Rezension Rezension (4/5*) zu Ostfriesenblut: Kriminalroman von Klaus-Peter Wolf.

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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Schwarze Pädagogik

Es gibt unendlich viele Arten von Krimis, und nicht jeder Krimi ist das Richtige für jeden Leser. Mancher will knifflige Rätsel, anderen ist am wichtigsten, dass man sich beim Lesen gepflegt gruselt, und wieder andere sind erst glücklich, wenn literweise Blut geflossen ist und die Opfer möglichst eklig ums Leben gekommen sind. (I'm looking at you, Mr McFadyen.)

Die meisten Regionalkrimis bieten dagegen jede Menge Lokalkolorit, aber eher gemütliche Spannung und so gut wie keinen Ekelfaktor. Dafür tummeln sich auf den Seiten bunte Charaktere (oft schrullige Originale), die dem Leser mit jedem Band mehr ans Herz wachsen. Das gilt in meinen Augen auch für die Ostfriesenkrimis von Klaus-Peter Wolf.

Ich sage oft, dass ich die Bücher Leuten empfehlen würde, die Fernsehserien wie "Mord mit Aussicht" oder die "Rosenheim-Cops" gerne schauen!

Die handelnden Figuren sind alles andere als perfekt. Da ist zum Beispiel Rupert, eigentlich ein echter Antiheld. Er verliert lieber einen guten Freund als einen guten Witz und kann absolut nicht nachvollziehen, warum die wenigsten Leute verstehen, was für ein toller Hecht er ist. Und trotzdem ist er ein heimlicher Favorit vieler Leser! Oder eben die Heldin des Ganzen, Ann Kathrin Klaasen, die meist heillos überfordert ist damit, Privatleben und Beruf unter einen Hut zu bringen - für gewöhnlich verliert dabei das Privatleben, was sie schon Mann und Kind gekostet hat. Ich könnte hier noch viele Charaktere aufzählen, aber zusammenfassend sei gesagt: auch wenn ich manchmal über sie den Kopf schüttele, lese ich doch immer gerne über sie, und im Grunde sind sie mir alle sympathisch. Ja, sogar Rupert. Manchmal.

In diesem Band bahnt sich eine Liebesgeschichte an, aber die wird nicht schnulzig oder drängt sich zu sehr in den Mittelpunkt - schließlich gilt es einen Mörder zu fassen, und Ann Kathrin und ihr Verehrer können kaum mal Luft schnappen, geschweige denn viel Zeit in Romantik investieren.

Der Schreibstil ist eher einfach, aber sehr angenehm, mit vielen bildlichen Beschreibungen des Ortes, des Meeres und des Wetters. Auch eine gute Dosis Humor fehlt nicht! (Wobei mir einfällt: wer die Möglichkeit hat, sich mal eine Lesung von Klaus-Peter Wolf anzusehen, sollte das tun, aber mit nachfolgendem Muskelkater in den Lachmuskeln rechnen.) Man merkt einfach, dass der Autor lebt, wo seine Geschichten spielen! Er kennt jede Kneipe und jeden Laden, und manche Nebencharaktere gibt es wirklich... Deswegen wirkt auch alles so echt und lebendig.

Manchmal musste ich darüber grinsen, dass oft sehr ausführlich beschrieben wird, wo die Protagonisten einkehren und wo es den besten Kuchen oder den leckersten Matjes gibt... Tatsächlich hat der Autor auf Lesungen zugegeben, dass er und seine Bücher sehr beliebt sind bei den örtlichen Lokalen und Geschäften. Aber ich fand es nicht störend, nur witzig.

Die Spannung fand ich für einen Regionalkrimi sehr ordentlich. Ja, man bekommt die Lösung zwar quasi auf dem Silbertablett serviert, das aber nur scheibchenweise! Ich fand die Geschichte auch sehr originell, und ich habe sogar was gelernt: ich hatte vorher keine Ahnung, was "Schwarze Pädagogik" ist.

Fazit:
Der Krimi lebt von seinen lebendigen Charakteren und der tiefen Verwurzelung der Geschichte im schönen Ostfriesland. Das Buch ist locker geschrieben, mit viel Witz und Augenzwinkern. Es ist sicher nicht das richtige Buch für Fans von Hardcore-Thrillern, aber ich fand es sehr unterhaltsam und auf bedächtige Weise spannend!


 
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