Rezension Rezension (4/5*) zu Die Frauen von La Principal: Roman von Lluís Llach.

Bibliomarie

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10. September 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Frauen von La Principal: Roman von Lluís Llach
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Starke Frauen

Inspektor Lluis Recader kommt 1936 zum ersten Mal nach Principal. Er ist ein junger enthusiastischer Polizist, der von seiner Mutter die Liebe zum klassischen englischen Kriminalroman mitbekommen hat. Ein Toter vor den Toren des Gutes wurde gemeldet, es ist Ricardo, ein ehemaliger Arbeiter des Hofes, der mit zahlreichen Messerstichen in den Unterleib getötet wurde. Doch wir stehen am Ausbruch des Bürgerkriegs und Recader, ein glühender Nationalist, zieht in den Kampf gegen Republikaner und „Rote“. Er erwirbt sich Meriten als tapferer Kämpfer und kompromißloser Verhörer, der Folter und Henker im Dienst des Franco Regimes in Kauf nimmt.
1940 kehrt er jetzt zurück und der ungelöste Fall erweckt noch immer seine Neugierde. Auf La Principal nimmt er seine Nachforschungen wieder auf, trifft aber anfangs nur Ursula, eine alte Dienerin an, die in Rückblenden von ihrer Herrschaft erzählt.
Die Rückblenden und Erinnerungen, die angenehm abgesetzt in Kursiv gedruckt sind, reichen bis in die 1890 Jahre zurück, als Maria Roderick von ihrem Vater zur Verwalterin und Erbin des Gutes eingesetzt wird. Nicht aus Liebe, nein – nur aus Kalkül. Die gefürchtete Reblaus hat sich bis in die Rebstöcke des Gutes ausgebreitet. Seinen Söhnen ermöglicht er komfortable Karrieren in Barcelona, erwirbt für sie Immobilien und prächtige Wohnsitze. Die Schwester wird zur Verwaltung des nun wertlosen Guts in die Provinz verbannt, quasi lebendig begraben. Aber Maria ist eine starke Persönlichkeit, nicht nur, dass sie das Gut wieder rentabel macht, sie kann ihrer einzigen Tochter Maria Magi Roderick ein wertvolles Erbe hinterlassen, das aber durch den Toten mit einem Geheimnis umgeben ist.
Llach wählt eine sehr interessante Perspektive, er siedelt einen großen Teil des Romans in der Mitte der Geschichte an. Zwei der Frauen des Hauses werden in Rückblenden und Erinnerungen lebendig.Die Geschichte ist nicht linear erzählt, sondern springt zwischen den vergangenen Generationen und der Gegenwart hin und her und lässt den Leser, ähnlich wie den Inspektor, nur langsam in die Familiengeheimnisse eintauchen. Die weiblichen Figuren, ob Senyoras oder Dienerinnen, sind starke, erdverbundene Frauen, die sich in Zeiten des Machismo gut zu behaupten wissen, genau wie die dritte Generation der Marias, die sich in der Gegenwart als Geschäftsfrau etabliert. Erstaunlich fand ich, dass ich trotz Inspektors Recaders Vergangenheit als Folterknecht Francos und glühender Verteidiger des Francoregimes, seine Figur als empathisch empfand.
Gegen Ende des Romans tauchte die dritte Maria auf, Enkelin der legendären Maria Roderick, die als ältere, erfolgreiche Frau zurückgekommen ist, um ihren greisen Vater bei der Vewaltung des Weinguts zu unterstützen. Vom ihm erfährt sie von den Geheimnissen des Mordes und ihren Vorgängerinnen, etwas was der Leser natürlich schon kennt oder zumindest ahnt. Das empfand ich als Abschwächung, es scheint, dass der Autor so wenig von Logik der Geschichte überzeugt ist, dass er dem Leser anhand der Erzählungen des Vaters noch einmal die Motive und Lösungen aufzählt. Auch Sprache und Stil sind im letzten „modernen“ Teil bei weitem nicht so kraftvoll und farbig wie zuvor. Das finde ich sehr schade und daher bleibt es bei 4 Sternen.



 

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