Rezension Rezension (5/5*) zu Rette mich vor dir: Roman von Tahereh Mafi.

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Tahereh Mafi: Rette mich vor dir

Der 2.Band der Trilogie um Juliette, mit der Haut, die (fast) keiner berühren kann, ohne Schmerzen zu empfinden.

Inhalt

Juliette lebt jetzt in Omega Point, dem geheimen Versteck der Rebellen und der Menschen mit besonderen Gaben. Aber auch trotz oder wegen ihrer eigenen Gabe fällt es ihr schwer, sich auf andere einzulassen und Freundschaft zuzulassen. Jemand, der von den eigenen Eltern als Monster bezeichnet wird, kann kein Selbstvertrauen aufbauen. Allerdings hilft ihr das Selbstmitleid auch nicht weiter. Im Bestreben ihre Gabe abzulehnen statt zu versuchen, sie anzunehmen und sie zu beherrschen, schottet sie sich von den anderen ab.


Kenji, der junge Mann, der sie nach Omega Point gebracht hat, wirft ihr vor, völlig selbstbezogen zu sein und nur über ihre eigenen Gefühle nachzudenken. Dabei sei es ihr egal, wie es der Welt draußen gehe, die vor der Tyrannei des Reestablishment befreit werden müsse:


"Und ich versuch jetzt (...) dir eine Chance zu geben. Dir andere Blickwinkel zu ermöglichen. Damit du nicht mehr das traurige kleine Mädchen sein musst - was du aber scheinbar immer noch sein willst - und Verantwortung für dich selbst übernehmen kannst. Damit du nicht mehr heulend im Dunkeln hocken und dich mit Traurigkeit und Einsamkeit befassen musst. Wach endlich auf" (S.137)


Der schwerste Schlag für Juliette, die sich zumindest in Adams Gegenwart, der sie berühren kann, als menschliches Wesen fühlen kann, ist jedoch, als sie erfährt, dass Adams Gabe darin besteht, andere ausschalten zu können. Er ist also in der Lage, ihre Fähigkeit, ihm Energie zu entreißen, abzuwehren - solange er selbst Energie und Kraft aufwendet. Ist er entspannt, verliert er diese Fähigkeit. Daher kommt es in einer Situation, in der sich beide leidenschaftlich aufeinander stürzen, dazu, dass Juliette ihn verletzt, worauf sie beschließt, Adam vor ihr zu schützen - auch wenn sie ihn immer noch liebt und er eine Möglichkeit finden will, ihre Beziehung möglich zu machen.

Neben ihrer Fähigkeit anderen Schmerzen zuzufügen, kann Juliette ihre Energie auch nutzen, um Gegenstände zu zerstören, so ruft sie in einem Außeneinsatz ein kleines Erdbeben hervor, um ihre Truppen zu retten. Bei diesem Einsatz trifft sie auf den Oberbefehlshaber Anderson und kann ihn überwältigen. Völlig von ihrer eigenen Energie mitgerissen, will sie ihn töten und nur das Eingreifen Kenjis verhindert dies.

Juliette muss sich eingestehen, dass sie durchaus in der Lage ist, andere zu töten, wenn es die Situation erfordert. Dass Warner als Geisel in Omega Point verschleppt wird, wirft sie dann vollständig aus der Bahn - kann er sie doch auch berühren. Hin - und hergerissen zwischen Adam und Warner, der hinter seiner Fassade einen durchaus ambivalenten Charakter verbirgt und sie über alles liebt - muss Juliette ihren Weg finden.


Bewertung

Genau wie der erste Band der Trilogie fasziniert mich die ungewöhnliche Sprachkraft der Autorin. Neben der dystopischen Szenerie überzeugt die verzweifelte Identitätssuche Juliettes und ihr unbändiger Wunsch geliebt und gehalten zu werden. Die Entwicklung, die sie im 2.Band durchläuft, macht neugierig auf den letzten Teil der Trilogie.

Überzeugt haben mich auch die unterschiedlichen Figuren, die bis auf wenige Ausnahmen - wie der Oberbefehlshaber - nicht Schwarz oder Weiß gezeichnet sind, sondern in allen Grauschattierungschimmern.

Sehr faszinierend ist der Charakter Warners, der einen starken Kontrast zum strahlenden Adam bietet.

Zu meiner Freude habe ich gelesen, dass neben dem Finale auch noch Romane über die beiden Helden - Warner und Adam erschienen sind.

von: Paul Auster
von: F. Scott Fitzgerald
von: Orwell, George