Rezension (3/5*) zu Nein! Ich will keinen Seniorenteller: Das Tagebuch der Marie Sharp (Virginia I.

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Buchinformationen und Rezensionen zu Nein! Ich will keinen Seniorenteller von Virginia Ironside
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Das Gegenteil von Jugendwahn...

Marie Sharp, das Alter Ego der Journalistin Virginia Ironside, ist zu jung, um einen Treppenlift zu benutzen, aber doch reif genug, um den Vorteil bequemer Schuhe zu schätzen. Sie geht gern auf Beerdigungen, die sie viel unterhaltsamer findet als Hochzeiten, sie tauscht den Gynäkologen gegen einen Chiropraktiker, liest begeistert Todesanzeigen und fragt sich, ob sie wohl an Alzheimer erkranken wird. Denn Marie Sharp wird langsam alt – und ist verdammt froh darüber. Als ihr sechzigster Geburtstag näher rückt, beschließt Marie, ein Tagebuch zu beginnen und all die Ereignisse der nächsten Monate festzuhalten. Es wird ein turbulentes Jahr, in dessen Verlauf Marie Großmutter wird, aber auch ihren besten Freund verliert; ein Jahr, in dem sie Feste feiert, neue Bekanntschaften schließt und sich schließlich erneut in ihren Jugendschwarm Archie verliebt. Vor allem aber ist es eine Zeit, in der sie es genießt, endlich nicht mehr jung sein zu müssen…

Der erste Band der Tagebuchreihe um die in London lebende Marie Sharp schwimmt eigentlich gegen jeden Mainstream. Jugendwahn? Von wegen. Die Schreiberin der Tagebücher stellt sich dem Leben jenseits der 60 - und das oft schonungslos ehrlich und mit einem hübschen Schuss Selbstironie. Marie Sharp hält nichts von dem üblichen Gejammere älterer Leute, sondern beobachtet interessiert die Veränderungen, die das Alter so mit sich bringt. Dass dabei manches anders kommt als erwartet, meistert sie jedoch auch souverän mit ihrer pragmatischen Art. Der Charakter der ungewöhnlichen Seniorin hat mir gut gefallen, manche Gedankengänge waren mir auch nicht unvertraut, auch wenn ich altersmäßig da (noch) nicht mithalten kann... ;)

Anfangs zog sich das Buch jedoch eher etwas zäh dahin, so dass gut die ein oder andere Pause eingelegt werden konnte, ohne wirklich den Anschluss zu verlieren. Ich habe zwischendurch sogar überlegt, das Buch ganz zur Seite zu legen - aber irgendwann griff ich doch wieder zu. Und ab da konnte mich das Buch auch mehr packen, die Figur der Marie Sharp kam mir näher, und auch gefühlsmäßig nahmen mich die Tagebucheintragungen mehr mit. Mit Sarkasmus und einer hübschen Portion schwarzen Humors blendet die Autorin auch negative Erlebnisse nicht aus, doch wird hier weder etwas dramatisiert noch unangemessen herabgespielt, was für mich letztlich eine gute Mischung darstellte.

Nett für zwischendurch und eine Übung in 'Positive Thinking' - auch im Alter...


© Parden

 
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