Rezension Rezension (5/5*) zu Der Tote am Gletscher: Ein Fall für Commissario Grauner von Lenz Koppelstätter.

Bibliomarie

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10. September 2015
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Der Tote im Eis

Ein roter Punkt auf dem Titelbild signalisiert „Südtirol Krimi“. Aber diesen Debütroman von Lenz Koppelstätter als Regionalkrimi einzuordnen ist zuwenig.
Commissario Grauner ist selbst so ein echter Charakter. Südtiroler von Geburt, fühlt er sich dem heimischen Bauerhof und seinen Kühen oft näher als seinem Beruf. Er liebt seine Heimat, die Berge, die Täler und den ganz besonderen, schweigsamen Menschenschlag. Das macht Polizeiarbeit nicht immer einfach, aber mit Beharrungsvermögen sind ihm schon viele Ermittlungserfolge gelungen. Ihm zur Seite gestellt ist Claudio Saltapepe aus Sizilien. Nun gibt es häufig in Südtirol den alten Konflikt zwischen Einheimischen und italienischer Verwaltung und Amtsträgern. Aber das allein ist es nicht, was die Zusammenarbeit der Beiden schwierig macht. Es sind die konträren Charaktere, die sich an einander reiben. Allerdings haben beide wohl mehr gemeinsam, als sie sich eingestehen wollen. Aus dieser Reibung entsteht eine Spannung im Ermittlungsablauf, die den Reiz für den Leser noch erhöht.
Ein Sonderling wird ermordet auf einem Gletscher gefunden. Fast Augenzeuge des Delikts ist der Skipistentoni, auch ein Sonderling, der abends und nachts mit seinem Raupenfahrzeug die Skipisten präpariert. Die Nächte verbringt er oft mit seiner Brotzeit in einer der Lifthütten, so fallen ihm in dieser Sturmnacht auch Lichter auf und in der Annahme ein verirrter Skitourengeher sei in Not, setzt er seine Pistenraupe in Bewegung. Dabei stört er den Mörder, kommt aber mit einer Kopfverletzung davon. Grauner und sein Inspektor machen sich auf die Tätersuche, wohl wissend, dass ohne diesen Zufall die Leiche auf Nimmerwiedersehen in einer Gletscherspalte verschwunden wäre und niemand den Toten, der wie ein Waldmensch allein in einer Höhle hauste, vermisst hätte. Das Opfer ist durch einen Pfeil ums Leben gekommen, seine Kleidung scheint selbst gefertigt zu sein, ein steinzeitlich anmutendes Tattoo findet sich auf seinem Knöchel und die Ähnlichkeiten zur Gletscherleiche „Ötzi“ drängen sich dem Leser auf. Erst recht, als der Pfeil als Steinzeitpfeil aus dem Ötzimuseum identifiziert wird.
Der Roman bleibt von der ersten bis zur letzten Seite spannend, obwohl viele Spuren gelegt sind, bleibt der Leser lange bis zur überraschenden Aufklärung über die Motive im Dunkeln. Es ist ein spannender komplexer Kriminalroman mit vielschichtigen Figuren und echten Charakteren.
Auf dem Cover steht als Untertitel „Ein Fall für Commissario Grauner“, das lässt hoffen, dass Lenz Koppelstätter schon bald an einem neuen Kriminalfall schreibt.