"Felicias Reise" von William Trevor

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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München

Ich war bei dem Buch ein wenig hin- und her gerissen. Es fing ganz gut an, die Grundidee fand ich schön, das irische Elend, die Flucht nach England. Aber dann hatte ich den Eindruck, dass die Geschichte vor dem Showdown steckenbleibt und sich irgendwie verliert.

Die junge Felicia lebt in Irland in einfachsten Verhältnissen. Naiv. Arbeitslos. Mutter tot. Vater erzkatholischer irisch-nationalistischer Holzkopf. Oma fast hundert. Opa von der britischen Besatzungsmacht abgeknallt. Das ganze irische Elend in einem Buch. Diese Felicia wird jetzt schwanger von ihrem Freund, der in England arbeitet, als Soldat der Unterdrücker. Felicia läuft davon und sucht den Mann ihres Kindes in England. Die Adresse hat sie nicht. Bei ihrer Suche kreuzt sie den Weg verpeilter Sektenmitglieder und von Mr. Hilditsch, der ein wenig an den dicksten Mann der Welt aus Monty Pythons "Der Sinn des Lebens" erinnert. Hinter seiner bürgerlichen, kulinarischen Fassade ist Mr. Hilditsch böse, hat einige seiner früheren Freundinnen um die Ecke gebracht. Felicia scheint ihm auch ins Netz zu gehen, entkommt aber dann doch und endet als Obdachlose. Was für eine Geschichte. Eigentlich. Denn leider bleibt Felicia, die Hauptfigur, seltsam farb- und gefühllos. Irgendwie nimmt man deshalb als Leser an ihrem Schicksal nicht wirklich Anteil. Und auch der böse Mr. Hilditsch erscheint eher als armseliger Wicht, als das Monster, das er hinter seiner Fassade doch ist. Schade.
 
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