilweise Selfpublishing.

  4. Mehr Lesernähe, höherer Veröffentlichungsdruck
    Selfpublisher sind für ihre Leser greifbarer, über die sozialen Netzwerke, aber auch etwa auf Buchmessen. Höher geworden ist auch die Taktung, mit der neue Geschichten erscheinen müssen und damit auch der Druck auf die Autoren.

  5. Literatur ist woanders
    Im Jahre 5 nach KDP beschränkt sich der Selfpublishing-Markt in Deutschland ausschließlich auf den Bereich der „Unterhaltungsliteratur“. Selfpublishing-Titel sind nach Tischers Beobachtung in der Regel "Genre-Texte zum schnellen Weglesen."

    Das Unerwartete, das Neue findet im Self-Publishing nicht statt, es findet sich ausschließlich im Programm der Verlage.
Den ausführlichen Artikel findet ihr hier:
Wie Self-Publishing Leser, Autoren und Verlage verändert hat - literaturcafe.de
 

Frank1

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Vor- und Nachteile für Autoren, Verlage werden degradiert

Galt es vor den Zeiten von KDP für Autoren als Makel keinen Verlag zu haben, gilt Selfpublishing heute als besser Alternative zur Manuskripteinreichung. Im besten Fall werden Selfpublisher jetzt von Verlagen angeworben.

Die Verlage sind doch zum erheblichen Teil selbst schuld, dass das Selfpublishing überhaupt ein Erfolg werden konnte. Die meisten Indie-Autoren haben wohl zunächst erfolglos versucht, einen 'richtigen' Verlag zu finden. Wenn überhaupt eine Antwort kam, haben Neulinge in annähern 100 % der Fälle nichtssagende Absagen bekommen. Komischerweise können etliche der von den Verlagen damals abgelehnten Autoren heute von ihren Indie-Büchern leben (ich leider nicht).
 

Frank62

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Im Jahre 5 nach Kindle - Selfpublishing als Youtube für Texte ...

als ich im Jahr 2009 in der Schule des Schreibens meine Autorenkarriere begann, bewegte die einschlägigen Foren nur eine Frage: Wie finde ich einen Verlag / eine Agentur?


Mit der Annahme oder Ablehnung des Manuskriptes verbanden sich menschliche Schicksale. In der Regel starb aber bei vielen der abgelehnten Autoren nach Jahren oder Jahrzehnten auch der Traum vom Schreiben bzw. vom eigenen Buch.


Doch schon 2 Jahre später startete mit Amazons Veröffentlichungsplattformen Kindle und Createspace ein wahrer Veröffentlichungsboom durch literarische Nobodys.


Das "Youtube der Texte" wurde innerhalb kurzer Zeit zum Anlaufpunkt für Autoren und Leser. Gerade die "Minderwertigkeit" und die "Farbigkeit" der neuen Buch-Generation zog die Masse und vor allem junge Leser an. Dieser "Siegeszug" wurde unter anderem auch durch die sozialen Netzwerke begünstigt, in denen Selfpublisher und Leser schnelle und direkte Kontakte knüpfen können.


Mit der Veröffentlichung meines Debütromans bei Amazon im Jahr 2012 konnte ich mir meinen Traum vom eigenen Buch erfüllen. Dank des vorbildlichen und kostenlosen Services bei A. und der einfach zu bedienenden Tools einschließlich der Werbemöglichkeiten bin ich mittlerweile ein bekennender Selfpublisher geworden, der nur die Bücher schreibt, die er selbst gerne lesen würde.


Fazit: "Kindle" hat mein Leben bereichert, da es mir als Autor ein freies und unverkrampftes Ausleben meiner literarischen Kreativität im Youtube der Texte ermöglicht.

Schreibende Grüße,
Frank Argos
 

InFo

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Das Unerwartete, das Neue findet im Self-Publishing nicht statt, es findet sich ausschließlich im Programm der Verlage.

