Rezension Rezension (5/5*) zu Die Ernte des Bösen: Roman (Die Cormoran-Strike-Reihe, Band 3) von Robert Galb.

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Ernte des Bösen von Robert Galbraith
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Eine Karriere des Bösen

Kaum eine Krimi-Serie hat mich in den letzten Jahren so sehr begeistert wie diese. Obwohl die ersten drei Bände mit jeweils fast 700 Seiten ziemlich fette Wälzer sind, habe ich sie alle innerhalb weniger Tage inhaliert!

Die Geschichten, die "Robert Galbraith" (alias JK Rowling) erzählt, sind unglaublich vielschichtig und intelligent geschrieben, mit vielen falschen Fährten und clever versteckten Hinweisen, die man erst rückwirkend versteht. Dabei sind die Bücher aber auch richtig packend, manchmal sogar knallhart und dreckig. Dieser dritte Band erschien mir deutlich brutaler als die ersten beiden Bände, greift aber nicht auf billige Schockeffekte und unnötigen Ekel zurück.

Cormoran Strike reiht sich in meinen Augen ein in die Liste solcher Detektive wie Sam Spade, Phillip Marlowe, Lucas Davenport usw. Er ist brilliant, aber auch sarkastisch, schwierig und manchmal sogar unsympathisch. Er hat starke Moralvorstellungen, ist aber auch abgebrüht und desillusioniert genug um zu wissen, dass er sie manchmal nicht durchsetzen kann. Er schockiert Robin mehr als einmal mit seiner scheinbaren Skrupellosigkeit, aber ich als Leserin hatte den Eindruck, dass er nicht wirklich gefühllos ist, sondern einfach gelernt hat, nur die Schlachten zu schlagen, bei denen zumindest eine kleine Chance besteht, sie zu gewinnen.

Trotz all seiner Macken mochte ich Strike (wenn auch nicht immer), konnte mit ihm mitfühlen, spürte seinen Zorn auf den Mörder, seine Angst um Robin, und seine Hilflosigkeit gegenüber dem drohenden Ruin seiner Detektei.

Robin Ellacott war für mich allerdings wieder der eigentliche Star des Buches! Ihre Begeisterungsfähigkeit und ihre intensiven Gefühle springen geradezu aus den Seiten, und darüber hinaus ist sie auch noch clever, mutig, einfallsreich und entschlossen. Natürlich hat sie nicht Strikes Erfahrung und vergaloppiert sich daher manchmal in unnötig gefährliche Situationen, aber das macht sie in meinen Augen nur umso menschlicher und sympathischer.

Etwas zu viel Raum nahm für meinen Geschmack der ewige Konflikt zwischen Robin und ihrem Verlobten Matthew ein, was dieses Mal noch ergänzt wurde durch einen ähnlichen Konflikt zwischen Strike und seiner neuen Freundin, sowie heimlichen Überlegungen von Robin und Strike, ob sie sich vielleicht doch vom jeweils anderen angezogen fühlen.


Interessant fand ich wiederum, wie geschickt und perfide der Mörder einen Keil zwischen die beiden treibt, indem er deutlich macht, dass er Robin als lohnendes Opfer sieht. Dadurch wird sie für Strike zur Last, denn er hat das Gefühl, sie aus der Ermittlung heraushalten und beschützen zu müssen, was Robin wiederum zur Weißglut treibt.

Wir sehen viele Szenen aus der Sicht des Mörders, was ich sehr interessant fand. Der Autorin gelingt es, dem Leser eine Einsicht in das perfide Weltbild des Täters zu geben, ohne schon seine Identität zu verraten! Und ich habe bis ganz zum Schluss völlig im Dunkeln getappt, wer sich dahinter denn nun verbirgt...

"Robert Galbraith" schreibt einfach großartige Charaktere. Da gibt es kein Schwarzweiß, sondern nur endlose Abstufungen von Grau - auch ein Kleinkrimineller, der mit Drogen handelt, kann einem schon mal fast Tränen der Rührung in die Augen treiben. Die Dialoge sind schlicht fantastisch, glaubhaft und prägnant.

Der Schreibstil hat mich ohnehin wieder rundum begeistert - da stimmt einfach alles, vom Sprachrhythmus bis zu den locker eingeflochtenen und doch atmosphärischen Bildern, und für mich ist das Kopfkino vom Feinsten.

Fazit:
Auch der dritte Band der "Cormoran Strike"-Reihe hat mich vollends überzeugt. Die Handlung ist sehr komplex - man schält beim Lesen sozusagen eine Schicht der Wahrheit nach der anderen ab! -, dabei aber rasant und mörderisch spannend. Der Schreibstil glänzt mit intelligenter Eleganz, beherrscht aber auch das Dreckige und Abgründige. Besonders die Charaktere (die fast alle etwas zu verbergen haben), sind wunderbar glaubhaft und authentisch geschrieben.