Rezension Rezension (5/5*) zu Gun Street Girl: Roman (Sean-Duffy-Serie) von Adrian McKinty.

Bibliomarie

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10. September 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Gun Street Girl von Adrian McKinty
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Alltag in Belfast - ein großartiger Kriminalroman


Haben Sie schon mal jemanden getötet?
Absichtlich meinen Sie?
Wer soll sich das denn alles merken.

Klingt zynisch? Aber Sean Duffy, der einzige katholische Bulle in der protestantischen Royal Ulster Constabulary hat manchmal nur noch seinen Zynismus. Wer jedes mal sein Auto auf Bomben untersucht, bevor er einsteigt, bekommt eine eigene Sicht auf die Welt. Wir schreiben das Jahr 1985 in Belfast. Der Nordirlandkonflikt steht in gewalttätiger Blüte. Die britische von Thatcher geführte Regierung ist nicht unbedingt um Deeskalation bemüht. Ja, Duffy ist zynisch und abgebrüht, er stand schon zu oft zwischen den Fronten. Er hat alles gesehen: Korruption, Gewalt und Lügen, auch auf der Seite des Gesetzes. Kein Wunder, dass er auch selbst jede Vorschrift zu seinen Gunsten auslegt. Da zwackt man sich doch gern einiges vom sichergestellten Koks ab, bevor der Rest in die Asservatenkammer geht.
Dann ein Routinefall, eine älteres Ehepaar wird erschossen im Haus aufgefunden. Der Sohn ist verschwunden, genau wie die Waffe des Ehemanns, die zu den Einschüssen passt. Kurz danach wird der Sohn gefunden, am Fuß einer Klippe, Abschiedsbrief inklusive. Ein Fall der gleich zu den Akten gelegt werden könnte, wenn nicht Duffy so stur wäre. Das ist alles zu glatt, zu lehrbuchmäßig, als dass er nicht spürt, dass an diesem Fall einiges stinkt. Als er merkt, dass auch der englische MI 5 mitmischt, lässt er sich wider besseres Wissen zwischen die Fronten ziehen. Das liegt auch an Kate, einer Agentin des Geheimdienstes, die mehr von ihm weiß, als ihm lieb ist und die ihn auch aus der Schusslinie nehmen und anwerben möchte. Raus aus Belfast, raus aus dem Konflikt und nicht länger ohne Aufstiegschancen auf einer Dienststelle der RUC versauern. Aber Duffy kann nicht aus seiner Haut, er hat Witterung aufgenommen und will die Wahrheit wissen. Auch wenn der Preis dafür hoch ist.

Gun Street Girl ist ein Krimi der Extraklasse! Jenseits der spannenden Krimihandlung, ist es ein Stück lebendiger Geschichte eines Bürgerkriegs, der nicht vergessen ist und der sicher noch unter der Oberfläche weiterschwelt. Zu groß sind die Verstrickungen von Politik, Geschäft und Vorteilsnahme gewesen, die unter dem Mäntelchen der Religionsfreiheit nur unzureichend versteckt wurden. Der Stil ist lakonisch, ja man hat Duffy im Ohr. Die Dialoge sind knapp und geschliffen, da gibt es kein überflüssiges Wort.

Ein Kriminalroman als Geschichtsstunde oder eine Lektion in Geschichte in einem Kriminalroman, es ist egal wie man dieses Buch liest – nur lesen muss man es !