Gerade dem kommen die Verlage doch eigentlich nicht mehr nach. Sie schwimmen auf Trendwellen und definieren das vermeintliche Kaufinteresse, anstatt es variabel zu halten. Hier sehe ich die SPler im Lead, da sie Trend unabhängig einfach ihre Geschichten veröffentlichen und damit für Abwechslung sorgen.
 
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Gerade dem kommen die Verlage doch eigentlich nicht mehr nach. Sie schwimmen auf Trendwellen und definieren das vermeintliche Kaufinteresse, anstatt es variabel zu halten. Hier sehe ich die SPler im Lead, da sie Trend unabhängig einfach ihre Geschichten veröffentlichen und damit für Abwechslung sorgen.
Da stimme ich Dir zu, @InFo , wobei es natürlich viele engagierte kleinere Verlage gibt, die noch mehr experimentieren, was ihreverlegten Titel angeht. Bei den SPlern ist es - noch - so, dass sie fast ausschließlich im Bereich "Unterhaltung" publizieren. da würde ich mich auch über mehr Vielfalt freuen, aber das ommt sicher noch.
 

Frank1

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Bei den SPlern ist es - noch - so, dass sie fast ausschließlich im Bereich "Unterhaltung" publizieren. da würde ich mich auch über mehr Vielfalt freuen, aber das ommt sicher noch.
???
Das kommt wohl sehr darauf an, wie du Unterhaltung definierst. Als SP-Titel gibt es doch eigentlich alle Genres der Belletristik, aber auch Massen an (mehr oder weniger sinnvollen) Ratgebern.
 

InFo

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In der Tat ist "Unterhaltung" ja beinah alles. Der Unterschied ist für mich, dass die SPler bedienen möchten und nicht weil sie müssen. Natürlich macht dies den Verlagen zu schaffen, deren Entscheidungskette ist deutlich länger.
 

Helmut Pöll

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Als SP-Titel gibt es doch eigentlich alle Genres der Belletristik, aber auch Massen an (mehr oder weniger sinnvollen) Ratgebern.
Damit meine ich, dass ein sehr großer Teil - vielleicht auch nur gefühlt - Krimis & Romance bei den SP-Titeln ausmachen. Das kommt mir ja auch zugute, weil ich gerne mal einen Krimi lese.

Allerdings fiel mir auf, dass beispielsweise bei der Suche für ein Buch für eine unserer Genreleserunden "Gegenwartsliteratur" eher schwerer ein Titel bei den SPlern zu finden ist. Bei den Krimileserunden ist das deutlich leichter.
 

Frank1

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Ich lese meist Fantasy, besonders Urban Fantasy. In dem Bereich gibt es auch reichlich Stoff aus der SelfPublishing-Szene.

Was Gegenwartsliteratur angeht, muss ich zugeben, dass ich überhaupt keine klare Vorstellung habe, was ich darunter verstehen sollte. Ein kurzer Blick in die Wiki hat mir gerade gezeigt, dass selbst dort keine brauchbare Definition zu finden ist. (Gegenwartsliteratur – Wikipedia) Nach den in der Wiki genannten Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs könnte man sogar jedes nach 1945 erschienene Buch - gleich welchen Genres - als Gegenwartsliteratur bezeichnen.
 
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Was Gegenwartsliteratur angeht, muss ich zugeben, dass ich überhaupt keine klare Vorstellung habe, was ich darunter verstehen sollte. Ein kurzer Blick in die Wiki hat mir gerade gezeigt, dass selbst dort keine brauchbare Definition zu finden ist. (.
Du hast völlig recht: die Definition ist schwierig und mitunter auch uneinheitlich, @Frank1 . Wir hatten hier vor einiger Zeit mal eine Diskussion darüber, allerdings finde ich den Diskussionsbeitrag auf die Schnelle nicht.
"Gegenwartsliteratur" ist für mich - ohne Anspruch auf Richtigkeit - Literatur, die sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinandersetzt. Um mal ein paar plakative Beispiele zu nennen: Tschernobyl und die Folgen, Leben unterm Hakenkreuz, Vereinsamung in einer technisierten Welt, Altersarmut etc. Oder das:
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Berufsleben der Generation 55+, die niemand mehr haben will etc.